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Verfahrenstechnik 11/2017

Verfahrenstechnik 11/2017

Vernetzte Prozesse

Vernetzte Prozesse Bürkert realisiert digitale Applikationslösungen im MSR-Bereich Industrie 4.0 und die damit verbundene Digitalisierung sind kein Selbstzweck, sie haben das Ziel, Komponenten und Prozesse zu vernetzen und dadurch zu optimieren. Der Fluidexperte Bürkert aus Ingelfingen denkt Industrie 4.0 ganzheitlich und realisiert bereits Applikationslösungen für den Kunden. In der Prozesstechnik gilt es, Flüssigkeiten und Gase zu messen, zu mischen und Prozesse zu steuern. Beim Thema Digitalisierung zeigt sich, dass es nicht genügt, einzelne Industrie-4.0-taugliche Komponenten zu entwickeln und anzubieten, auch das Fundament muss stimmen. Jedes Unternehmen hat seine eigene vierte industrielle Revolution, die es individuell zu meistern gilt, um für die Zukunft gerüstet zu sein. Der Fluidik-Spezialist Bürkert, der gleichzeitig Experte für elektromechanische Systeme sowie Schaltschrankbau ist, treibt unternehmensintern die eigene Digitalisierung voran und denkt branchenübergreifend. Damit bringt er mit seinen Systemlösungen auch die Digitalisierung seiner Kunden und deren Anwendungen weiter, wie das folgende Beispiel aus der Kosmetikherstellung zeigt. Alle zur Herstellung und Abfüllung von Glas-ampullen für kosmetische Produkte notwendigen Prozesse können in einer Maschine integriert werden, die darauf ausgelegt ist, sehr flexibel unterschiedliche Produkte zu produzieren. Im Prozess wird die Ampulle aus einem Glasrohling gefertigt, automatisch befüllt, verschlossen und anschließend mit wichtigen Informationen bedruckt und verpackt. Die an diesem Pro- zessschritt beteiligten Komponenten müssen nicht nur die dafür notwendigen technischen Spezifikationen erfüllen, sondern sich auch gut reinigen lassen. Deshalb ist auch die Kontrolle des korrekten Mediums ein wichtiger Bestandteil des Systems. Beim Verschließen der Glaskolben durch einen Gasbrenner gilt es, den Wärmeeintrag in das Medium zu minimieren. Die Flamme muss dynamisch steuerbar sein, wozu eine präzise Druck- und Durchflussregelung der Brennergase auch hier erforderlich ist. Am Ende des Herstellungsprozesses wird die Ampulle durch einen Tintenstrahldrucker beschriftet. Im Drucker sorgen Bürkert-Produkte oder -Systeme im Tintenmanagement dafür, den Druckkopf mit Tinte zu versorgen sowie ihre Eigenschaften, wie z. B. Viskosität und Temperatur, zu regeln und zu überwachen. Die Maschine soll in der Lage sein, kleine Losgrößen mit großer Produktvarianz – was sowohl die Medien als auch die Ampullengröße anbelangt – wirtschaftlich herzustellen. Hierfür sind kurze Taktund Rüstzeiten gefragt. Die Prozesstechnik muss also nicht nur genau und dynamisch, sondern auch flexibel arbeiten. Rezeptabhängige Parametrierung dezentraler Steuer- und Regelkreisläufe sowie Diagnosefunktionen, z. B. für vorbeugende Wartungsmaßnahmen, sorgen für diese Flexibilität und ein reduziertes Informations- und Kommunikationsaufkommen. Als Basis für die Realisierung dieser einzelnen prozesstechnischen Anwendungen dienen bewährte Bürkert-Plattformen: Individuell anpassbare Ventilinseln für die Pneumatik-Steuerung, Massendurchflussregler-Systeme für Druck- und Durchflussregelung sowie die Kommunikationsplattform EDIP (Efficient Device Integration Platform) zur digitalen Vernetzung der intelligenten Bürkert-Systeme innerhalb der Produktionsmaschine. Ventilinseln als Automatisierungssysteme Verfahrenstechnische Anlagen in Pharma-, Kosmetik-, Nahrungs- und Genussmittelindustrie oder Wasseraufbereitung profitieren davon, wenn elektrische und pneumatische Funktionen in einer Ventilinsel zusammengefasst sind. So lassen sie sich über nur eine Busleitung ansteuern und das Programmieren wird einfacher. Heute sind die integrierten Ventilinseln von Bürkert zu intelligenten, elektropneumatischen, obendrein auch noch Ex-sicheren Automatisierungssystemen „gewachsen“, die sich „nahtlos“ in die Prozesssteuerungswelt einfügen. Zudem bilden sie als flexible Plattform die Basis, um innerhalb kurzer Zeit applikationsspezifische Systemlösungen zu realisieren, schließlich 30 VERFAHRENSTECHNIK 11/2017

