TREND-THEMA I PHARMATECHNIK Alles im Fluss Strömungssimulation optimiert Prozesse in der Pharmaindustrie Die Strömungssimulation verdeutlicht, dass diese Variante der Einlass- und Auslasskonstruktion zu einer schlechten Verteilung des Ozons im Wassertank führt Medikamente werden nach höchsten Qualitätsstandards hergestellt. Doch oftmals können beispielsweise die Prozess- und Kosteneffizienz verbessert werden: Produktionsverfahren und die entsprechende Anlagenplanung lassen sich neu denken. Die CFD-basierte Strömungssimulation kann hier entscheidende Impulse geben. Die Pharmaindustrie lebt von Innovationen – und steht vor vielseitigen Herausforderungen: Die Erzeugung muss aufgrund von steigendem Kostendruck wirtschaftlicher werden. Immer schnellere Produkteinführungszeiten sind gefordert. Daneben gilt es, die Energie- und Rohstoffeffizienz zu erhöhen, strenge Auflagen und Vorschriften zu erfüllen und auf veränderte Kundenanforderungen zu reagieren. Der traditionelle Ansatz, ein Konzept vom Labormaßstab über Pilotanlagen bis hin zur Produktion zu bringen, ist längst nicht mehr attraktiv. Stattdessen nimmt die CFD-basierte Strömungssimulation (Computational Fluid Dynamics, CFD) heute die Rolle einer Schlüsseltechnologie ein. Autorin: Teodora Vatahska, Geschäftsführerin, HTCO GmbH, Freiburg i. Br. Ganz gleich, ob es um das Mischen, Trennen, Abfüllen, Trocknen, um Flüssigkeitstransport oder Wärmeerzeugung geht: Die Prozesssicherheit, die Produktqualität und die Energieeffizienz von Anlagen hängen maßgeblich von den Strömungsverhältnissen im Systeminnern ab. Bereits minimale Änderungen an Strömungen und Temperaturen können erhebliche Verbesserungen im gesamten Prozessablauf bewirken. Hier empfiehlt es sich bereits in der Konzeptionsphase, einen Strömungsspezialisten hinzuzuziehen. Homogene Mischungen In der Pharma- oder Chemieindustrie werden meist große Mengen an Flüssigkeiten verarbeitet, was für die CFD-Strömungssimulation ein ideales Einsatzfeld ist. So können Strömungs- und Wärmeübertragungsverhalten von Flüssigkeiten in allen Bereichen des Produktionsprozesses genau untersucht werden. Zum Beispiel wenn es darum geht, die Homogenität eines Mischprodukts zu gewährleisten und eine gleichmäßige Verteilung der geforderten Wirkstoffkonzentrationen sicherzustellen. Die Simulation hilft, die Mischvorgänge in jeder Phase des Mischprozesses zu visualisieren und besser zu verstehen. Damit lassen sich Mischdauer und geeignete Zeitpunkte der Zutaten-Zugabe bestimmen. Ganz gleich, ob Rührer oder Injektionsmischer – eine Strömungssimulation zeigt schnell, welches Mischverfahren den erforderlichen Mischgrad gewährleisten kann und ob zusätzliche Mischelemente benötigt werden. Design-Änderungen, etwa die Laufradposition in einem Rührkessel, führen oft zu deutlichen Änderungen des Strömungsmusters, was sich stark auf die Behälterleistung, die Mischeigenschaften und damit auf die Produktqualität und den Wirkungsgrad auswirkt. Gezielte Optimierung Was Strömungssimulation über die Mischeffizienz aussagt, veranschaulicht folgendes Beispiel: In einem Mischbehälter werden die Strömung und die sich damit ausbildende Vermischung zweier 18 VERFAHRENSTECHNIK 03/2022 www.verfahrenstechnik.de
