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Verfahrenstechnik 3/2017

Verfahrenstechnik 3/2017

MESSEN, REGELN,

MESSEN, REGELN, AUTOMATISIEREN Verfügbarkeit realisiert Füllstandmessung in Silobehältern einer Raffinerie In der Total-Raffinerie in Leuna werden für die unterschiedlichsten Verfahrensschritte viele verschiedene Zuschlagstoffe im Prozess benötigt. Die ständige Verfügbarkeit dieser Stoffe ist Voraussetzung für eine hohe Anlagenverfügbarkeit. Eine große Rolle spielt hier auch die zuverlässige Füllstandmessung in den Silobehältern für Katalysator-Schüttgut. Ein Beispiel für die ständige Verfügbarkeit von Stoffen in der Total-Raffinierie in Leuna sind die Siloanlagen mit Katalysator- Schüttgut. Unter verschiedensten Gesichtspunkten erschien die Instandsetzung der 15 Jahre alten, unzuverlässigen und zwischenzeitlich permanent defekten kapazitiven Füllstandmessungen des Katalysator- Schüttgutes in den Silobehältern nicht als „1:1-Renovierung“ realisierbar – dafür jedoch umso dringender notwendig. Autor: Carsten Schulz, Marketing Manager Füllstandmesstechnik, Endress+Hauser Messtechnik GmbH + Co. KG, Weil am Rhein Schwierige Prozessbedingungen Für die Erneuerung dieser Messungen erachteten die Planer den Einsatz von frei abstrahlender Radarmesstechnik als einen zeitgemäßen und optimal zur Applikation passenden Lösungsansatz. Die Silobehälter sind 20 m hoch, haben unterschiedliche Durchmesser von ca. 4 bzw. 7 m, der obere Teil ist zylindrisch In der Prozessindustrie steigen die Anforderungen an die Automatisierungstechnik stetig. Immer leistungsfähigere und gleichzeitig flexiblere Anlagen mit der gesamten Bandbreite an messtechnischen Anwendungen sollen zu möglichst geringen Kosten betrieben werden. und im unteren Teil kegelförmig auslaufend. Sie sind mit verschiedenen Einbauten versehen, sind ungleichmäßig segmentiert und haben damit eine sehr unterschiedlich stark strukturierte Innenfläche. Als einzig möglicher Montageort für den Radarsensor wurde ein 4"-Flanschanschluss auf einem verlängert angeschweißten Stutzen des außermittig angeordneten 20"-Mannlochs fest vorgegeben. Das Katalysator–Schüttgut ist sehr fein strukturiert, neigt nicht zu Wechten- oder Trombenbildung und hat einen niedrigen, schwankenden Epsilon-Wert zwischen 2 und 3,5. Die Befüllung der Silos erfolgt teilweise schnell und mit extremer Staubentwicklung bei einer Füllguttemperatur Carsten Schulz Endress+Hauser Messtechnik GmbH + Co. KG von bis zu 500 °C. Der Entleerungsvorgang erfolgt dagegen sehr langsam bei einer Medientemperatur von ca. 20 °C. Es bestehen hohe Verfügbarkeits- und Genauigkeitsanforderungen an das Füllstandmesssignal für den Befüll- und Entleervorgang, die Bevorratung und die Logistik. Im laufenden Anlagenbetrieb wird eine hohe Zuverlässigkeit bei minimalem Wartungsaufwand für das Messsystem erwartet. Zugeschnittene Lösung Zwei verschiedene Radarsysteme unterschiedlicher Hersteller wurden 2010 in den Silos für das Katalysatormedium installiert. Die mit diesen Systemen erreichte Messwertzuverlässigkeit war für den nachfolgenden Prozess jedoch nicht ausrei- 28 VERFAHRENSTECHNIK 3/2017

