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Verfahrenstechnik 4/2023

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Verfahrenstechnik 4/2023

EIN PILS ZUM JUBILÄUM

EIN PILS ZUM JUBILÄUM HOCHEFFIZIENTE BRAUEREIANLAGE MIT MODERNSTER MESSTECHNIK Als innovativer Technologietreiber steht der Name Jumo seit Jahrzehnten für qualitative Mess- und Automatisierungstechnik für die Lebensmittelindustrie. Der Gedanke lag also nahe, zum 75. Geburtstag 2023 auch ein eigenes Jubiläums-Bier kreieren zu lassen. Beim Brauprozess sollten alle hierfür relevanten Produkte des eigenen Hauses, die an die Brauindustrie geliefert werden, in einer Applikation zusammengeführt werden. Kunden und Partner von Jumo können nun ein goldgelbes, süffiges Pils mit einer angenehmen Bitternote genießen, getreu dem Motto: „Jumo-Bräu – dein Herz erfreu“. Von dem Pils wird es eine Sonderedition zum Jubiläum geben. Und wer weiß? Vielleicht werden einzelne Flaschen in ein paar Jahren ein kleines Vermögen wert sein. DIE IDEE EINER „MINI-BRAUEREI“ Auf der Suche nach Engineering-Expertise und einer regionalen Brauerei, die eine solche Anlage bauen und ein solches Bier brauen können, stieß man schnell auf das Unternehmen Burkard und Gärtner (B+G), einem Spezialisten für Anlagenplanung und Anlagenbau – und die Firma „Hunfelt Braeu“. Diese junge Brauerei vor den Toren Fuldas ist 2017 als Hobby in einer Garage entstanden, seitdem ständig gewachsen und produziert heute zehn verschiedene Spezialitäten. „Hunfelt Braeu“ versteht sich als kleine, regionale Brauerei von Bierspezialitäten. Zu den Sorten gehört ein Stout, ein Indian Pale Ale oder ein fassgereiftes Bockbier. Die Idee einer „Mini-Brauerei“ entstand, weil Sebastian Gärtner, einer der drei Brauer, hauptberuflich auch einer der Inhaber von B+G ist. Es lag also nahe, das Know-how von Jumo mit dem Expertenwissen von B+G und „Hunfelt Braeu“ (hunfeltbraeu.de) in einer komplett neuen Anlage zu bündeln, in der dann das Jumo-Jubiläumsbier gebraut werden sollte. DIE BRAUEREIANLAGE IST EIN KLASSISCHES 3-GERÄTE-SUDWERK Durch die Planung der Anlage auf Basis eines intelligenten 3D- CAD-Modells mittels modernster CAD/CAE-Software und Fertigungsmethoden wie Orbitalschweißtechnik, konnte das Projekt, welches hauptsächlich von Auszubildenden bearbeitet wurde, in wenigen Monaten realisiert werden. Entstanden ist eine vollautomatisierte Brauereianlage in kompakter Skid-Bauweise – komplett aus Edelstahl – mit einer Ausstoßmenge von 100 l Kaltwürze und 18 VERFAHRENSTECHNIK 2023/04 www.verfahrenstechnik.de

