MESS-, REGEL- UND PROZESSLEITTECHNIK Hohes Sicherheitsniveau Kombination aus funktionaler Sicherheit und Schutz der IT-Systeme High level of protection Combination of functional safety and IT security Erinnern Sie sich noch, wie Tom Cruise in „Minority Report“ über die holografischen Bildschirme wischte oder auf der „Enterprise“ der Replikator mehr Kaffeevarianten lieferte als ein Wiener Kaffeehaus? Nicht nur Kinobesucher träumen von einer Zukunft, in der Maschinen und digitale Anwendungen den Alltag erleichtern; Wissenschaftler arbeiten intensiv daran, diese Zukunft wahr werden zu lassen und gleichzeitig ein hohes Sicherheitsniveau zu garantieren. D ie ersten Schritte sind längst getan: E-Mail, Internet und GPS sind selbstverständliche Alltagstools, das gerade mal zehn Jahre alte Smartphone nicht mehr wegzudenken. Gleichzeitig hat sich die Welt beschleunigt. Informationen werden in Echtzeit ausgetauscht – schnell, jederzeit, und das weltweit. Allerdings hat diese neue und aufregende Welt auch Schattenseiten. Sind die Netzwerke unzureichend gesichert, können unbefugte Außenstehende an vertrauliche und persönliche Informationen gelangen. Was für das offene Wlan am Bahnhof und die Privacy-Einstellungen bei Facebook gilt, lässt sich auf die Industrie übertragen: Auch dort werden immer mehr Konzepte entwickelt, die eine optimale Zusammenarbeit zwischen Mensch, Maschine und IT-Systemen gewährleisten. Gleichzeitig wird der Bedarf an individualisierten Produkten immer größer. Um für die anstehenden Veränderungen gerüstet zu sein, müssen Produktions- und Logistikprozesse neu überdacht und umstrukturiert werden. Das Schlüsselwort ist hierbei Industrie 4.0. cyber-physische Produktionssysteme sollen zukünftig neue Produktionsprozesse steuern. Do you remember Tom Cruise floating across the holographic screens in Minority Report, or the replicator on the Starship Enterprise which could serve up more flavors of coffee than a Viennese café? Moviegoers are not the only ones who dream about a future where machines and digital applications make life easier. Scientists are already hard at work making this future a reality. The first steps have already been taken. E-mail, the Internet and GPS are things which we now take for granted. The smartphone has only been around for ten years, but it is hard to imagine life without it. The world is now a faster place. Information can be sent and received in real time. High-speed communications are available anytime, anywhere around the world. However, this new and exciting world also has its downsides. Inadequate network security allows unauthorized access to confidential and personal information by third parties. What is happening on open WLANs at train stations and in Facebook‘s privacy settings is applicable to industry as well where optimal interaction between humans, machines and IT systems is receiving greater emphasis. There is also an increasing need for individualized products. To be ready for the impending changes, companies have to take a fresh look at their production and logistics flows and restructure their operations. The magic word here is Industry 4.0. Cyber-physical production systems will control and monitor new production processes. 28 VERFAHRENSTECHNIK ACHEMA-Report 2018
INSTRUMENTATION, CONTROL AND AUTOMATION Cyber-physische Produktionssysteme Unter cyber-physischen Produktionssystemen wird die Verknüpfung von realen (physischen) mit informationsverarbeitenden Prozessen verstanden. Dies wird über globale und jederzeit miteinander verbundene Informationsnetze realisiert. Die physischen Prozesse bestehen aus eingebetteten Systemen, die in einem technischen Kontext eingebunden sind. Die virtuellen Prozesse sind Daten, Informationen und Dienste, die über das Informationsnetz bereitgestellt werden. Demzufolge besitzen die cyber-physischen Produktionssysteme den Vorteil, dass sie sich schnell und effizient an geänderte Anforderungen anpassen können. In einer Welt, die sich in Sekunden ändern kann, ist diese Systemeigenschaft besonders wichtig, vor allem in der Prozessindustrie. Die Wahrnehmung von fehlerhaften Prozessabläufen wird durch Sensoren ermöglicht und führt nicht nur zur Selbstoptimierung und Gestaltung von Produkten, Maschinen und Anlagen, sondern sorgt auch für die nötige Sicherheit der Anlagen. Im BMBF-Projekt „Industrie 4.0“ liest sich das so, dass „Maschinen […] miteinander kommunizieren, sich gegenseitig über Fehler im Fertigungsprozess informieren, knappe Materialbestände identifizieren und nachbestellen“. Denn erst „das ist eine intelligente Fabrik.