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Verfahrenstechnik 3/2022

Verfahrenstechnik 3/2022

VERFAHREN UND ANLAGEN

VERFAHREN UND ANLAGEN Mahl’ mal Temperaturempfindliche Materialien homogenisieren Die Wärmeentwicklung in Laborkugelmühlen stellt viele Anwender vor eine Herausforderung. Hohe Temperaturen können Substanzen wie Kaffee schädigen oder sogar zerstören. Doch mit geeigneten Gegenmaßnahmen lassen sich Temperaturanstieg und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Probe in den Griff bekommen. Kugelmühlen werden in der Laborumgebung zur Probenvorbereitung für Materialanalysen genutzt. Auch in der Mechanochemie und für das mechanische Legieren finden sie Anwendung. Die am häufigsten verwendeten Kugelmühlen sind Planetenkugelmühlen, Schwingmühlen und Attritormühlen, doch existieren darüber hinaus noch zahlreiche weitere und an spezifische Anwendungen angepasste Mühlentypen. Sie unterscheiden sich vorwiegend in ihrem Bewegungsmuster, hinsichtlich der Größe ihrer Probengefäße und in der maximalen Höhe des Energieeintrages. In allen Kugelmühlen führen die Reibung zwischen den Kugeln, dem Material und der Gefäßwand sowie der Aufprall der Kugeln im Inneren des Probengefäßes zum erklärten Ziel des Prozesses. Ein Teil der hierbei eingebrachten kinetischen Energie wird in Wärme umgewandelt, was dazu führt, dass sich das Mahlgefäß und die darin befindliche Probe im Prozess erwärmen. Autorin: Dr. Lena Weigold, Produktmanagerin, Retsch GmbH, Haan Auswirkungen der Temperatur auf den Mahlprozess Bei sensitiven Proben werden die zu analysierenden Substanzen zerstört, wenn kritische Temperaturen überschritten werden. Als Beispiel hierfür lassen sich Inhaltsstoffe von Lebensmitteln (Vitamine, Proteine, Geschmacksstoffe) anführen. Aber auch aktive pharmazeutische Wirkstoffe (API) oder biologische Moleküle sind temperaturempfindlich. Zudem entweichen flüchtige Bestandteile, beispielsweise polyaromatische Kohlenwasserstoffe oder Acetaldehyd, bei erhöhten Temperaturen schneller aus dem Probenmaterial. Die nachfolgenden Analysen geben dann nicht mehr die Eigenschaften des Ursprungsmaterials wieder. Die Wärmeentwicklung kann weiterhin auch Anbackungen des Probenmaterials an Kugeln und Gefäßwand hervorrufen und einen erhöhten Reinigungsaufwand nach sich ziehen. Bei sehr starker Erwärmung ist die Verwendung von Schutzhandschuhen erforderlich, zudem verlängern Abkühlzeiten den Prozess. Einflussfaktoren der Wärmeentwicklung Da die Wärmeentwicklung von zahlreichen Parametern und Randbedingungen abhängt, gibt es auch eine Vielzahl an Möglichkeiten, um Einfluss auf die Prozesstemperatur zu nehmen. Praktische Maßnahmen werden folgend zusammengefasst: Mahlwerkzeug: Bereits durch die Wahl des Mahlwerkzeuges lässt sich der Temperaturanstieg reduzieren. Durch ein effektives Oberflächen-zu-Volumen-Verhältnis kann die Wärme in kleinen Mahlgefäßen oft besser abgeführt werden als in großen. Ebenfalls haben die Größe, das Material und die Anzahl der Kugeln einen Einfluss auf den Temperaturanstieg. Die optimale Konfiguration des Mahlwerkzeuges ist jedoch oft eingeschränkt, sodass an dieser Stelle oft nur ein geringer Spielraum besteht. Füllmenge: Eine weitere wichtige Prozessgröße mit Einfluss auf die Wärmeentwicklung ist die Füllmenge im Becher. Die eingefüllte Probenmenge sollte so gewählt sein, dass die Kugeln in ihrer Bewegung stets auf das weichere Probenmaterial treffen und sich möglichst selten gegenseitig oder die Gefäßwand direkt berühren. Energieeintrag: Der Energieeintrag kann an der Mühle so gewählt werden, dass kritische Temperaturen nicht überschritten werden. Sofern es für den Prozess zielführend ist, können zum Beispiel die Geschwindigkeit (Frequenz, U/min) reduziert und Mahlpausen zur Abkühlung 10 VERFAHRENSTECHNIK 03/2022 www.verfahrenstechnik.de

