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Verfahrenstechnik 5/2020

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Verfahrenstechnik 5/2020

REDUZIERUNG VON

REDUZIERUNG VON STICKOXIDEN MIT OZON Wenn es um das Thema Luftqualität geht, stehen Stickoxide aufgrund ihrer umwelt- und gesundheitsschädigenden Eigenschaften besonders im Fokus. Dementsprechend streng sind die gesetzlichen Vorgaben zur Reduzierung der Stickoxidbelastung für die Industrie. UMWELTTECHNIK Insbesondere in Branchen, bei denen durch die Verbrennung fossiler Energieträger hohe Mengen an Stickoxiden entstehen, sind effektive Maßnahmen zur Einhaltung der Umweltauflagen gefordert. Eine besonders flexible und leistungsfähige Technologie zur Abgasreinigung basiert auf Ozon. Das von Linde entwickelte Lotox-Verfahren ist eine wirtschaftliche Alternative zu herkömmlichen Lösungen wie SCR und SNCR. Alternativ kann Lotox deren Kapazität als Add-on mit überschaubarem Aufwand auf höhere Abscheideraten bringen, indem es als „Booster“ fungiert. Die Anwendung beim Chemiekonzern Dow stellt die Leistungsfähigkeit des Verfahrens in der Praxis unter Beweis. ABGASREINIGUNG MIT OZON Bei diesem Niedertemperatur-Oxidationsverfahren wird Ozon im Temperaturbereich von unter 150 °C in einen Rauchgasstrom eingeblasen, um unlösliches Stickstoffmono- und -dioxid sehr selektiv zu hochlöslichem Distickstoffpentoxid (N 2 O 5 ) zu oxidieren. Dieses Pentoxid wird dann in einem Halbtrocken- oder Nass-Gaswäscher zusammen mit anderen Schadstoffen ausgewaschen und bildet schwach salpetersaures Abwasser, das in Anlageprozessen verwendet oder vor der Einleitung neutralisiert wird. Überschüssiges Ozon wird im Gaswäscher vernichtet. Mit Lotox können NO x -Werte kleiner 20 mg/Nm 3 erreicht werden. Dabei arbeitet das Verfahren ausgesprochen zuverlässig – insbesondere bei stark mit Partikeln und säurehaltigen Gasen verunreinigten Abgasen, als auch bei großen Schwankungen der NO x -Werte in den Abgasströmen. Lotox hat sich bereits in mehr als 30 Kundenanwendungen bewährt, u. a. in der Metallveredelung und in Erdölraffinerien. Dabei werden Abgasvolumenströme im Bereich von 6 300 Nm 3 /h bis 620 000 Nm 3 behandelt. Die NO x -Werte im Eingangsstrom reichen von 60–6 000 mg/Nm 3 und werden auf NO x -Werte von 20 bis 90 mg/ Nm 3 abgereinigt. Die Niedrigtemperaturoxidation ist bereits neben SCR/SNCR als BAT (Best Available Techniques) im Bereich Raffinerien gelistet. ERFOLGREICHER TEST BEI DOW Der Einsatz von Lotox ist nicht auf Raffinerien beschränkt: Pilotversuche haben die Anwendbarkeit auch in anderen Bereichen nachgewiesen. Ein aktuelles Beispiel ist ein sehr erfolgreicher Test im anspruchsvollen Umfeld einer Sondermüllverbrennung mit vollem Gasvolumenstrom. Durchgeführt wurde der Versuch bei dem US- amerikanischen Chemiekonzern Dow am Standort Stade in Niedersachsen. In den hochmodernen Anlagen stellt Dow jährlich rund drei Millionen Tonnen Grund- und Spezialitätenchemikalien her. In der Verbrennungsanlage in Stade, die auf einem Drehrohrofen basiert, werden unterschiedlichste Abfallstoffe des Standorts verbrannt – inklusive Anlieferungen von externen Kunden. Besondere Anforderungen wie chlorierte Stoffe und hoher Staubanfall werden in der nachgeschalteten Abgasreinigung mit Wäschern und Filtern gemäß dem Stand der Technik behandelt. Die Einhaltung der vorgegebenen NO x -Werte stellt aktuell bei Dow kein Problem dar. Doch angesichts der zu erwartenden Verschärfung der Grenzwerte beschäftigten sich die Verantwortlichen bei Dow schon frühzeitig mit möglichen neuen Techniken für die Denox (Entstickung) als Alternative zu SNCR/SCR. Die Wahl fiel dabei auf Lotox, da sich das Verfahren durch einfache Nachrüstung und mobilen Einsatz besonders für einen Versuch im Real-Maßstab eignet. Damit war es möglich, einen Versuch innerhalb kurzer Zeit an einem Abgasvolumen von ca. 50 000 m³/h zu realisieren. In enger Zusammenarbeit mit Linde Gas als Anbieter des Verfahrens und Xylem, einem Spezialisten für Ozonanlagen, konnte der Test nicht nur termingerecht durchgeführt werden: Die erzielten Ergebnisse übertrafen zudem die Erwartungen, wie Robert Gröbe, Environmental Technology Manager bei Dow, bestätigt: „Es war erstaunlich, wie schnell sich die NO x -Werte mit steigender Ozondosierung innerhalb weniger Sekunden nach unten bewegten. Die Reaktionszeit war schneller, als wir das alle angenommen hatten.“ Auch die Spezialisten bei Xylem zeigten sich von der Leistungsfähigkeit des Verfahrens nach dem Test überzeugt: „Der Ozonverbrauch war deutlich niedriger als erwartet, was die Wirtschaftlichkeit gegenüber den Konkurrenzverfahren wie SNCR/SCR enorm verbessert“, resümiert Jens Gebhardt, Prozessingenieur bei Xylem. „Bis dato hieß es immer, dass Lotox zwar ein sehr gut funktionierendes Verfahren, aber wegen des Energieaufwands teuer sei. Unsere ursprüngliche Annahme war, dass wir bis zu 20 kg/h Ozon benötigen würden, aber in Praxis kamen wir mit 7–8 kg/h auf eine nahezu vollständige NO x -Reduktion.“ Die Versorgung des Ozongenerators erfolgte mit einer mobilen Flüssigsauerstoffanlage inkl. Luftverdampfer. Das Ozon wurde mittels Linde-Spezialinjektor direkt in die Abgasleitung nach dem HCl- Autor: Johann Kaltenegger, Anwendungstechnik Chemie, Linde Aktiengesellschaft, Geschäftsbereich Linde Gas, Unterschleißheim S14 SUPPLEMENT 1/2020