PHARMATECHNIK I TREND-THEMA 01 02 Flüssigkeiten mit verschiedenen Salzkonzentrationen simuliert. Es zeigt sich, dass die Durchmischung recht langsam und verstärkt im bodennahen Bereich erfolgt. Ursache hierfür ist der geringe Impuls der zuströmenden Flüssigkeit, der zu klein ist, um von den Umlenkschaufeln stark beeinflusst zu werden. Ist eine langsame Durchmischung das Ziel, so ist diese Konfiguration geeignet. Wenn allerdings eine raschere Durchmischung notwendig ist, muss der Leitapparat für eine schnellere Impuls-Aufsplittung sowie -Umlenkung sorgen und entsprechend geometrisch modifiziert werden. Auch bei typischen Verfahren zur Trennung wie Kristallisation, Fällung und Zentrifugierung leistet die Strömungssimulation wertvolle Hilfestellungen, um am Ende gute Ergebnisse und hohe Anlageneffizienz zu erzielen. Kessel, Tanks und Öfen Behälter sind wichtige Elemente der Verfahrenstechnik. Sie haben erheblichen Einfluss auf die Energieeffizienz und die Qualität des Gesamtprozesses. Optimierte Strömungen und Wärmeprozesse in ihrem Inneren sparen Energie, sichern die Prozessqualität und reduzieren den Wartungsaufwand. Ob Neuentwicklung oder Sanierung: Bei Lagerbehältern (Wärmespeicher), Druckbehältern, Tankanlagen oder bei Sonderbehältern wie Reaktoren, Rühr- und Dampfkesseln zahlen sich der Einsatz von Strömungssimulation im Vorfeld in jedem Falle aus. Zum Beispiel bei einem Reinstwassertank: Die gleichmäßige Verteilung von eingeführtem ozonhaltigen Wasser im gespeicherten Reinstwasser sorgt für verlässliche Keimfreiheit. Eine schlechte Verteilung führt allerdings zu Qualitätseinbußen. Mit CFD lassen sich der Einlassprozess und das Verhalten der zwei Fluide berechnen und darstellen. Virtuell wird sichtbar, wie sich unterschiedliche Einlass-, Auslass- und Behältergeometrien auf die Verteilung des ozonhaltigen Wassers auswirken und welche Variante die effizienteste ist. Für alle Behälter gilt: Ungleichmäßige An- und Durchströmung mindert die Leistung, Lebensdauer und Prozessqualität erheblich. Wirbel, überhöhte Geschwindigkeiten und ungünstige thermische Vorgänge fressen wertvolle Energie. Totzonen verursachen Ablagerungen, die Behälter und Technikkomponenten beschädigen. Empirisch ist oft nicht vorauszusagen, ob die geplante Konstruktion das Strömungs- und Temperaturverhalten wie gewünscht beeinflusst. Mit Strömungssimulation lässt sich die passende Konstruktion finden, die durch einfache Veränderungen, wie Abrunden von Ecken, Versetzen von Krümmungen, Einsetzen zusätzlicher Leitwände, eine gleichmäßige Durchströmung von Filtern, Wärmetauschern oder Brennern gewährleistet und Druckverluste reduziert. Auch bei spezialisierten Produktionsund Lagerräumen lassen sich Funktionalität und Energieeffizienz bereits in der Planungsphase virtuell überprüfen. Hier ist 01 CFD ermöglicht eine genaue Berechnung der Laufradleistung und des Strömungsfeld s 02 Die zeitabhängige CFD-Analyse zeigt, dass sich die zugeführte Flüssigkeit (blau) auch nach circa 5 min nur im bodennahen Bereich mit dem Behälterinhalt mischt 03 Bereits in der Planungsphase von Lager- und Produktionsräumen illustriert CFD, ob die Anforderungen an Raumklima und Luftreinheit erfüllt werden die CFD-Analyse mittlerweile ein akzeptierter Leistungsnachweis für viele Genehmigungsverfahren. Die Integration von CFD-Methoden kann die Entwicklungszyklen von Anlagenprozessen verkürzen, bestehende Prozesse optimieren, den Energie- und Rohstoffbedarf senken und zu Verbesserungen in der Anlagentechnik führen. Auf CFD spezialisierte Beratungsunternehmen bündeln Simulationssoftware und umfangreiches Strömungswissen und helfen dabei, diesen Entwicklungsschritt schnell und kostengünstig durchzuführen. Bilder: HTCO www.htco.de 03 www.verfahrenstechnik.de VERFAHRENSTECHNIK 03/2022 19
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