VERFAHREN UND ANLAGEN 01 In der Schwingmühle lassen sich Proben im Bereich von –100 bis +100 °C temperieren 02 Probentemperatur als Funktion der Zeit einer exemplarischen Trockenvermahlung bei 30 Hz in der Schwingmühle MM 500 control der Probe eingelegt werden. Beide Maßnahmen ziehen jedoch eine Prozesszeitverlängerung nach sich. Kühlung: Ein effektives Vorgehen ist das Arbeiten in einer Kältekammer oder eine manuelle Vorkühlung des befüllten Probengefäßes, etwa in Trockeneis oder flüssigem Stickstoff. Die Herausforderung bei dieser Vorgehensweise liegt darin, dass die aktuelle Temperatur und damit der Zeitpunkt, zu dem die kritische Temperatur überschritten wird, nicht bekannt sind. Die effektivste Temperaturregulierung lässt sich mit Kugelmühlen erzielen, die eine aktive Probenkühlung ermöglichen. Hierbei sind die Kugelmühlen hervorzuheben, bei denen die Mahlbecher mit einem flüssigen Kühlmedium, mit flüssigem Stickstoff oder einer Luftströmung gekühlt werden. Das Temperaturniveau kann durch Kühlung mit Wasser oder flüssigem Stickstoff (LN 2 ) zu niedrigeren Temperaturen verschoben werden. Temperaturüberwachung und -regulierung im Mahlprozess Die neue Schwingmühle MM 500 control von Retsch wurde speziell für Prozesse entwickelt, die eine Temperaturkontrolle erfordern. Eingebaute Temperatursensoren geben dem Nutzer kontinuierlich Feedback zur Wärmeentwicklung. In der Schwingmühle ist eine indirekte Probenkühlung umgesetzt, mit der ein Kühlen bzw. Heizen im Bereich von –100 bis +100 °C während des Prozesses möglich ist. Dank der hermetisch dichten Ausführung des internen Kühlleitungssystems können sowohl flüssige Kühlmedien als auch flüssiger Stickstoff für die Temperierung herangezogen werden. Es ist erstmalig möglich, im Betrieb mit flüssigem Stickstoff eine spezifische Kühltemperatur zu wählen und aufrechtzuerhalten. Für analyseneutrale Mahlprozesse stehen Mahlbecher aus Stahl, Zirkondioxid oder Wolframcarbid mit Volumina bis 2 × 125 ml zur Verfügung. Die Schwingmühle ermöglicht es, temperaturempfindliche Proben zuverlässig zu bearbeiten und Proben bis –100 °C einzufrieren, um sie zu verspröden. Auch Nassvermahlungen ohne Mahlpausen und viele Anwendungen im Bereich der Mechanochemie sind mit dieser Laborkugelmühle möglich. Bilder: Retsch, unverdorbenjr – stock.adobe.com, stockphoto-graf – stock.adobe.com www.retsch.de BEIZEN | ELEKTROPOLIEREN | PASSIVEREN WIR SICHERN. mit unseren Dienstleistungen den Wert Ihrer Bauteile. | Vor-Ort- & Werksservice | Elektropolieren | Anodisch Reinigen | Chemisch Polieren/Entgraten | Chemisch Beizen & Passivieren | Fachgerechte Reinigung (auch im Reinraum) | Derouging & Repassivierung | Prozess- & Reinigungschemikalien | Dokumentaon Jetzt weitere Informaonen anfordern. henkel-epol.com Folgen Sie uns auf LinkedIn!