“ Die Digitalisierung von Prozessen führt „durch das Internet getrieben“ zum Zusammenwachsen der „realen und virtuellen Welt zu einem Internet der Dinge“. Über dieses wird die Quervernetzung von einzelnen Prozessschritten erzielt und ermöglicht dadurch den Zugriff für Außenstehende auf die Produktionsanlagen. Neue Sicherheitsrisiken? Wenn aber künftig auch in der chemischen Industrie immer mehr im Cyberraum stattfindet und wenn die Pumpe womöglich auch noch drahtlos mit dem Sensor kommuniziert – wie sieht es dann mit der Anlagensicherheit aus? Vor der Inbetriebnahme einer Anlage erarbeiten Fachleute ein Sicherheitskonzept, das die nötigen Schutzmaßnahmen umfasst. Das Ziel ist es, Risiken zu erkennen, zu bewerten und geeignete Maßnahmen zur Minimierung von Ereignissen zu treffen. Eine Anlage sollte nach Stand der Technik montiert, installiert und betrieben werden. Um dem gerecht zu werden, ist vor dem Betrieb der Anlage eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Dazu gehören Risikoanalysen, Auswirkungsbetrachtungen und Ausbreitungsrechnungen von Chemikalien, Brand- und Explosionsschutz sowie die Bewertung der durchgeführten Reaktionen. Am Ende der Sicherheitsanalyse steht das Sicherheitskonzept, realisiert u. a. mittels Sicherheitseinrichtungen der Prozessleittechnik (PLT). Die Hauptaufgabe der Prozessleittechnik besteht darin, die Prozesse zu überwachen und zu steuern. PLT-Sicherheitseinrichtungen sind Schutzvorrichtungen, die bei Abweichung eines Sollzustands einen Alarm auslösen oder eine Sicherheitsfunktion. Die Aufgabe der Sicherheitseinrichtung ist es, einen Fehlzustand der Anlage zu verhindern. Besonders bei chemischen Prozessen kann die Abweichung von Reaktionstemperatur, Druck und Füllstand verheerende Folgen haben. Umso wichtiger ist, solche Abweichungen frühzeitig zu erkennen und möglichst zu vermeiden. Die Ursachen von Gefährdungen und Schäden können vielseitig sein. In explosionsgefährdeten Bereichen kann eine Zündung des Luft-Gas-Gemisches oder Luft-Staub-Gemisches erfolgen und eine Explosion verursachen. Übersteigt der Druck die zulässigen Höchstwerte, kann es zu Undichtigkeiten und Leckagen kommen. Cyber-physical production systems The term cyber-physical production systems refers to tight integration between real (physical) process flows and information processing. Global information networks with always-available connectivity provide the basis. The physical processes consist of embedded systems which exist in a technical environment. The virtual processes are data, information and services which can be made available on the information network. Cyber-physical production systems have the advantage that they can be adapted quickly and efficiently as requirements change. In a world which can change in a matter of seconds, this capability is highly important, particularly in the process industry. Sensorbased detection of faulty process flows enables self-optimization and configuration of products, machines and systems, and it also ensures system safety and security. The BMBF (Ministry of Research and Education) Industry 4.0 project envisages machines which communicate with each other, inform each other about faults in the production process, identify material shortages and reorder materials. Without that, there is no intelligent factory. Internet-driven process digitalization leads to convergence of the real and virtual worlds, creating the Internet of Things. It establishes interconnectivity between the individual process steps and provides external access to the production systems. New security risks? If in the future more and more of what goes on in the chemical industry takes place in cyberspace and if there is wireless connectivity between the sensor and the pump, what about system security? A security strategy, which includes all of the measures needed to protect the system, must be defined prior to system commissioning. The goal is to identify and assess risks and take appropriate measures to minimize the likelihood of incidents occurring. The operator is expected to install and operate a system with monitoring capability in accordance with the latest state of technology. To comply with this, it is necessary to conduct a risk assessment before the system is put into operation. This includes an assessment of the risks, an estimate of the effects and dispersion of chemicals, fire and explosion protection and an analysis of the reactions which take place. The output of the security analysis is the security strategy which is implemented using process control technology (PCT) safety mechanisms, among other things. The main purpose of process control technology is to monitor and control process flows. PCT safety systems are protection mechanisms which trigger an alarm or activate safety functions when a deviation from the nominal operating state is detected. The task of the safety system is to avoid faults in the process. Particularly in the chemical industry, deviations in reaction temperature, pressure and fill level can have disastrous consequences. That makes it all the more important to detect deviations early and avoid them wherever possible. Funktionale Sicherheit Die Sicherheit von chemischen Anlagen hat oberste Priorität und wird durch sicherheitstechnische Normen und Regelwerke definiert. Im Bereich der „funktionalen Sicherheit“ bildet die IEC VERFAHRENSTECHNIK ACHEMA-Report 2018 29
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