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Verfahrenstechnik 3/2022

Verfahrenstechnik 3/2022

Die bessere Alternative

Die bessere Alternative Ersatzbrennstoffe fördern, lagern und einsetzen Mit Sekundärbrennstoffen lässt sich ein großer Teil teurer Primärbrennstoffe ersetzen, etwa um die Kosten für die energieintensive Herstellung von Zement zu senken. Vecoplan hat ein Gesamtsystem entwickelt, das die unterschiedlichen Materialien aufnimmt, fördert, lagert und damit den Vorwärmer beschickt. „Alternative Brennstoffe sind heute Voraussetzung für eine wirtschaftliche Zementproduktion, denn sie ersetzen teure fossile Energieträger wie Kohle und Öl“, erläutert Tim Hamer, Vertriebsleiter des Geschäftsbereichs Recycling/Waste bei Vecoplan. Zu seinen Kunden gehört der türkische Zementhersteller Votorantim Cimentos in Hasanoğlan in der Nähe Ankaras. Das Unternehmen nutzt einen Mix aus Ersatzbrennstoffen, mit denen der Vorwärmer kontinuierlich beschickt wird. Zum Einsatz kommt ein Gemisch aus sogenanntem Refuse Derived Fuel (RDF – Siedlungsabfälle) sowie zerkleinerten Altreifen (TDF – Tire Derived Fuel). Das Gummi alter Pkw- und Lkw-Reifen wird nach Entfernung der Felgen zu Schnipseln von ungefähr 70 mm und kleiner geschreddert. Der Heizwert ist vergleichbar mit dem von Steinkohle. Um die verschiedenen Materialien nach der Anlieferung aufzunehmen, zu lagern, zu transportieren und dosiert dem Vorwärmer zuführen zu können, wandte sich der Zementhersteller an Vecoplan. Für die Aufbereitung und Handhabung der alternativen Brennstoffe entwickelt und fertigt das Unternehmen die passenden Maschinen und Anlagen. Der Maschinenbauer liefert aber nicht nur, er berät auch seine Kunden und plant die Anlagen. Besondere Anforderungen an das Handling Externe Anbieter liefern die Ersatzbrennstoffe an die Tore des Werks in Hasanoğlan. An die weitere Handhabung des Materials hatten die Betreiber hohe Ansprüche hinsichtlich des Durchsatzes, der Verfügbarkeit, der Energieeffizienz und der Output-Qualität. Sie benötigten eine Linie, die die Materialien für den Vorwärmer von den Lkw aufnimmt, lagert und sie über eine Gesamtstrecke von rund 280 m staubfrei fördern kann. Dabei sollten die beiden Brennstoffarten separat aufgenommen, für unterschiedliche Qua- litäten variabel gemischt und so auch gelagert werden: „Die Mischungen haben einen RDF-Anteil mit einer Dichte von etwa 0,2, der TDF-Anteil liegt zwischen 0,35 bis 0,6 t/m 3 “, beschreibt Tim Hamer. „Wir sollten eine kontinuierliche Beschickung des Vorwärmers mit den homogenen Brennstoffgemischen umsetzen.“ Die Ingenieure planten die Anlagen für eine durchschnittliche Förderleistung von 30 t/h aus dem Mix aus RDF und TDF. Die Förderstrecke zum Vorwärmer legten sie bereits auf 40 t/h aus. Dies entspricht einer möglichen Jahreskapazität von etwa 288.000 t. Da die Maschinen zur Zementproduktion an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr im Einsatz sind – bei mindestens 300 Tagen im Jahr – spielt die Verfügbarkeit eine besonders große Rolle. Wichtig waren zudem ein geringer Wartungsaufwand und ein verlässlicher Service. „Wir mussten die neuen Maschinen sicher in die bestehende Fertigungsumgebung integrieren und somit den begrenzten Raum, der uns zur Verfügung stand, bestmöglich nutzen“, beschreibt der Vecoplan- Vertriebsleiter eine Herausforderung. Autorin: Silvia Feder, Leitung Marketing, Vecoplan AG, Bad Marienberg 38 VERFAHRENSTECHNIK 03/2022 www.verfahrenstechnik.de