VERFAHREN UND ANLAGEN automatisierter CIP-Funktion (Cleaning in Place). Bei der Brauereianlage handelt es sich um ein klassisches 3-Geräte-Sudwerk mit Läuterbottich. Die Sudgröße bewegt sich bei ca. 100 l. Das entspricht je nach Biersorte einer Malzschüttung von 20 kg. Neben dem Maische-, Läuterbottich und der Würzepfanne wurde die Anlage zusätzlich noch mit einem Heißwassertank realisiert. Abgesehen vom Läuterbottich werden alle Gefäße über die Gefäßinnenwand elektrisch beheizt. Zur Ansteuerung der Heizelemente kommen Leistungssteller vom Typ Jumo TYA 202 zum Einsatz. Gerade vor dem Hintergrund eines effizienten Energieeinsatzes sind die Leistungssteller enorm wichtig. Weiterhin verfügt die Anlage über eine Pumpe für Wasser und die CIP-Funktion sowie eine weitere frequenzgeregelte Pumpe für die Maische oder Würze. Bei beiden Pumpen dient der Grenzstandmelder Jumo Zelos C01 LS als Trockenlaufschutz. Bei der Füllstandsmessung des Heißwassertanks, Maischebottichs und der Würzepfanne wird der neue Druckmessumformer Jumo Delos S02 verwendet. Für die Mengenerfassung des Hauptgusses und der Nachgüsse dient der Jumo flowTrans W02. WIE DER BRAUPROZESS FUNKTIONIERT Zu Beginn wird der Heißwasserbehälter mit Wasser gefüllt und auf die gewünschte Einmaischtemperatur gebracht. Im Anschluss wird das Wasser in den Maischebotttich gepumpt und das Malzschrot manuell hinzugegeben. Die Menge des Wassers (Hauptguss) wird mit einem Jumo Durchflussmessgerät ermittelt. Der Einmaischvorgang sollte in einem Zeitrahmen von unter 15 min. abgeschlossen sein und die Rührvorrichtung sollte auf maximaler Drehzahl laufen. Durch die im Malz enthaltenen Enzyme beginnen nun die jeweiligen Abbauprozesse. Ein Teil der Proteine wird durch die Proteinasen bis hin zu Aminosäuren abgebaut und die Stärke wird durch die Alpha- und Beta-Amylase zu Zucker abgebaut. Enzyme arbeiten substratspezifisch und stellen an das Reaktionsmilieu in Bezug auf Viskosität, pH-Wert und Temperatur besondere Anforderungen. Je nach gewünschter Biersorte werden nun die verschiedenen Rasten durchlaufen. Ein häufiger Maischevorgang für helles Bier wäre mit 62 °C einzumaischen, nach 50 min. auf 72 °C zu erhöhen und nach weiteren 20 min. auf 78 °C hochzuheizen. „Das Zusammenspiel all dieser Jumo-Produkte und -Lösungen sorgt für eine hohe Prozesssicherheit“, sagt B+G-Chef Sebastian Gärtner. NACH DEM MAISCHEN GEHT‘S ZUM ABLÄUTERN MIT DEN NACHGÜSSEN Im Anschluss folgt das Abläutern. Bei diesem Prozessschritt werden die flüssigen und festen Bestandteile voneinander getrennt. Der mit einem Siebboden ausgestattete Läuterbottich wird befüllt, die festen Bestanteile setzen sich am Boden ab und bilden eine Filterschicht. Die anfangs trübe Würze wird zurück in den Läuterbottich gepumpt. Wenn die Würze klar ist, wird auf die Würzepfanne umgestellt. Während des Läutervorgangs misst der Jumo Taros S46 H den Differenzdruck, um die Drehzahl der frequenzgeregelten Pumpe zu regeln und bei Bedarf das Hackwerk hinzuzuschalten. Nachdem der Hauptguss durchgelaufen ist, folgen die Nachgüsse. Die Menge der einzelnen Nachgüsse werden wieder über das Durchflussmessgerät flowTrans US W01/02 erfasst. Mit den Nachgüssen soll verbliebener Extrakt aus dem Treber entfernt werden. Die Summe des auswaschbaren und aufschließbaren Extraktes sollte unter 1 % liegen. AUF DIE WÜRZE KOMMT ES AN In anschließenden Prozessschritt wird die Würze ca. 70 bis 90 min. gekocht. Das Kochen dient der Verdampfung des Wassers, um die gewünschte Stammwürze zu erhalten, dem Austreiben In unserer exklusiven Brauereianlage haben wir die Engineering-Expertise des Anlagenbauers B+G, der regionalen Brauerei „Hunfelt Braeu“und das Wissen von Jumo gebündelt. Martin Eppinger, Branchenmanager Lebensmittel, Jumo GmbH & Co. KG, Fulda unerwünschter Aromastoffe, Sterilisieren der Würze, Inaktivierung der Enzyme und Bildung von Aroma- und Farbstoffen. Während der Kochung wird der Würze auch der Hopfen hinzugefügt. Das kann je nach Bier- und Hopfensorten in mehreren einzelnen Hopfengaben erfolgen. Beim Bitterhopfen dient das Kochen der besseren Lösung der Bitterstoffe und wird somit meist anfangs dazu gemischt . Aromahopfen wird dagegen erst gegen Ende der Kochung zugegeben. Verwendet wurden beim Jubiläumsbier die Hopfensorten Magnum, Ariana und Saphir. Nach dem Anstellen mit Hefe folgt nun die Gärung und Lagerung des Bieres. Bei der Gärung spielt besonders die exakte Temperatursteuerung eine wichtige Rolle. Während Biere mit obergäriger Hefe zwischen 15 bis 20 °C vergären, gären untergärige Hefen in einem Bereich von 4 bis 9 °C. STEUERUNG UND VISUALISIERUNG Die Bedienung der Anlage erfolgt über die Steuerung Jumo variTron 500 touch und der Software für die Prozessüberwachung und -steuerung Jumo smartWare Scada. Die Rezepte für die einzelnen Biersorten als auch die einzelnen CIP-Funktionen lassen sich intuitiv ohne Programmierkenntnisse mit der browserbasierten Software-Lösung Jumo smartWare Program konfigurieren. „Im Anschluss kann sowohl der Brauprozess als auch der CIP- Prozess ausgewertet und mit einem automatisierten Batchreport verifiziert werden“, sagt Martin Eppinger, Branchenmanager F&B Food & Beverage bei Jumo. Das erleichtert den Brauprozess beim nächsten Bier, denn auch das soll wohlschmeckend die Kehle runterrinnen. Bilder: Jumo www.jumo.de www.verfahrenstechnik.de VERFAHRENSTECHNIK 2023/04 19