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Verfahrenstechnik 5/2017

Verfahrenstechnik 5/2017

Deutlich mehr

Deutlich mehr Kontinuierliche Filtration sorgt für Produktionssteigerung in der Pharmaindustrie In einem global operierenden Pharmaunternehmen wurde ein hocheffizienter neuer Wirkstoff nach dem klassischen Prinzip des Batchprozesses hergestellt. Bereits kurze Zeit nach der Markteinführung zeigte sich ein so großer Markterfolg, dass frühzeitig ein Projekt zur Produktionssteigerung aufgelegt wurde. Teil des neuen Konzeptes ist ein kontinuierlicher Druckdrehfilter. Die erfreulich schnelle Entwicklung eines neuen pharmazeutischen Wirkstoffes sorgte für eine Verdopplung des Produktionsbedarfs. Im Laufe des Erweiterungsprojektes wurde der gesamte Produktionsprozess analysiert, um eine möglichst effiziente Durchsatzerhöhung in kürzester Zeit realisieren zu können. Anstelle einer simplen Kopie der alten Produktionsstraße empfahl die Projektleitung die Änderung des Batchprozesses durch den Einsatz eines kontinuierlichen Druckdrehfilters und eine Aufstockung der Reaktoranzahl. Die damit erzielte Produktionssteigerung liegt bei 250 %, und zudem war nur ein Bruchteil der Investitionskosten im Vergleich zum bisherigen Herstellungsprozess erforderlich. Darüber hinaus gelang es, mit der Umstellung auf einen kontinuierlichen Pro- zess die Ausbeute um knapp ein Drittel zu erhöhen, womit die Rentabilität des Produktes zusätzlich gesteigert werden konnte. Maßgeblich verantwortlich hierfür ist das Online-Monitoring des kontinuierlichen Filtrations- und Waschprozesses, das zu einer erheblich gleichmäßigeren Produktqualität führte – bei gleichzeitiger Reduktion der eingesetzten Betriebsmittel. Der ursprüngliche Herstellungsprozess besteht aus der klassischen Prozesskette „Reaktion – Separation & Wäsche – Kristallisation – Trocknung – Abfüllung“. Jede Prozessstufe ist ein autarker Batchapparat, die gesamte Produktionscharge wird also in Stufen und in Reihe voneinander unabhängig produziert. Eine Tagesproduktion von etwa 120 kg Wirkstoff (Feststoff) wird in einem 4000-l-Reaktor in 8–10 h hergestellt. Anschließend erfolgt der Transfer in eine Rührdrucknutsche mit gleichem Inhalt, die den gesamten Batch aufnehmen kann. Dort wird der Reaktionsrest von der mit Wirkstoff beladenen Mutterlauge getrennt und – zur Erhöhung der Ausbeute – mit Lösemittel nachgewaschen. Anschließend wird das Lösemittel mit Wasser entfernt, um den Rückstand problemlos entsorgen zu können. Dies dauert zwischen 10 und 14 h. 01 Typischer Druckdrehfilter mit einer aktiven Filterfläche von 2,16 m² für den Einsatz in der Pharmaindustrie Autor: Detlef Steidl, Werbeleitung, BHS-Sonthofen GmbH, Sonthofen