BETRIEBSTECHNIK Materialaufgabe und -transport Vecoplan hat über ein detailliertes Engineering zunächst die gesamte Anlage konzipiert und dabei die Materialströme der Ersatzbrennstoffe innerhalb der Produktionslinie im Detail berücksichtigt. Muldenkipper und Schubboden-Lkw liefern den Ersatzbrennstoff an. Sowohl für das RDF als auch das TDF ist jeweils eine separate und darauf abgestimmte Annahmestelle vorhanden, zusätzlich können Mitarbeiter die Materialien mit Radladern aufgeben. Bei der RDF-Annahme schüttet der Lkw das Material in eine Annahmestation mit einem Fassungsvermögen von etwa 100 m 3 . Von dort aus transportiert ein Kratzkettenförderer nach einer Egalisierung das Material weiter zu einem Trommelmagneten, der eisenhaltige Störstoffe zuverlässig aus der Masse zieht. Das RDF durchläuft ein Scheibensieb, um Partikel größer 70 mm von der Masse zu trennen. So lassen sich am Ende saubere Brennprozesse sicherstellen und Blockaden durch Überlängen verhindern. Eine frequenzgeregelte Doppel-Förderschnecke transportiert das RDF gleichmäßig auf eine Bandwaage. Diese sendet ein genaues Feedback des aktuellen Materialflusses zum Bediener. So kann dieser das gewünschte Mischungsverhältnis zwischen RDF und TDF in Echtzeit regeln. TDF-Material wird von den Mitarbeitern mit einem Radlader in einen Aufnahmebunker geschüttet. „Diese Lagerlösung haben wir so ausgeführt, dass sie sich in Länge und Breite flexibel an die Masse des Eingangsmaterials anpassen lässt“, beschreibt Tim Hamer. „Wir haben für dieses Projekt ein Vorlagevolumen von etwa 60 m 3 gewählt.“ Das Funktionsprinzip des Lagers basiert auf der Schubstangentechnik – auch Walking-Floor-Prinzip genannt: Der Schubboden besteht aus Lamellen, die anhand eines hydraulischen Antriebs nacheinander unter das entsprechende Transportgut fahren und sich anschließend gemeinsam nach vorn oder nach hinten bewegen, und zwar so lange, bis sich das Transportgut an der gewünschten Stelle befindet. Eine Egalisierwalze homogenisiert den Austrag des Bunkersystems. Anschließend kommt es auf einen nachgeschalteten Kratzkettenförderer. Das TDF-Material wird noch mit einer Bandwaage gewogen und entsprechend dem gewünschten Mischungsverhältnis zudosiert. Verlustfrei zum Vorwärmer „Die Lagerlösung lässt sich in Länge und Breite flexibel an die Masse des Eingangsmaterials anpassen.“ Tim Hamer, Vertriebsleiter, Vecoplan hend zu verhindern. Der Hartmetallabstreifer sorgt für eine noch gründlichere Abreinigung und entfernt auch stark anhaftende Gurtverschmutzungen. „Für die Qualitätskontrolle des Brennstoffs haben wir in der Übergabe zwischen den beiden Vecobelt-Fördersystemen eine Probennahmestation installiert“, beschreibt Tim Hamer. „Mit dieser Station kann unser Kunde bei Bedarf Materialproben zur chemischen Analyse und Bestimmung der Brennstoffqualität entnehmen.“ Die zweite Teilstrecke des Fördersystems bringt das Material sicher und zuverlässig in den Vorwärmerturm und übergibt es an das gravimetrische Dosiersystem. Dieses ermöglicht eine gleichmäßige Beschickung und eine hohe Substitutionsrate. Zwei Hochtemperatur-Schieber verhindern dabei einen möglichen Rückbrand. Ein Schieber ist vor dem Dosiersystem moniert, der andere dahinter. Das Brennstoffgemisch aus RDF und TDF muss nun zum Vorwärmer. Diesen Transport übernimmt ein Rohrgurtförderer der Baureihe Vecobelt. Mit seiner geschlossenen Bauweise schützt dieses System das Material vor Umweltwelteinflüssen, sodass es sicher, verlust- und emissionsfrei zum Vorwärmer transportiert wird. Dabei überbrückt diese Anlage eine Gesamtstrecke von knapp 280 m. Vecoplan lieferte den Vecobelt in zwei Teilstücklängen. Der vollständig geschlossene Förderer bewältigt Steigungen bis 18°. „Schon im Vorlauf führt der Fördergurt bei dieser Baureihe durch ein Rohr und läuft nicht auf wartungsintensiven Tragrollen wie bei herkömmlichen Förderbandsystemen“, erläutert Tim Hamer. Der Gleitgurt wird sowohl im Vorlauf als auch im Rücklauf von einem Luftkissen getragen. Somit treten im Betrieb nur geringe Reibungsverluste auf. Dies führt zu einem kosteneffizienten Transport mit deutlichen Energieeinsparungen. Die Förderleistung des Vecobelts erreicht je nach gewählter Größe bis 1.200 m 3 /h. Jede Antriebsstation ist mit zwei Abstreifern ausgestattet. Der Vorkopfabstreifer ist flexibel, aber stabil genug, um Verunreinigungen auf dem Gurt weitestge- 01 Der vollständig geschlossene Förderer bewältigt Steigungen bis 18° 02 Die Aufgabe der Ersatzbrennstoffe erfolgt mit Lkw oder Radladern 02 Fotos: Vecoplan, M. Schuppich – stock.adobe.com www.vecoplan.de 01 www.verfahrenstechnik.de VERFAHRENSTECHNIK 03/2022 39