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Verfahrenstechnik 9/2018

Verfahrenstechnik 9/2018

Klare Verhältnisse Neue

Klare Verhältnisse Neue Normen für Hochdruck-, Absolutdruck- und Differenzdruckmanometer In gedruckter Form und aneinander gereiht füllen Industrienormen eine ganze Bibliothek. Die Enzyklopädie der Regelwerke wurde kürzlich um drei Einträge erweitert: Das Deutsche Institut für Normung (DIN) hat verbindliche Standards für Hochdruck-, Absolutdruck- und Differenzdruckmanometer formuliert, DIN 16001, DIN 16002 und DIN 16003. Was bedeutet diese wichtige Ergänzung für Hersteller und Anwender? Autoren: Silvia Weber, Christopher Ott, beide Product Manager Process Instrumentation Pressure, Wika Alexander Wiegand SE & Co. KG, Klingenberg Bei der Oberflächensanierung werden Hochdruckpumpen eingesetzt, die einen konzentrierten Wasserstrahl erzeugen, mit dem bis in die kleinsten Winkel Lack und andere Schichten entfernt werden. Bei einem Druck von bis zu 3 000 bar ist dafür ein einwandfreier Pumpenbetrieb notwendig. Zu dessen zuverlässiger Kontrolle werden unter anderem Hochdruckmanometer eingesetzt, die entsprechend qualifiziert sein müssen. Bislang fehlten allerdings verbindliche Richtlinien für diese Geräteart, auf die sich Hersteller und Anwender gleichermaßen stützen konnten. Zwar gibt es seit Jahrzehnten die Norm EN 837-1 für mechanische Druckmessgeräte. Doch diese gilt nur für Drücke bis 1 600 bar, womit allerdings 80 % aller Manometertypen erfasst werden. Anwendungen mit Betriebsdrücken über 1 600 bar jedoch sind oft kritisch, da alle druckbeaufschlagten Bauteile – vor allem das federelastische Messglied – in vielen Fällen nah an den technisch möglichen Grenzen betrieben werden. Der Sicherheitsaspekt spielt demzufolge in diesem Bereich eine dominante Rolle. Deswegen unternahm Wika als Hersteller und Mitglied im zuständigen Fachausschuss des DIN einen Vorstoß, eindeutige Aussagen zur Qualifizierung von Hochdruckmanometern zu treffen. In einem zweiten Schritt sollten verbindliche Regeln für Absolutdruck- und Differenzdruckmanometer folgen. Zwei Jahre dauerte es, bis alle Eingaben und Änderungen bei den jährlichen zwei Treffen des Gremiums feststanden. Die Vertreter der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt im Ausschuss achteten darauf, dass die Vorgaben sich stets am oberen Rand des technisch Umsetzbaren bewegen. „Aber auch die Fachleute des DIN und die Hersteller hatten ein Interesse daran, die Messlatte hochzulegen“, betont Anton Völker, Leiter Produktion Prozessgeräte bei Wika und Obmann des Fachausschusses. „Einer DIN- Norm zu entsprechen, gilt aufgrund der deutschen Gründlichkeit immer noch als Qualitätsmerkmal, selbst im globalen Geschäft.“ Klarheit bei Hoch- und Absolutdruck Bei Hochdruckmanometern schafft die DIN 16001 nun Klarheit. Die Norm ist anwendbar auf Geräte mit Anzeigebereichen zwi­ 30 VERFAHRENSTECHNIK 9/2018