Die Total Raffinerie Total ist in Deutschland in den Sparten Chemie, Raffinerie, Marketing & Service sowie Gas aktiv. Mit einer Jahreskapazität von rund 12 Mio. t Rohöl ist die im Herbst 1997 in Betrieb genommene Total Raffinerie Mitteldeutschland GmbH nicht nur die jüngste der 14 Raffinerien, sondern sie zählt außerdem zu den größten Raffinerien Deutschlands. Die Raffinerie in Leuna produziert Benzin, Diesel, Heizöl, Methanol, Flugkraftstoffe und viele weitere Produkte. Als eine der modernsten Raffinerien Europas setzt der Standort Leuna in puncto Umweltschutz, Sicherheit und Energieeffizienz Maßstäbe. Moderne Überwachungs- und Sicherheitssysteme sowie eine professionelle Instandhaltung gewährleisten eine hohe Zuverlässigkeit der Anlagen. Sicherheit und Umweltschutz haben für die rund 630 Mitarbeiter und die Zukunft absolute Priorität. 01 In diesem Silo für Katalysator-Schüttgut muss der Füllstand zuverlässig gemessen werden 02 Installation des Messgeräts am Silo chend. Endress+Hauser stellte sich 2013 dieser bis dahin sehr ungenügend gelösten messtechnischen Herausforderung. Basierend auf einer weiterführenden theoretischen und praktischen Problemanalyse wurden nachfolgend frei abstrahlende Radarsonden des Typs Micropilot FMR 57 installiert, in Betrieb genommen und für die Messaufgabe optimiert. Mit dieser zugeschnittenen Lösung konnten die Füllstandmessungen mit verwertbaren Ergebnissen realisiert werden. Signalauswertung perfektioniert Die neuen selbstlernenden Softwarealgorithmen sind in der Lage, bis zu 20 Mikrowellenreflexionen gleichzeitig zu verfolgen und zu charakterisieren. Durch diese neuartigen Algorithmen werden Füllstand-, Stör-, Doppler- und Bodensignale erkannt und definiert. Diese Definition der Signalart wird durch eine Bewertung der unterschiedlichen Reflexionseigenschaften wie zum Beispiel Reflexionshöhe, Reflexionsposition, Reflexionsgeschwindigkeit und -bewegungsrichtung erreicht. Durch diese einzigartigen Auswertealgorithmen ist es jetzt möglich, eine Signalreflexion auch unterhalb einer Störausblendung zuverlässig auszuwerten. Zusätzlich erweitern die Neuentwicklungen der Hochtemperaturvarianten des Micropiloten das Anwendungsspektrum für Flüssigkeitsgeräte mit 26-GHz-Technologie mit dem Gerätetyp FMR51 auf bis zu 450 °C und für Schüttgutgeräte mit dem FMR57 auf bis 400 °C Prozesstemperatur am Prozessanschluss des Messgeräts. Diese Software- und Hardwareentwicklungen erhöhen die Messwertzuverlässigkeit des neuen Micropilot FMR5x enorm und führen 03 Das frei abstrahlende Radar-Füllstandmessgerät Micropilot FMR5x ist in vielen Varianten für die unterschiedlichsten Branchen einsetzbar auch bei anspruchsvollen Prozessbedingungen zu einer hohen Anlagenverfügbarkeit. Die automatische Datensicherung im Speicherbaustein Historom, der unverlierbar in das Gehäuse integriert ist, ermöglicht den zeitsparenden Austausch von Elektronik ohne Neuabgleich. Bei einem Elektronikwechsel laden sich die Gerätedaten der letzten Parametrierung automatisch vom Speicherbaustein in die neue Elektronik und das Gerät nimmt den Messbetrieb automatisch wieder auf. Einheitliches Gerätekonzept In der Prozessindustrie nimmt die Komplexität für den Anwender aufgrund der Vielzahl von Messaufgaben und der dafür verfügbaren Geräte unterschiedlicher Hersteller stetig zu. Gleichzeitig steigen die Anforderungen hinsichtlich der Betriebssicherheit und Verfügbarkeit von Anlagen. Endress+Hauser setzt diese Anforderungen mit der vollumfänglichen Integration der neuen Gerätevarianten des frei abstrahlenden Radar Micropilot FMR5x in das Zweileiter-Konzept für Durchfluss und Füllstand um. Die Einheitlichkeit zeigt sich z. B. in Dokumentation, Bedienung, Diagnose, Ex- und Ersatzteilkonzept sowie vielen weiteren Details und führt zu einer Kostenreduktion in Planung, Beschaffung und Betrieb. Das einheitliche Zweileiter-Konzept für Durchfluss und Füllstand erhöht die Sicherheit und senkt die Kosten. www.de.endress.com VERFAHRENSTECHNIK 3/2017 29