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Verfahrenstechnik 9/2019

Verfahrenstechnik 9/2019

Hart im Nehmen

Hart im Nehmen Korrosionsfreie Energieführung trotzt Salzsäure-Belastung in Feuerverzinkerei In der Vorbehandlungslinie einer Feuerverzinkerei herrschen schwierige Bedingungen: Damit die Werkstücke so rein wie möglich werden, müssen sie zuvor unter anderem in verdünnter Salzsäure gereinigt werden. Dies bedeutet vor allem für die Hallenkrane und die dazugehörigen Komponenten eine außergewöhnliche Säurebelastung. Die Feuerverzinkung ist das effektivste Korrosionsschutzverfahren, das industriell angewendet wird, um Stahl extrem langlebig und zugleich umweltfreundlich vor Korrosion zu schützen. Dabei wird durch das Eintauchen der Werkstücke in eine metallische Zinkschmelze ein mit dem Stahl unlösbarer Zinküberzug aufgebracht. An der Stahloberfläche bilden sich Eisen- Zink-Legierungen unterschiedlicher Zusammensetzung. Nach außen hin wird die Oberfläche durch einen Überzug aus Reinzink abgeschlossen. Für eine dauerhafte und lückenlose Eisen-Zink-Reaktion müssen die Werkstücke jedoch vorbehandelt werden. Durch das Eintauchen in eine Reihe von Vorbehandlungsbädern müssen die Werkstücke vor dem eigentlichen Feuerverzinken metallisch blank sein. Um Produktionsrückstände wie Fette und Öle zu entfernen, werden die Teile zuerst in einem Entfettungsbad gereinigt und anschließend gebeizt. Hier werden weitere arteigene Verunreinigungen wie Rost und Autor: Jörg Ottersbach, Leiter Geschäftsbereich E-Ketten, Igus GmbH, Köln Zunder von der Oberfläche entfernt. Beides findet i. d. R. in verdünnter Salzsäure statt. Anschließend folgen zwei Spülgänge, um die Verschleppung von Säure- und Salzresten mit dem Verzinkungsgut so weit wie möglich zu minimieren. Im vorletzten Schritt werden die Werkstücke in ein Flussmittelbad getaucht, was der sehr feinen Reinigung der Stahloberfläche dient. Danach werden die Teile getrocknet, bevor sie in die flüssige Zinkschmelze getaucht werden. Die Betriebstemperatur eines Verzinkungsbades liegt in den meisten Betrieben zwischen 440 und 460 °C. Die Stahloberfläche geht mit dem Zink im Schmelzbad durch gegenseitige Diffusion eine feste Verbindung ein, die in dieser Qualität mit keinem anderen Schutzverfahren erreicht wird. Danach werden die Werkstücke an der Luft abgekühlt. Schwierige Bedingungen Durch die offenen, aber von der weiteren Umgebung vollständig eingehausten Prozessbäder herrscht in der Luft im Bereich der Vorbehandlungslinie ein HCl-Kondensat von etwa 2 %. Dies bedeutet, dass es wichtig ist, im Inneren der Vorbehandlungslinie chemikalienresistente Komponenten einzusetzen. Für die Energiezuführung der Prozesskrane kam in der Vergangenheit an sämtlichen Standorten von Wiegel ein sogenanntes Festoon-System zum Einsatz. Leitungen und Schläuche werden hier wie bei einer Girlande aufgehängt und mit kleinen Rollwagen bewegt. Nachteilig an dieser Technologie ist jedoch, dass am Ende des Verfahrweges ein Kabelbahnhof einiges an Platz in Anspruch nimmt und so außerdem der Raum der Vorbehandlungslinie nicht komplett abgeschottet werden kann. Auch fallen die Rollen der Leitungswagen mitunter nach einiger Zeit aus, da die C-Profile, in denen sie geführt werden, aufgrund der Säurebelastung korrodieren und scharfkantig werden. Dadurch nutzen sich die Rollen schnell daran ab. Peter Zorn, Projektleiter Abteilung Technik bei der Wiegel Verwaltung GmbH & Co KG, erklärt die damalige Entwicklung: „Sehr wichtig waren zwei Dinge für uns: Eine dichte Lösung für den Raum der Materialvorbereitung, was zuvor bei einem Festoon-System nicht gegeben war, sowie eine hohe Verschleißfestigkeit. Von der Firma Meissner Krane kam daraufhin damals die Frage ‚Wollen wir nicht mal was ausprobieren?‘ Und unsere Antwort lautete: ‚Ja, gerne!‘ Denn was mich letztendlich von den Igus Energiekettensystemen überzeugt hat, waren die Bilder aus Kompostieran lagen oder Zementwerken, wo durch die Verschmutzung kaum noch die Kette zu erkennen war und das System immer noch lief.“ 46 VERFAHRENSTECHNIK 9/2019