MESSEN, REGELN, AUTOMATISIEREN 01 Neue Normen sorgen für klare Verhältnisse bei Anwendern und Herstellern von Hochdruck-, Absolutdruck- und Differenzdruckmanometern schen 1 600 und 10 000 bar. Die Sicherheitsbedingungen und -anforderungen sind eindeutig definiert. Nach DIN 16001 gekennzeichnete Geräte dürfen dem vollen Skalenendwert nur für kurze Zeit ausgesetzt sein. Die dauerhafte Druckbelastung ist auf 75 % des Skalenendwerts limitiert. Bei der Konstruktion der Geräte schreibt die Norm eine Qualifizierung der Hochdruckmanometer gemäß Sicherheitskategorie „S3“ vor. Das heißt: Alle Geräte ver fügen über ein Gehäuse mit Mehrschichten-Sicherheitsglas, eine bruchsichere Trennwand zwischen Messsystem und Zifferblatt sowie eine ausblasbare Rückwand. Im Fehlerfall, also dem unvorhersehbaren Bersten der Rohrfeder, entweichen Medien und Bauteile ausschließlich nach hinten. Das Bedienpersonal vor dem Manometer bleibt geschützt. Ebenso wie die Norm für Hochdruckmanometer geben die DIN 16002 für Absolutdruckmanometer und die DIN 16003 für Differenzdruckmanometer klare Rahmenbedingungen vor. Absolutdruckmanometer können der DIN 16002 zufolge in vier Messprin zipien ausgeführt werden: mit Rohr feder, Plattenfeder, Kapsel- und Balgfeder. Ihre Messaufgaben bewegen sich überwiegend im mbar-Bereich, bei dem jeglicher Einfluss des Luftdrucks , wie z. B. durch natür liche Luftdruckschwankungen (typischerweise ± 50 mbar) auf das Messergebnis aus zuschließen ist. Aufgrund der niedrigen Drücke wird typischerweise eine Plattenfeder verwendet. Diese Membran trennt die Messzelle des Geräts in Druck- und Referenzkammer. Letztere wird evakuiert, um den Bezugsdruck Null zu realisieren. Da dieser Bezugsdruck eine kritische Größe ist, hat der DIN-Fachausschuss hohe Anforderungen an die Qualität der Geräte formuliert, vor allem an die Langzeitstabilität. Die DIN 16002 verlangt u. a., dass das Vakuum der Referenzkammer bedingt durch die ausgewählten Werkstoffe und die Schweißverbindungen nicht gefährdet werden darf. Differenzdruck genau definiert Differenzdruckmanometer werden üblicherweise mit den Messprinzipien Rohrfeder, Plattenfeder und Kapselfeder, aber auch mittels Balg-Konstruktionen und Druckfedern realisiert. Der für diese Messgeräte wichtige statische Druck wird in der DIN 16003 erstmals genau definiert: als ein Druck, der „beidseitig auf den Prozess einwirkt und nicht Differenzdruck ist“. Die statische Druckbelastung des Messgeräts kann 02 Übersicht über die unterschiedlichen Druckarten einen bedeutenden Zusatzfehler hervorrufen. Die Norm verpflichtet den Hersteller nun, diesen Fehler konkret zu benennen, zum Beispiel in der Form „% pro 10 bar“. Diese Angabe verbessert die qualitative Vergleichbarkeit von Messgeräten. Hochwertige Differenzdruckmanometer zeichnen sich durch kleine Fehlerwerte aus, insbesondere bei hohem statischem Druck. Darüber hinaus wird mit der neuen Norm die Sicherheitskennzeichnung der Differenzdruckmessgeräte erweitert. Konnten in der Vergangenheit gemäß EN-837 nur Manometer mit ausblasbarer Rückwand als Sicherheitsmessgerät gekennzeichnet werden, gibt es nun die Möglichkeit, auch andere differenzdrucktypische Konstruktionen entsprechend zu bewerten. Differenzdruckmessgeräte in Flanschbauweise beispielsweise bieten ein vergleichsweise geringes Risiko einer Druckentladung in den Gehäuseinnenraum, da dieser in der Regel abgeschirmt und nicht direkt mit dem Messglied verbunden ist. Erhöhte Kompatibilität und damit eine bessere Bedienbarkeit der Messgeräte wird durch die Empfehlung der Achsabstände der beiden Druckanschlüsse gewährleistet. Hier empfiehlt die Norm je nach Ausführung unterschiedliche Abstände, für Plattenfeder-Manometer bspw. 37 und 54 mm. Prüfanforderungen festgelegt Entsprechend der Güte-Bestimmungen legen die Normen die Prüfanforderungen für die drei Manometervarianten fest. Bei den Hochdruckmanometern ist die Qualifizierung vor allem wegen der sicherheitsrelevanten Typprüfungen sehr aufwändig. So fordert die Norm eine Lastwechselbeständigkeit von mindestens 10 000 Lastwechseln bei Drücken bis 5 000 bar und 5 000 Lastwechseln bei Drücken von 5 000 bar bis 10 000 bar. Normgemäße Absolutdruckmanometer hingegen müssen mindestens 100 000 Lastwechsel verkraften. Die Belastungsprüfung für Differenzdruckmanometer hat in zwei Teilen zu erfolgen: Die Geräte müssen mindestens zwölf Stunden lang dem maximalen statischen Druck und zusätzlich noch definierten Überlasten standhalten. Die für Differenzdruckmanometer vorgeschriebene Dichtheitsprüfung ist ebenfalls zweiteilig: Zunächst müssen die Prozessanschlüsse unabhängig voneinander und anschließend gleichzeitig mit dem maximalen statischen Druck beaufschlagt werden. Die Leckrate nach außen und zwischen den Anschlüssen darf laut DIN 16003 den Wert von 1 × 10 -4 mbar l/s nicht überschreiten. Bei der Leckrate für die beiden Messzellen-Teile der Absolutdruckmanometer gelten ebenfalls strenge Kriterien. Im Fall der Referenzkammer wurde festgelegt, dass das Gerät mindestens ein Jahr innerhalb seiner Fehlergrenzen arbeiten muss. Die maximale Leckrate auf der Messstoffseite ist mit 5 × 10 -6 mbar l/s bemessen und damit auf das Zehntausendstel der Leckrate von Plattenfedern für Relativdruck festgeschrieben. Dies stellt wesentlich höhere Anforderungen an die Prüftechnik der Hersteller und gibt dem Anwender damit eine höhere Sicherheit im Betrieb. Lücke geschlossen Mit den Normen für Hochdruck-, Absolutund Differenzdruckmanometer hat das DIN eine wichtige Lücke geschlossen und klare Verhältnisse geschaffen: Geräte, die mit DIN 16001, DIN 16002 oder DIN 16003 gekennzeichnet sind, entsprechen nun einheitlichen Qualifizierungsvorgaben sowie dem Stand der Technik. In der internationalen Normung gibt es für die drei Manometerarten bisher keine expliziten Standards. Für die internationale Verwendung liegt die DIN 16001 bereits in englischer Übersetzung vor. DIN-Normen sind eben auch für internationale Anwender ein Qualitätsmerkmal. Fotos: Fotolia (#15628207), Wika www.wika.de VERFAHRENSTECHNIK 9/2018 31