SPS IPC DRIVES I TOP-THEMA gleicht kaum eine prozesstechnische Anwendung der anderen. Ein typischer Einsatzbereich für solche Ventilinseln ist beispielsweise das Füllen von Glasampullen in der Kosmetik- oder Pharmaindustrie. Im Kontext mit Industrie 4.0 steigen hier die Anforderungen. Dabei sollten sich z. B. Sicherheits- und Diagnosefunktionen integrieren bzw. auch nachrüsten lassen. Die Vernetzung über industrielle Standards muss möglich sein, vorbeugende Wartungsmaßnahmen sind erwünscht und schlussendlich gilt es auch die Mensch-Maschine- Schnittstelle zu berücksichtigen. Manches davon ist bereits mit einfachen Mitteln realisierbar. Für sicherheitsgerichtete Abschaltungen lassen sich beispielsweise Ventilfunktionen direkt auf der bestehenden Ventilinsel und unabhängig von der regulären Schaltsignalsteuerung stilllegen, wenn hier Ventile für sicherheitsgerichtete Abschaltungen nachgerüstet werden. Auch das ist bereits ein Schritt in Richtung Industrie 4.0. Deutliche Maßstäbe auf diesem Weg setzt die Ventilinsel Airline SP Typ 8647, die vollständig in das dezentrale Remote I/O System ET200SP von Siemens integriert ist. Bei ihr kann der Anwender ohne zusätzliche Peripheriegeräte direkt auf einem vor Ort eingebauten LC-Display den Status der Ventilinsel, Fehler oder Diagnosedaten ablesen. Dies erfolgt sowohl in Klartext als auch symbolisch. Alle auf der Ventilinsel generierten Informationen können auch in der Steuerung verarbeitet werden. Die integrierten Schaltspielzähler generieren Daten, die eine vorbeugende Wartung ermöglichen und ebenfalls als Klartext auf der Ventilinsel direkt im Schaltschrank angezeigt werden. Für den Einbau in den Schaltschrankboden gibt es die Bodeneinbauplatte Airline Quick aus Edelstahl oder Aluminium. Damit lässt sich auch die neue Ventilinsel platzsparend in einem Schaltschrank montieren. Anwender im Pharma- und Nahrungsmittelsektor können dadurch kleine, dezentrale Einheiten mit einer hohen Signaldichte direkt vor Ort installieren. Die Ventilinseln kommunizieren über gängige Industrial-Ethernet-Protokolle oder Profibus DP. In geschlossenen Ringtopologien und Profinet IO Kommunikation sorgt das Media Redundancy Protocol (MRP) für ein hochverfügbares Netzwerk, das sogar den Ausfall eines Switches oder einer Leitung kompensieren kann. Dies erhöht die Anlagenverfügbarkeit und macht den Prozess sicherer. Die Kommunikation innerhalb der Ventilinseln und mit weiteren intelligenten Bürkert-Geräten läuft über die Kommunikationsplattform EDIP. Fotos: Bürkert, Fotolia (#43783217) Halle 3A, Stand 161 www.buerkert.de 01 Verfahrenstechnische Anlagen in Pharma-, Kosmetik-, Nahrungs- und Genussmittelindustrie oder Wasseraufbereitung profitieren davon, wenn elektrische und pneumatische Funktionen gemeinsam in einer Ventilinsel zusammengefasst sind Herr Rohrbeck, was ist das Erfolgsgeheimnis der Firma Bürkert? Das Erfolgsgeheimnis von Bürkert ist, dass wir uns zum einen unserer Vergangenheit bewusst sind und die Erfahrung aus über 70 Jahren Fluidregelung täglich nutzen. Gleichzeitig ist es aber auch ganz essenziell, die Zukunft täglich neu zu erfinden, nicht stehen zu bleiben, flexibel zu reagieren und über den Tellerrand zu denken – auf Basis der Nähe zum Markt und zueinander sowie auf Basis des Muts, neue Dinge zu wagen. Dazu gehört vor allem auch lebenslanges Lernen und damit die lernende Organisation. Beweglich zu bleiben, sich immer wieder neu zu erfinden, ohne die Vergangenheit zu leugnen, auch Fehler machen zu dürfen – und dabei den Mut zu haben, da anzufangen wo andere aufhören, getreu dem Motto unseres Firmengründers. Das macht Bürkert aus. Sie sprechen in Ihrem Unternehmen über „Lebenslanges Lernen“ bzw. „die lernende Organisation“. Was ist damit gemeint und wie setzen Sie das konkret im Unternehmen um? Im Kern unserer Strategie steht neben dem, was wir an Produkten und Leistungen anbieten, vor allem wie wir agieren wollen: Als lernende, vernetzte Prozessorganisation. Mit dieser Organisationsform richten wir alle Prozesse im Unternehmen konsequent am Kunden aus und arbeiten kontinuierlich an der Optimierung unserer Abläufe. Beweglichkeit ist hierbei ein Muss. Wir müssen flexibel auf neue Situationen im Markt reagieren können; gut funktionierende, lernfähige Prozesse spielen hierbei eine wesentliche Rolle. Konkret wird dies in der Organisation beispielsweise durch die Integration von Lern- und Feedbackprozessen umgesetzt, Anforderungen werden regelmäßig überprüft und die Planung unseres Portfolios bei Bedarf aktualisiert. Nicht zuletzt spielt aber auch die Personalentwicklung eine wichtige Rolle und wird von Bürkert intensiv betrieben – nicht nur im Hinblick auf Weiterbildung durch Seminare etc. sondern auch ganz grundsätzlich dahingehend, wie man lernt zu lernen. Wo sehen Sie Ihr Unternehmen in fünf bis zehn Jahren? 02 Heribert Rohrbeck, CEO bei Bürkert Fluid Control Systems Wir werden eine stabile Position im Markt einnehmen und halten, von der aus wir zu neuen Ufern aufbrechen können. Dabei spielt die Bewahrung unserer Unabhängigkeit eine wichtige Rolle. Wir wollen uns in diesem Zusammenhang noch stärker als verlässlicher, kreativer Partner unserer Kunden etablieren, auf den man bei der Lösung von fluidtechnischen Aufgabenstellungen gerne zukommt bzw. sogar besteht. Vor allem unser Systemgeschäft wollen wir in den nächsten Jahren weiterhin verstärkt ausbauen und weiterhin massiv in innovative Produkte und Technologien investieren. VERFAHRENSTECHNIK 11/2017 31