CHEMIE- UND PHARMALOGISTIK I TOP-THEMA Gemeinsam mit der Firma Wiegel begann Meissner Krane vor einigen Jahren, die Energiezuführung der Krane zu modernisieren und Energiekettensysteme von Igus einzusetzen als auch die Rinne im Komplettsystem aus dem chemikalienbeständigen Material bestehen, sind sie sehr gute Gleitpartner. Das komplette System, bestehend aus Kette und Rinne mit dem Namen Guidelite plus EG, kommt inzwischen in vier Werken von Wiegel zum Einsatz. „Zurzeit modernisieren wir circa zwei Wiegel-Werke pro Jahr und setzen dabei Energiekettensysteme von Igus ein“, erklärt Ronny Horn, Projektleiter der Meissner Krane GmbH. „Ein weiterer großer Vorteil der Energiekette ist, dass wir mehr Möglichkeiten haben, die Leitungen Energiekettensystem keine große Herausforderung dar. Igus realisierte bereits erfolgreich Anwendungen mit Geschwindigkeiten von ca. 10 m/s. Viel entscheidender ist hier die Haltbarkeit in der aggressiven Umgebung. Peter Zorn von Wiegel: „Wir haben die Kette aus dem chemikalienbeständigen Werkstoff circa sechs bis acht Wochen am Kran mitlaufen lassen, um zu prüfen, ob der Werkstoff mit der Umgebung zurechtkommt. Jetzt erwarten wir eine Lebensdauer von mindestens zehn Jahren, damit sich die höheren Anschaffungskosten im Vergleich zu einem Festoon- System rechnen.“ „Die seit 2015 vorliegenden Erfahrungen zeigen auf, dass der Einsatz einer säurebeständigen Energiekette im Bereich der Vorbehandlungslinie für die Energie- und Seit vier Jahren im Einsatz 2015 wurde die erste Energiekette von Igus im Wiegel-Werk Lauchhammer eingesetzt. „Erst Ende 2014 haben wir das Produkt der Firma Meissner Krane vorgestellt“, erinnert sich Christian Richter, zuständiger technischer Verkaufsberater im Außendienst. „Meissner war sofort bereit, diese Neuheit zu testen.“ Ein Jahr später folgte am Standort in Feuchtwangen der nächste Einsatz, wo Igus sowohl Energiekette der Serie E4/4 als auch die neue Kunststoffrinne aus dem chemikalienresistenten Werkstoff Igumid EG+ lieferte. Dieser sorgt für eine hohe Chemikalienbeständigkeit, sodass sich der Einsatz der Führungsrinne ideal in der Feuerverzinkung oder auch bspw. der Düngemittelherstellung anbietet. Der Werkstoff Igumid EG+ ist gekennzeichnet durch eine sehr geringe Wasseraufnahme. Dies ermöglicht die erhöhte Resistenz gegen aggressive Chemikalien. Das Material ist mit seinen deutlich optimierten Gleiteigenschaften für die Führungsrinne und auch für die meisten E-Ketten-Serien in einem Temperaturbereich von 0 bis +100 °C einsetzbar. Da sowohl die E-Kette „Verschmutzung und Korrosion können der Energiekette nichts anhaben.“ und Schläuche – auch mit größeren Querschnitten – sicher führen zu können. Oder auch, sie nachträglich hinzufügen und verändern zu können.“ Bei der ersten Ausrüstung stand den Monteuren von Meissner Krane zusätzlich zur Montageanleitung ein Mitarbeiter von Igus zur Seite. Seitdem erledigen i. d. R. drei Monteure von Meissner Krane die Installation des Energiekettensystems alleine. Dabei hilft das überarbeitete Verschluss- Prinzip der Führungsrinne. Die Seitenteile werden durch Einclipsen und Einrasten per Hand und ohne Werkzeug verbunden. Der eigens für das System konstruierte Klemmmechanismus hält sie sicher und belastbar zusammen. Geforderte Standzeit: zehn Jahre Die verhältnismäßig moderate Krangeschwindigkeit von 40 m/min stellt für das Signalübertragung die richtige Entscheidung war“, erklärt Ronny Horn von Meissner Krane abschließend. „In allen Werken laufen die Systeme seit der Inbetriebnahme störungsfrei.“ Und Peter Zorn von Wiegel ergänzt: „Die Kunststoffrinne war uns sehr wichtig. Weder Edelstahl in V2A noch V4A hätten bei diesen Umgebungsbedingungen standgehalten. Ebenso wichtig war uns, dass sich die Wand zur Vorbehandlungslinie nun komplett schließen lässt und wir außerdem mit dem neuen System viel weniger Wartung haben.“ Diese Anforderungen haben sich bisher vollständig erfüllt. So werden auch in den nächsten Wiegel- Werken, die Meissner Krane umrüsten wird, Energiekettensysteme von Igus dabei sein. Fachpack: Halle 3, Stand 231 Fotos: Igus www.igus.de Uni-Fördertechnik.indd 1 23.01.2018 15:39:25 VERFAHRENSTECHNIK 9/2019 47