KERAMISCHE REFLEXIONSBESCHICHTUNG VERKÜRZTE AUFHEIZZEITEN Die keramische Beschichtung wird auf die heiße Seite des Ofens aufgebracht und erhöht die Reflexion der Wärmestrahlung im Vergleich zu unbeschichteten Oberflächen um etwa 30 Prozent. Damit sollen im Industrieofen eine 25-prozentige Zeitersparnis sowie Gas- und CO 2 -Reduktionen möglich werden. Nach einem Besuch des Energieparks Bad Lauchstädt in Sachsen-Anhalt Ende Juli 2022 sprach Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck von der „größten Energiekrise“ in Deutschland, zurückzuführen auf die Abhängigkeit von russischem Gas. In allen Industriebereichen ist es daher das Gebot der Stunde, Energie einzusparen. Dies gilt beispielsweise für Schmieden, Gießereien und Härtereien. In diesen Betrieben wird besonders extreme Hitze benötigt, um qualitativ hochwertige Produkte zu erzeugen. Ein Teil der eingesetzten Wärme wird von den Öfen selbst absorbiert und erhöht den Energiebedarf. Doch mittlerweile gibt es Abhilfe: Die sogenannte Ceracoat-Beschichtung wird auf die heiße Seite des Ofens aufgebracht und erhöht die Reflexion der Wärmestrahlung im Vergleich zu unbeschichteten Oberflächen um etwa 30 Prozent. Dadurch erreichen die Werkstücke die avisierte Kerntemperatur deutlich schneller und der Heizbedarf kann drastisch sinken, wie eine aktuelle, DBUgeförderte Untersuchung zeigt. Bei Laborversuchen mit zwei Stahlblöcken in einem Boxofen verkürzte sich die Aufheizzeit der Blöcke bei einer vorhandenen Ceracoat-Beschichtung nachweislich um 25 Prozent. Der temperaturgeregelte Brennerbetrieb ermöglichte daraufhin eine deutliche Erdgaseinsparung- und CO 2 -Reduktion. 46 VERFAHRENSTECHNIK 2023/09 www.verfahrenstechnik.de
BETRIEBSTECHNIK 01 02 30 PROZENT MEHR WÄRMEREFLEXION Die mörtelartige Ceracoat-Masse wurde ursprünglich in den USA für die Porzellan- sowie Steingutindustrie entwickelt und besteht aus natürlich vorkommenden Stoffen wie Mulliten, Kaoliniten und Oxiden verschiedener Übergangsmetalle. Das Besondere an dieser Mischung ist ihre starke Wärmereflexion bei Temperaturen ab etwa 660 °C, wodurch Aufheizzeiten verkürzt oder Durchlaufzeiten reduziert werden können. Herkömmliche Schamott- oder Faseroberflächen nehmen aufgrund ihrer geringeren Reflexionsfähigkeit viel Wärme auf, die dann nur zum Teil wieder emittiert wird. Bei Ceracoat ergab ein Gutachten der Universität Duisburg-Essen zu den Auswirkungen der Beschichtung auf die Strahlungseigenschaften von Feuerfestmaterial eine um bis zu 30 Prozent höhere Wärmereflexion gegenüber unbeschichteten Oberflächen. In der Praxis heißt das: Durch die stärkere Reflexion kann die eingesetzte Gesamtenergie unter bestimmten Voraussetzungen deutlich besser genutzt werden. Die Werkstücke im Ofen können dann wesentlich früher die notwendige Kerntemperatur erreichen. VERKÜRZTE AUFHEIZZEIT UM 25 PROZENT In einem aktuellen, von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderten Forschungsprojekt des VDEh-Betriebsforschungsinstituts (BFI) in Kooperation mit der Avion Europa konnte in Technikumsversuchen nun erstmals die Wirkung des Coatings auf das zu erwärmende Material nachgewiesen werden. Insgesamt wurden jeweils drei Testläufe ohne Beschichtung sowie drei Testläufe mit keramischer Beschichtung durchgeführt und dadurch vergleichbare Ergebnisse erzielt. Für sämtliche Versuche wurde ein 2 m × 2 m × 6 m großer Kammerofen mit einem offenen 800-kW-Brenner und einer Faserzustellung verwendet, die eine Hitzebeständigkeit bis 1.600 °C aufweist. Im Inneren platzierten die Ofenbediener zwei Stahlblöcke und versahen diese mit Thermoelementen, die in unterschiedlichen Tiefen angeordnet wurden. Auf diese Weise sollte im Ofenraum eine Prozesstemperatur von 1.300 °C und als niedrigste Kerntemperatur in den Versuchsblöcken 1.250 °C nachgewiesen werden. Bei den Versuchen für den unbeschichteten Zustand dauerte es 4 h, bis die 1.250 °C Blocktemperatur erzielt wurden. Im Anschluss wurde die Ceracoat-Beschichtung auf die Faserzustellung der Brennkammer aufgetragen. In den Testläufen mit Ceracoat konnten die 1.300 °C Ofen- und die 1.250 °C Kerntemperatur bereits nach 3 h erreicht werden. „Ein Einfluss des Coatings auf die Wärmeübertragung zeigt sich ab 800 °C Ofenraumtemperatur. 01 Die Beschichtung lässt sich auf die Ofenwände sprühen 02 Die Versuche wurden in einem Boxofen mit Faserzustellung durchgeführt 03 Im Inneren wurden zwei Stahlblöcke platziert und mit Thermoelementen versehen, die in unterschiedlichen Tiefen angeordnet sind 03
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