Aufrufe
vor 4 Jahren

Verfahrenstechnik 6/2019

Verfahrenstechnik 6/2019

MESSEN, REGELN,

MESSEN, REGELN, AUTOMATISIEREN I INTERVIEW Stillstand vermeiden Frequenzumrichter ermöglichen bedarfsgenaue Wartung Mit Frequenzumrichtern soll sich sehr einfach eine zustandsbasierte Wartung für Maschinen und Anlagen auf Basis der Antriebsdaten realisieren lassen. Der Frequenzumrichter übernimmt dabei die Rolle eines intelligenten Sensors, der auftretende Fehler frühzeitig erkennen kann und meldet. Wir sprachen über das Thema Predictive Maintenance und die Option der Pumpenüberwachung mit dem Danfoss-Produktmanager Martin Cerny. Herr Cerny, wie verwandelt sich der VLT-Frequenzumrichter in einen intelligenten Sensor? Dieser Prozess ist eine schon einige Jahre andauernde Evolution bei unseren Frequenzumrichtern. Der Umrichter ist nicht mehr das einfache Stellglied, sondern vereint immer mehr Funktionen und Intelligenz in sich. Dies ermöglichten die rapide steigende Rechenleistung bei Mikrocontrollern sowie immer bessere und ausgereiftere Schnittstellen. Wir nutzen diese Möglichkeit im Umrichter, der inzwischen in den meisten Fällen ein tief integrierter Bestandteil der Anlage ist und über vielfältige, umfangreiche Daten und Informationen aus der Anlage verfügt. Und das – als besonderer Vorteil – teilweise, ohne externe Sensoren oder zusätzliches Equipment zu nutzen. Daher bietet es sich geradezu an, diese Daten für eine Verbesserung der Verfügbarkeit, kosteneffizientere Wartungsstrategien und eine höhere Performance der Anlage einzusetzen. Im Moment springen viele Hersteller mit den unterschiedlichsten Systemen auf den Predictive-Maintenance-Zug auf. Warum sollte der Anwender die Lösung von Danfoss wählen? Wir setzen als unabhängiger Hersteller immer auf offene Systeme und bauen auf eine intensive Zusammenarbeit mit unseren Kunden. Sie haben das Know-how über ihre Anlagen und Maschinen, wir bei Antrieben, Schnittstellen und der Motorsteuerung. Auch bei den neuen Lösungen setzen wir auf offene Schnittstellen, höchste Flexibilität in der Anbindung an unterschiedliche Systeme – sowohl bei Feldbussen wie auch bei Cloud-Lösungen – und bringen entweder nur die Daten für Analysen und Auswertungen in die Cloud oder bieten mit unserer im Umrichter integrierten Intelligenz quasi ein „Edge-Computing“, wo wir die Auswertung im Umrichter durchführen und fertige Empfehlungen oder Zustände an das übergeordnete System melden. Die integrierten Funktionen, aber auch die hohe Flexibilität bei der Planung und dem Aufbau solcher Cloud-Lösungen, beispielsweise für innovative Wartungsstrategien, machen unsere Lösungen für den Anwender interessant: Freie Wahl für die beste Lösung für seine Anforderung. Können Sie die Einsparungen durch die Verwendung des Frequenzumrichters zur vorrausschauenden Wartung beziffern? Das ist leider so einfach nicht zu beziffern. Alle Einsparungen ergeben sich aus den Rahmenbedingungen, der Zielsetzung und der Bedeutung einer Anlage oder des Prozesses – daher ist das sehr individuell. Genaue Zahlen lassen sich nur für einen ganz konkreten Anwendungsfall bestimmen. Wichtig ist aber, dass dem Anwender mit unseren Funktionen eine qualifizierte Entscheidungshilfe zur Optimierung der Wartungsstrategie zur Verfügung steht. Welche Vorteile hat der Frequenzumrichter in der Pumpenüberwachung? Ist eine umfassende Beurteilung des aktuellen Betriebszustands der Pumpe möglich? Eine wirklich umfassende Beurteilung des aktuellen Betriebszustands der Pumpe erfordert eine Bewertung einer Vielzahl von Faktoren. Ich denke, so weit sind alle am Markt verfügbaren Lösungen noch nicht, bieten aber schon erhebliche Vorteile und wesentliche Aspekte zum aktuellen Betriebszustand. Wir integrieren gerade die ersten Funktionen in die Frequenzumrichter, die sehr wesentliche Aspekte beim Betriebszustand einer Pumpe überwachen. Das sind die Vibrationsüberwachung, die Überwachung der Statorwicklung sowie eine Funktion zur Kontrolle der Lasthüllkurve, die individuell auf das jeweilige System eingelernt werden. Diese drei Bereiche erlauben schon eine weitreichende Beurteilung des aktuellen Betriebszustands. Weitere zusätzliche Funktionen werden folgen. Können alle wesentlichen mechanischen, elektrischen und hydrodynamischen Messgrößen aufgenommen werden? Im ersten Schritt konzentrieren wir uns mit unseren Frequenzumrichtern auf die Überwachung des Motors mittels Vibra- 40 VERFAHRENSTECHNIK 6/2019