Wäscher eingebracht. Die Abgastemperatur lag bei moderaten 70 °C. Das im Abgasrohr gebildete Reaktionsprodukt wurde im nachgeschalteten NaOH-Laugewäscher gelöst und über partiellen Abzug der Abwasserbehandlung zugeführt. Diverse Parameter wie Ozonmenge, Ozonkonzentration als auch Eingangs-NO x -Konzentration wurden variiert. WERTVOLLE ERKENNTNISSE Thermisch erzeugtes NO x besteht i. d. R. zu mehr als 90 % aus NO, der verbleibende Anteil aus Rest NO 2 . Um die Oxidation von NO zum wasserlöslichen N 2 O 5 zu erreichen, geht man deshalb von einem theoretischen Molverhältnis von 1,5 aus. Die ersten Versuche mit schrittweise gesteigerter Ozondosierung zeigten jedoch, dass bereits bei geringerem Molverhältnis eine deutlich höhere NO x -Reduzierung erreicht wurde als theoretisch anzunehmen war. Zum Erstaunen aller Beteiligten sank der NO x -Wert am Kamin auf annähernd 0 mg/m 3 . Somit war klar, dass ein weiterer Mechanismus im Laugenwäscher zum Tragen gekommen sein muss. Weitergehende Analysen und Literaturrecherchen zeigten, dass sich NO 2 gut in alkaliner Lösung binden lässt und die Anwesenheit von NO dies unterstützt. Idealerweise beträgt das Verhältnis von NO zu NO 2 1:1. In Verbindung mit NaOH wird dann vornehmlich Natriumnitrit gebildet, was sich auch in den Abwasseranalysen bestätigte. Der große Vorteil hierbei ist, dass für eine adäquate NO x -Entfernung keine vollständige Oxidation des NO x zu N 2 O 5 notwendig ist, sondern bereits ein Molverhältnis von ca. 0,5–0,6 ausreicht. Dies bedeutet eine erhebliche Verringerung des Ozonbedarfs und somit eine signifikante Verbesserung der Wirtschaftlichkeit. Die Versuche im Full-Scale-Test haben sehr positive Ergebnisse gezeigt: Es wurde in Kombination mit dem alkalischen Wäscher ca. 60 % weniger Ozon verbraucht als ursprünglich erwartet, wodurch sich die Wirtschaftlichkeit deutlich verbessert. Gleichzeitig konnten problemlos Werte kleiner 10 mg/m 3 erreicht werden. Und dies in kurzer Betriebsbereitschaft und Reaktionszeit. Neben einem Stand-alone-Einsatz resultiert daraus auch die Möglichkeit, bestehende SNCR/SCR-Anlagen mit relativ geringem Umbauaufwand nachzurüsten und die Kapazität zu erhöhen (Booster). Aufgrund des modularen Aufbaus und geringem Platzbedarf ist die Anlagenausführung auch ortsveränderlich einsetzbar. Weitere Vorteile sind die Unempfindlichkeit bezüglich Staubfrachten sowie der Wegfall von Ammoniak- oder Harnstoff-Lagerung, sodass infolgedessen keine Probleme mit Ammoniak-Schlupf bestehen. Kühlen Fördern Komplexe Anforderungen • Abscheidung von Stäuben • Absorption von Schadstoffen (SO 2 , Cl 2 , HCl, NH 3 , HF, etc.) • direkte Gaskühlung eine Lösung Waschen • Gasförderung ohne Ventilator Strahlwäscher Fotos: Linde, Fel1ks/stock.adobe.com www.linde-gas.de Lotox lässt sich mit geringem Aufwand in einer kontrollierten Temperaturzone des bestehenden Nass- oder Halbtrocken-Wäscher- Systems installieren www.koerting.de +49 511 2129-258 · sales@koerting.de