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Verfahrenstechnik 3/2016

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VERFAHRENSTECHNIK IM

VERFAHRENSTECHNIK IM ALLTAG I SERIE Gerührt, nicht geschüttelt Backpulver sorgt in Rührteigen für die Lockerung Ob Marmorkuchen, Donauwelle oder Osterlamm – diese feinen Backwaren zeichnen sich durch einen lockeren Teig aus, dessen Struktur meist auf den Einsatz von Backpulver zurückzuführen ist. Backpulver ist ein zum Backen benutztes Triebmittel, das unter Einwirken von Wasser, Säure und Wärme gasförmiges Kohlenstoffdioxid (CO 2 ) freisetzt. Durch die CO 2 -Entwicklung wird das Volumen des Teigs vergrößert. Bei Teigen wird Backpulver vor allem dem Rührteig zugefügt. Im Mürbeteig (Tortenböden, Kekse) ist der Einsatz von Backpulver eher selten. Im Hefeteig übernimmt zugesetzte Hefe die Rolle des Backpulvers. Backpulver ist eine Mischung aus einer CO 2 -Quelle, meist Natriumhydrogencarbonat (Natron) oder Kaliumhydrogencarbonat, und einem Säuerungsmittel, oft Dinatriumdihydrogendiphosphat (E 450a) oder Monocalciumorthophosphat (E 341a) als Säureträger. Durch Hitze (z. B. Backofen, Waffeleisen, Fritteuse) und Feuchtigkeit reagiert das Natron mit der Säure und setzt Kohlenstoffdioxid frei, wodurch kleine Gasbläschen entstehen und der Teig aufgelockert wird. Damit wird ein ähnlicher Trieb erreicht wie bei der Verwendung von Pilzen der Backhefe im Hefeteig und Bakterien im Sauerteig, wo ebenfalls CO 2 entsteht. Die Zugabe von Backpulver verkürzt die Zubereitungszeit, da Hefepilze und Bakterien zur Produktion von CO 2 mehr Zeit benötigen. Großtechnisch wird Natriumhydrogencarbonat (Trivialname: Natron) aus einer gesättigten Natriumcarbonatlösung hergestellt, die mit Kohlenstoffdioxid unter Kühlung beaufschlagt wird. Dies ist eine Gleichgewichtsreaktion, die aber durch die relative Schwerlöslichkeit von Natriumhydrogencarbonat stark zum Produkt verschoben ist. Das abfiltrierte Natriumhydrogencarbonat muss vorsichtig getrocknet werden, damit es sich nicht wieder zersetzt (in Umkehrung der Bildungsreaktion). Das Natriumcarbonat wiederum wird nach dem Solvay-Verfahren (auch Ammoniak-Soda-Verfahren) erzeugt: Der Prozess geht von den billigen und in großen Mengen vorhandenen Rohstoffen Kalk (Calci- umcarbonat) und Kochsalz (Natriumchlorid) aus, deren Reaktion zu Soda und Calciumchlorid jedoch nicht freiwillig abläuft, da die Rückreaktion zu den Ausgangsstoffen Calciumcarbonat und Natriumchlorid die thermodynamisch bevorzugte ist. Zur Realisierung der Hinreaktion wird daher Ammoniak eingesetzt, der in der letztendlichen Stoffbilanz dann aber wieder fehlt: Denn das Solvay-Verfahren arbeitet als chemischer Kreisprozess, bei dem der zugesetzte Ammoniak in einem geschlossenen Kreislauf verbleibt und Umweltbelastungen reduziert werden können. Das so entstandene Natriumhydrogencarbonat wird anschließend im Drehrohrofen getrocknet. Die zweite wichtige Komponente des Backpulvers, das Säurungsmittel Natriumdihydrogenphosphat, wird, wie andere Phosphate auch, aus Erzen, wie beispielsweise Apatit gewonnen. Außerdem wird Backpulver ein Trennmittel (bis 30 %) aus Mais-, Reis-, Weizenoder Tapiokastärke bzw. Weizenmehl zugegeben, um Feuchtigkeit zu binden und so eine vorzeitige CO 2 -Entwicklung zu verhindern. (kf) Foto: Fotolia 42 VERFAHRENSTECHNIK 3/2016

VORSCHAU IM NÄCHSTEN HEFT: 4/2016 ERSCHEINUNGSTERMIN: 11. 04. 2016 • ANZEIGENSCHLUSS: 23. 03. 2016 01 03 04 02 01 Auch auf der diesjährigen Powtech gibt die exklusive Guided Tour Explosionsschutz, geleitet von VERFAHRENSTECHNIK-Chefredakteurin Eva Linder, einen Überblick über aktuelle Entwicklungen im Bereich Explosionsschutz 02 Smart Factory, Virtual Reality, Internet of Things – auf der Hannover Messe 2016 werden neueste Technologien zum Thema Industrie 4.0 vorgestellt 03 Online-Analysatoren ermöglichen eine effektive Prozessüberwachung und -steuerung, wobei eine hohe Verfügbarkeit der Messstelle und möglichst geringe Betriebskosten von zentraler Bedeutung sind Der direkte Weg Internet: www.verfahrenstechnik.de E-Paper: www.engineering-news.net Redaktion: redaktion@verfahrenstechnik.de 04 Das exakte Dosieren und Verwiegen von Schüttgütern ist erforderlich, um die Qualität des resultierenden Produktes zu sichern und das Überdosieren teurer Einsatzstoffe zu vermeiden; Differenzialdosierwaagen erreichen diese in der Industrie geforderte Genauigkeit (Änderungen aus aktuellem Anlass vorbehalten) VERFAHRENSTECHNIK 3/2016 43