Martin Cerny, Produktmanager, Danfoss GmbH, Offenbach tions- und Motorisolationsüberwachung und die daraus resultierenden Kenngrößen. Allerdings beginnt damit für uns auch ein Lernprozess, in dem wir gemeinsam mit den Kunden weitere wesentlichen Kenngrößen identifizieren, die die bestmögliche Aussage über den Zustand der Pumpe wiedergeben. Es geht darum, wie wir diese erfassen und wie das Monitoring effektiv in unsere Lösung integriert werden kann. Zudem dient beispielsweise die bereits erfasste Lasthüllkurve als ein Indikator für den Zustand des Systems und lässt erste Rückschlüsse zu. Konkret können wir damit beispielsweise eine versandete Pumpe oder eine Leckage aufgrund der überschrittenen Grenzwerte der Hüllkurve erkennen und den Anwender über den Fehler informieren. Weitere Funktionen auf Basis unterschiedlicher Sensordaten sind in Planung und Vorbereitung. Werden zusätzliche Statusmeldungen übertragen? Unsere Umrichter werten die Daten aus und geben dann die gewünschten und konfigurierten Statusmeldungen an das übergeordnete System weiter. Dies geschieht gemäß der Standards ISO 13373 Zustandsüberwachung und Diagnostik von Maschinen und ISO 10816/20816 Messung und Klassifizierung mechanischer Schwingungen sowie der VDMA-Richtlinie 24582. Insgesamt stehen dem Anwender drei Signalisierungsmöglichkeiten zur Verfügung: Erst mal am Umrichter selbst in Form von Statusmeldungen auf dem Display. Alternativ kann der Anwender mittels nahezu aller gängigen Feldbusse die Daten zum Prozessleitsystem übertragen. Oder er wünscht die Auswertung in der Cloud, dann stehen bei Danfoss Schnittstellen zu verbreiteten Cloud- Lösungen bereit. So hat er immer einen Status und einen Überblick über die aktuellen Betriebszustände und -bedingungen innerhalb seiner Anlage und Prozesse. Wie sieht es mit der Visualisierung aus? Die Daten lassen sich mittels Webserver oder über eine Cloud-Anbindung nach einer Analyse entsprechend visualisieren. Dies erlaubt eine übersichtliche Gestaltung der Inhalte und schnelles Erfassen des Zustands des Antriebs oder der Anlage. Dabei gehen die Möglichkeiten von der bekannten „Ampelanzeige“ für einfache Visualisierung bis hin zu Diagrammen, Skalendarstellungen oder Werteanzeigen. Das liegt dann im Ermessen des Anwenders. Bei der Inbetriebnahme unterstützt Danfoss die Einrichtung und Konfiguration des Antriebs bzw. der Anlage. Neben Konfiguration und Parametrierung bietet die Software eine Vielzahl weiterer Funktionen, Möglichkeiten der Individualisierung des Antriebs und Vorbesetzung von Werten bei Standardanwendungen. Die Möglichkeiten sind da inzwischen sehr vielfältig. (eli) Fotos: Danfoss www.danfoss.de