VERFAHREN UND ANLAGEN Sorgfältige Analyse Kontinuierliche Probenahmen der Filtrate sichern die erforderliche Qualität, bedingen jedoch eine gewisse Unschärfe in der Dauer der einzelnen Behandlungsschritte. Je nach Kuchenaufbau, Waschmittelverteilung, Rissbildung etc. kann der jeweilige Prozessschritt unterschiedlich lang dauern. Insbesondere die Umschaltung der Trüblaufphase zu Anfang sowie die Vermischung mit Waschmittel führen zu teilweise erheblichem Wirkstoffverlust. Der nachfolgende Prozessschritt toleriert keinerlei Feststoffe in der Wirkstofflösung. Letztendlich ist die tatsächliche Nutzbarkeit der ursprünglichen Reaktionscharge auf die sogenannte „Mittelproduktion“ beschränkt und liegt in etwa bei 75 % des im Reaktor tatsächlich generierten Wirkstoffes. Anschließend wird die saubere Wirkstofflösung in einer Kristallisationsstufe gefällt und in einem Sprühtrockner getrocknet. In der Analyse des Prozesses fielen dem Projektteam einige kritische Produktionsschritte auf. Als Ergebnis dieser Analyse kristallisierte sich die Trennstufe als Flaschenhals heraus. Das Projektteam untersuchte daraufhin die Ursachen für die Probleme an dieser Stelle und potenzielle Lösungsmöglichkeiten. Mithilfe ausgiebiger Labor- und Pilotversuche wurden unterschiedliche Varianten und Set-ups zur Modifikation der vorhandenen Nutsche untersucht, inklusive disruptiver Lösungen, die das gesamte Konzept der batchweisen Produktion in Frage stellten. Geändertes Konzept Letztendlich haben die Vorteile der kontinuierlichen Produktion das Projektteam davon überzeugt, die bestehende Prozessstraße zur Aus einem Batchbetrieb mit aufwändiger Prozessführung, hohem Betriebsmitteleinsatz und mäßiger Ausbeute wurde durch die Umstellung auf einen kontinuierlichen Prozess ein selbstregelndes, einfach zu führendes und hocheffizientes Verfahren entwickelt. Detlef Steidl, BHS-Sonthofen Verdoppelung der Produktion nicht einfach zu kopieren, sondern das Herstellungskonzept der bestehenden Straße zu ändern. Eine erste Herausforderung dabei war die Generierung des kontinuierlichen Produktionsstroms aus dem Batch-Reaktor. Da die Reaktion nicht verändert werden konnte, musste entweder über Pufferbehälter die Chargenherstellung für den Downstream- Prozess gestreckt werden oder ein zweiter Reaktor zur alternierenden Betriebsweise angeschafft werden. a c 02 Die einzelnen Prozessphasen im Druckdrehfilter vom Typ RPF während des kontinuierlichen Betriebes – angefangen von der Suspensionszufuhr und Filtration (a), über die Kuchenwäsche (b) und die Kuchentrocknung (c) bis hin zum Kuchenaustrag (d) Die nun anfallenden 240 kg Wirkstoff aus 8000 l pro Tag sind mit ca. 340 l/h als kontinuierlicher Produktstrom nur eine geringe Belastung für eine vollkontinuierliche Trennstufe wie den Druckdrehfilter. Bereits eine kleine Produktionsgröße mit 0,5 m² Filterfläche ist hier völlig ausreichend. Anstelle des ursprünglich vorhandenen 4000-l-Batchsystems, das aus dem gesamten Feststoff der Charge einen 30– 50 cm hohen Filterkuchen bildete, erlaubt der eingesetzte BHS-Druckdrehfilter vom Typ RPF P02 eine Kuchenstärke von nur ca. 10 mm, die dementsprechend einen erheblich geringeren Kuchenwiderstand generiert. Damit lässt sich der Filtrationsdruck soweit reduzieren, dass eine optimierte Einstellung für eine dauerhaft hohe Performance gewährleistet werden kann. Außerdem ist es möglich, ein deutlich dichteres Filtermedium einzusetzen, das zu einem sofortigem Klarlauf führt, womit die sonst bekannte Trüblaufphase komplett entfällt. Dies ist ein entscheidender Vorteil bei der Nutzung der kontinuierlichen Filtration. b d Reduzierter Wirkstoffverlust Mit der Verhinderung der Trüblaufphase wurde der Wirkstoffverlust bereits auf < 5 % reduziert – im Vergleich zu den ursprünglichen 25 % an dieser Stelle. Bedingt durch den kompakten Aufbau des Filterkuchens, der geringen Kuchenhöhe und der optimierten Strömungsführung als ideale Kolbenströmung ist die Wäsche des Feststoffes außerdem äußerst effektiv. Zusammen mit dem Online-Monitoring der Waschfiltrate konnte in kürzester Zeit ein optimierter Waschmittelbedarf ermittelt werden. Hier wurde eine Einsparung an Lösemittel von rund 20 % generiert, mit der nicht nur der gesamte Herstellungsprozess entlastet wurde, sondern sich auch die nachfolgende Kristallisationsstufe merklich stabiler einstellen ließ. Die optimierte Kuchenwäsche mittels Kolbenströmung führt zu einer kompletten Nutzung des Waschfiltrates. Auch an dieser Stelle führte die kontinuierliche Verarbeitung in Verbindung mit prozessanalytischen Technologien (PAT) zum effizienteren Einsatz der Betriebsmittel, was sich in der Erhöhung der Ausbeute zeigte. Denn mit der Reduktion im Gesamtlösemittelverbrauch unter die Maximalbelastung muss nun kein Produkt wie bei der Rührdrucknutsche verworfen werden. www.bhs-sonthofen.de VERFAHRENSTECHNIK 5/2017 11