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Verfahrenstechnik 4/2016

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TOP-THEMA I TITEL Für

TOP-THEMA I TITEL Für ein strahlendes Lächeln Automatische Beschickung von Vakuum-Prozessanlagen zur Zahnpasta-Herstellung Walter Sonntag Vor über 150 Jahren wurde die Zahnpasta erfunden – seit dieser Zeit ist in der Zahnpasta-Herstellung das manuelle Rohstoff-Handling von Putzkörpern und Schaumbildnern, von Sorbitol, Fluoriden und anderen pulver förmigen Bestandteilen gefordert. Umso mehr sind effiziente Produktionsverfahren und das entsprechende Rohstoffmanagement von großer Bedeutung. Autor: Walter Sonntag, freier Fachjournalist, Rosenberg Alle an der Wertschöpfungskette beteiligten Firmen müssen bei der Produktion von Zahnpasta ihren Beitrag leisten, um dem Endverbraucher ein Produkt zu bieten, das genau auf seine Bedürfnisse abgestimmt ist. Die Wertschöpfungskette reicht vom Rohstofflieferanten über den Zuführ- und Beschickungsspezialist bis hin zum Vakuummischer-Hersteller und den Abfüll- und Verpackungsspezialisten. Zwei realisierte Lösungen aus der Praxis mit einem hohen und einem sehr hohen Automatisierungsgrad werden nachfolgend beschrieben. Anlage mit hohem Automatisierungsgrad Folgende Anforderungen werden an die Anlage gestellt: n automatische Zuführung von Kieselsäure (Silica), unabhängig von der gelieferten Gebindeform n hohe Genauigkeiten beim Wiegen, auch bei großen Durchsatzmengen n Flexibilität in Bezug auf Kapazitätserweiterungen n konstant hohe Produktqualität n größtmögliche Prozesstransparenz und zuverlässige Dokumentation Die Silos bestehen aus Aluminium und haben ein Fassungsvermögen von 162 m³. Sie sind mit einer Ultraschall-Füllstandüberwachung sowie groß dimensionierten Filtern ausgestattet und über Siloleitern 14 VERFAHRENSTECHNIK 4/2016

