VERFAHREN UND ANLAGEN CONTINUOUS MANUFACTURING IN DER TABLETTENPRODUKTION KONTINUIERLICH DOSIEREN UND MISCHEN Integrierte Prozesse, erhöhte Flexibilität, reduzierte Kosten: Die kontinuierliche Fertigung könnte sich bald als Alternative zur pharmazeutischen Batchto-Batch-Produktion durchsetzen. Im Rahmen der Tablettierung gilt die kontinuierliche Direktverpressung als aussichtsreiches Verfahren, da sie ein besonders kompaktes Anlagendesign ermöglicht. Hierbei lassen sich sogar sämtliche Schritte des Dosierens und Mischens in eine einzige Prozesseinheit integrieren, wie das Beispiel der FE CPS von Fette Compacting zeigt. Arznei- und Nahrungsergänzungsmittel werden zu immer größeren Anteilen kontinuierlich hergestellt. Für die kommenden Jahre prognostizieren Marktforschungsinstitute beim Continuous Manufacturing ein überdurchschnittliches Wachstum von rund zehn Prozent (z. B. Infinium Global Research). Zahlreiche verfahrenstechnische Vorteile begründen diesen Aufwärtstrend: erhöhte Effizienz und Prozesssicherheit dank integrierter Prozesse, sinkende Investitions- und Betriebskosten, flexiblere Chargengrößen, verkürzte Vorlaufzeiten, verbesserte Prozesskontrolle, reduzierte Markteinführungszeiten und mehr. Seit einigen Jahren ist das Continuous Manufacturing bei Fette Compacting ein zentraler Entwicklungsbereich – mit einem Fokus auf dem Verfahren der kontinuierlichen Direktverpressung. Diese Spezialisierung ist wesentlich auf Fortschritte bei der Formulierungstechnik zurückzuführen, die sich mit einer raumsparenden Anlagenplanung und einer präzisen Prozessanalyse kombinieren lässt. Bei der Entwicklung wurde ein Quality-by-Design-Ansatz verfolgt, der entscheidend zu einem vielseitigen kontinuierlichen Prozessdesign beitrug. Um die dahinterliegende Prozessdynamik zu verstehen, führten die Entwickler umfangreiche Tests mit einer breiten Palette verschiedener Pulver und Rezepturen durch. Daraus resultierte die neue Dosier-Misch-Einheit FE CPS. In Kombination mit einer Rundläufertablettenpresse und einem zentralen Bedienterminal bildet sie eine vollständige kontinuierliche Direktverpressungslinie. Die gesamte Anlage ist auf nur einer Ebene in bestehende Produktionsräume integrierbar. Analog zu Tablettenpressen setzt die neue Einheit auf standardmäßige Staubdichtigkeit, einfache Bedienbarkeit und Wartung sowie auf schnelle Reinigung und Umrüstung. Das Maschinenund Prozessdesign basiert auf derselben Philosophie wie die Tablettierung: Nur wenige Formatteile müssen ausgetauscht werden, um zwischen Produkten wechseln zu können. Dadurch lässt sich die FE CPS auch in einer Mehrprodukt-Fertigungsum- 14 VERFAHRENSTECHNIK 2023/04 www.verfahrenstechnik.de
VERFAHREN UND ANLAGEN 01 gebung einsetzen. Die Prozesseinheit verarbeitet ein breites Spektrum an Inhaltsstoffe im Durchsatzbereich von 5 bis 200 kg/h. Durch das vielseitige Design ist sie für nahezu sämtliche Pulververarbeitungen einsetzbar, bei denen mehrere Zutaten genau dosiert, gemischt und an einen nachgeschalteten Prozess übergeben werden müssen. Das kann eine Tablettenverpressung sein, perspektivisch aber auch eine Verkapselung oder Granulation. IN FÜNF SCHRITTEN ZUR TABLETTIERUNG Im Fall der FE CPS durchläuft das Pulver oder die Vormischung mehrere individuell justierbare Prozessbereiche: von den Einlassöffnungen für die verschiedenen Materialien bis zur Auslassöffnung für die Mischung, die wiederum mit dem Einlass der nachgeschalteten Tablettenpresse verbunden ist. Der kontinuierliche Produktfluss lässt sich in den nachfolgenden fünf Schritten zusammenfassen. 1. MATERIALZUFUHR Bis zu sechs Öffnungen stehen für die Materialzufuhr zur Verfügung. Jeder Einlass kann für eine einzelne Zutat oder eine Vormischung aus mehreren Zutaten genutzt werden. Eine Vormischung wird verwendet, wenn die Gesamtzahl der Inhaltsstoffe sechs übersteigt oder die Konzentration eines Inhaltsstoffs in der Formulierung besonders niedrig ist. Jede Zufuhr ist mit einem automatischen Nachfüllsystem (Automatic Refill System, ARS) ausgestattet, das Material zuverlässig und gleichmäßig intermittierend dem nächsten Prozessschrittzuführt. Weil einzelne Inhaltsstoffe extreme Pulvereigenschaften in Bezug auf Dichte, Fließfähigkeit, Kohäsion, Adhäsion und mehr aufweisen können, ist die genaue und zuverlässige Nachfüllung leicht störanfällig – etwa durch Pulveranhaftungen, Brückenbildung oder andere Pulverphänomene. Da gerade dieser erste Prozessschritt für einen korrekten Betrieb 01 Die fünf Bereiche der Prozesseinheit können flexibel auf die Ausgangsmaterialien und deren Durchmischungseigenschaften abgestimmt werden der gesamten Anlage entscheidend ist, hat Fette Compacting ein eigenes Nachfüllsystem mit speziellen Schneckengeometrien entwickelt. Diese Schnecken sind in der Lage, auch anspruchsvolles Rohmaterial gleichmäßig in den Dosierprozess zu befördern. 2. DOSIERUNG Die Dosierung bildet das Herzstück der neuen Technologie, wobei bis zu sechs gravimetrische (Loss-in-Weight, LIW) Pulverdosierer zum Einsatz kommen. Für jeden Dosierer ist die IN KOMBINATION MIT DEM ANLAGENDURCHSATZ BERECHNET DIE STEUERUNG AUTOMATISCH DIE FÖRDERMENGE Konzentration des jeweiligen Materials in der Rezeptur im Produktrezept hinterlegt. In Kombination mit dem geforderten Anlagendurchsatz errechnet die Steuerung automatisch die erforderliche Fördermenge. Die LIW-Dosierer verwenden Doppelschnecken, um das Material mit der erforderlichen Dosierleistung und minimaler Zufuhrvariabilität in den nächsten Prozessschritt zu dosieren. Um eine optimale LIW-Dosierleistung für jedes Pulver und jede Förderrate zu erzielen, sind verschiedene Arten von Doppelschnecken einsetzbar. www.verfahrenstechnik.de VERFAHRENSTECHNIK 2023/04 15
Laden...
Laden...
Laden...