TITEL I TOP-THEMA 01 Außensilos für die Lagerung großer Silica-Mengen sowie Dachbegehungen für Wartungsarbeiten zugänglich. Da sich Kieselsäure sehr gut fluidisieren lässt, wurde ein Belüftungs boden – ein sogenannter Turbo-Segment-Konus – zur sicheren Austragung des Produkts eingesetzt. Dies sorgt für eine gleichmäßige Einschleusung des Produkts in die nachfolgende Saugförderung. Angelieferte Silica-Big-Bags werden an die Big-Bag-Entleerstationen gebracht. Dort werden sie mit einem Hebezeug in die Entleerstation überhoben, wieder abgesenkt und dann mit dem Big-Bag-Anschlusssystem staubdicht angedockt. Zur Auslaufunterstützung steht eine Walkeinrichtung zur Verfügung. Spezielle Silica-Sorten sind weder in Big-Bags noch in Silofahrzeugen erhältlich, deshalb war es sehr wichtig, auch für diese nur als Sackware erhältlichen Komponenten Aufgabestationen zu haben, über die das Produkt weitestgehend staubfrei ins geschlossene System übergeben wird. Vollautomatische Rezepturzusammenstellung Zum Fördern und Wiegen der Silica-Sorten steht eine Förderwaage zur Verfügung. Diese Förderwaage ist mit einem groß dimensionierten Spülluftfilter, einer elektromechanischen Wiegeeinheit und einer gut zugänglichen Wartungsluke ausgestattet. Ein Vibrationsboden und zusätzliche Luftunterstützung sorgen für eine sichere Austragung des Produkts. Entsprechend der verschiedenen Rezepturen werden sowohl die Silica-Großmengen als auch die Mittel- und Kleinmengen über die Ventilweiche in die Förderwaage eingesaugt. Dabei wird ein Vakuum in der Förderwaage erzeugt. Dieses überträgt sich über die Förderleitung zu den einzelnen Produktaufgabestellen, wie z. B. Silos, Big-Bag-Entleerstationen oder Einfülltrichter. Dort wird das Produkt über Schleusen sicher und gleichmäßig in die Förderleitung eingeschleust. Durch eine Grob-/Feindosierung in Verbindung mit der Ventilweiche werden in der Waage, selbst bei großen Durchsatzmengen, sehr hohe Genauigkeiten erzielt. Nachdem alle Komponenten in der richtigen Menge in der Förderwaage bereit stehen, werden sie prozessoptimiert unter dem Flüssigkeitsspiegel in den Vakuummischer eingesaugt und gleichmäßig mit den Flüssigkeiten homogenisiert. Beschickung mehrerer Anlagen gleichzeitig Die Anforderungen an die Anlage sind: n Vorlage von Flüssigkeiten in Großmengen, wie Sorbitol und destilliertes Wasser n Zugabe der exakt gewogenen Additive, wie z. B. Saccharin und Fluoride n Hinzufügen von CMC-Bindemitteln n homogenes Mischen dieser Komponenten im Vakuummischer n Beimischen der Großmengen wie Füller bzw. Putzkörper, entweder Silica oder Kreide n Zuführen der flüssigen Aromen n Start des Mischprozesses n Zugabe von Seife. Wichtig hierbei: Die Entstehung von Schaum muss vermieden werden; dazu wird der Vakuummischprozess ständig entlüftet; zudem darf es nicht zu einem Kochen der Flüssigkeit kommen Bei diesem Konzept werden die Großmengen so zugeführt wie im ersten Anwendungsbeispiel, nachfolgend wird stärker auf das Flüssigkomponenten-Handling, die Automatisierung der Additive und flüssige Aromen eingegangen. Die Silos für die pulverförmigen Großkomponenten werden über Einfülltrichter mit Kontrollsiebmaschine beschickt. Im Der Hersteller kann komplexe Systeme einschließlich Planung und Engineering aus einer Hand liefern Bereich der Additive und Zuschlagstoffe steht eine Reihe von Einfülltrichtern zur Verfügung, die in eine fahrbare, lineare Waage dosieren, in der die Additive automatisch grammgenau gewogen werden. Die Flüssigkomponenten, wie Aromastoffe, Farben und medizinische Wirkstoffe, werden ebenfalls exakt gewogen, um einen kompletten Rezeptur-Zusammensetzungsnachweis zu erhalten und eine konstant hohe Produkt qualität zu gewährleisten. Sowohl die pulverförmigen Großmengen als auch die mittleren Komponenten und die kleinen Flüssigmengen werden den Vakuummischern unter dem Flüssigkeitsspiegel zugeführt. Die in den Vakuummischern hergestellte Zahnpasta wird in fahrbare Container abgefüllt. Diese werden dann an die Abfüllanlagen angedockt, in denen die Tuben automatisch befüllt und verpackt werden. Ein besonderes Highlight ist auch der Prozessleitstand, an dem die Bediener den gesamten automatischen Prozess permanent überwachen. Wiegen und Zuführen von Komponenten Bei den in großen Mengen am Mischprozess beteiligten Flüssigkeiten handelt es sich z. B. um destilliertes Wasser und Sorbitol. Sie sind die ersten Komponenten, die in den Vakuummischer eingesaugt werden. Diese Komponenten werden in großen Tanks gelagert und über Flüssigkeitswaagen, die im Additivverfahren arbeiten, dem Mischprozess zugeführt. Die in Säcken angelieferten Additive werden im linearen Componenter über Ein fülltrichter aufgegeben und vorgelagert. Entsprechend der Rezeptur sammelt eine fahrbare Waage die an der Rezeptur beteiligten Additive, grammgenau gewogen, ein und übergibt diese an ein Auffanggefäß. Von hier aus wird die Charge pneu- VERFAHRENSTECHNIK 4/2016 15