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Verfahrenstechnik 11/2016

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Verfahrenstechnik 11/2016

MESSE-SPECIAL I SPS IPC

MESSE-SPECIAL I SPS IPC DRIVES Rezept zur Kostenreduktion Digitalisierung ist auch in der Prozessindustrie zentraler Produktivitätshebel Im Bioprozesslabor von Siemens Corporate Technology in Wien entwickeln Forscher intelligente Mess- und Automatisierungstechnik, um genau das stellvertretend für einen Bereich der Prozessindustrie zu verwirklichen. Das Labor ist mit einem Demonstrator ausgestattet, der sämtliche Abläufe einer realen Prozessanlage simuliert. Interessierte Anwender können so das Zusammenspiel von Siemens-Simatic-Produkten anhand der voll funktionsfähigen Minianlage live erleben. Qualitätskontrolle in Echtzeit Halle 11, Stand 100 Wilma Mert Die Digitalisierung hält auch in der Prozessindustrie vermehrt Einzug. In einem Bioprozesslabor zeigen Forscher, wie mit intelligenter Mess- und Automatisierungstechnik die Herstellung von Medikamenten effizienter gemacht werden kann. Autorin: Wilma Mert, Technology & Innovation Management, Siemens AG, Wien, Österreich Eine Million Euro pro Injektion kostet eines der teuersten Medikamente der Welt. Es kann die seltene Stoffwechselerkrankung LPLD heilen, bei der Betroffenen das Gen fehlt, das ihrem Körper hilft, Fett zu verwerten. Dass viele Medikamente sehr teuer sind, kommt nicht von ungefähr. Die Entwicklung neuer Arzneimittel und Wirkstoffe ist sehr kostenintensiv und zeitaufwändig. Nicht zuletzt spielen auch die Herstellungsprozesse eine Rolle. Sie unterliegen strengen gesetzlichen Vorschriften und müssen etliche Qualitätsmerkmale erfüllen. Ob das fertige Medikament mit den vorher definierten Produktmerkmalen übereinstimmt, wird üblicherweise erst am Produktionsende in einem streng festgelegten Verfahren überprüft. Treten Abweichungen auf, wird die Charge nicht freigegeben. Rückrufaktionen und Lieferengpässe können die Folge sein. Oft ist es zudem schwierig, die Gründe für die Fehlproduktion ausfindig zu machen, wodurch es zu wiederholten Verlusten kommen kann. Die Lösung dieses Dilemmas liegt in der Digitalisierung über den gesamten Anlagenzyklus, vom Engineering und Betrieb bis hin zur laufenden Optimierung. Das erste, was einem Besucher auffällt, der das Bioprozesslabor betritt, ist der intensive Geruch nach Hefeteig. „Die Fermentation oder Gärung ist den meisten vielleicht vom Bierbrauen ein Begriff. Wir verwenden hier normale Bäckerhefe und lassen die Hefezellen kontrolliert wachsen“, erzählt Laborleiter Martin Joksch und bestätigt, was einem der Geruchsinn schon verraten hat. Produktspezifikationen von Medikamenten werden üblicherweise anhand kleiner Chargen im Labor ermittelt. In der Serienproduktion können aber neue Bedingungen auftreten, die vorher nicht absehbar waren. Will der Hersteller den Produktionsprozess anpassen, müssen selbst geringfügige Änderungen erneut bei der Behörde eingereicht werden. „Daher ist wichtig, genau zu definieren, welche Parameter für die Produktqualität maßgeblich sind und wann und auf welche Weise sie kontrolliert werden können“, erläutert Joksch den Hintergrund seiner Forschungsaktivitäten und fügt hinzu: „Unser Ziel ist, durch statistische und deterministische Modelle und Online-Optimierungsmaßnahmen die Prozessabläufe in der Pharmaindustrie effizienter und fehlerfreier zu gestalten.“ Während der Fermentation erfassen die Forscher mithilfe von Sensoren und Analyse-geräten Substanzeigenschaften, die die Qualität eines Bioprozesses maßgeblich beeinflussen. Dazu gehören beispielsweise pH-Wert, Sauerstoff- und Glucosegehalt sowie Temperatur. Je nach Aufgabenstellung werden zwischen 100 und 2000 Messwerte erfasst und analysiert. Auf dieser Datenbasis entwickeln die Forscher statistische Modelle, die vorhersagen wie sich die Parameter bei unterschiedlichen Prozessbedingungen verändern werden. Diese Vorhersagetools bilden die Grundlage, um Herstellungsprozesse so zu steuern, dass 38 VERFAHRENSTECHNIK 11/2016

SPS IPC DRIVES I MESSE-SPECIAL die erforderliche Produktqualität jederzeit eingehalten werden kann. Der gesamte Fermentationsprozess wird durch die Siemens-Steuerung Simatic PCS7 kontrolliert. Sie steuert die Pumpen, regelt Temperatur und pH-Wert und sammelt Messdaten. Zusammengeführt und analysiert werden die Messwerte der unterschiedlichen Analysegeräte auf der Datenplattform Simatic Sipat. Mittels Prozessanalysetechnik werden Qualitätsvorgaben und kritische Parameter in Echtzeit überwacht. Tritt eine Abweichung auf, kann der Prozess ohne Betriebsunterbrechung nachjustiert werden. Der Vorteil liegt auf der Hand: Die Qualitätskontrolle findet nicht erst beim Endprodukt statt, sondern wird schon mehrfach im Prozessverlauf geprüft. Fehler können dadurch frühzeitig erkannt bzw. vermieden und die Chargen schneller freigegeben werden. Flexibilität durch Automation Neben der Prozesskontrolle ist die Anlagenplanung ein wesentlicher Faktor, um Arbeits-abläufe zu optimieren. Künftig wird der Trend zur personalisierten Medizin die Fertigung kleiner Serien forcieren. Maßgeschneiderte Medikamente könnten die Wirkung von Arzneimitteln vorhersehbarer machen und Nebenwirkungen minimieren. „Für die Produktionsprozesse bedeutet das, sie müssen erheblich flexibler werden. Der Schlüssel dafür liegt in der Automatisierung von Anlagen, die einen schnellen Wechsel von Rezepturen und Prozessfolgen ermöglicht“, erläutert Werner Schöfberger von Siemens Process Industries and Drives. Eine höhere Produktivität kann durch eine kontinuierliche Herstellung von Medikamenten in kompakten, geschlossenen Einheiten mit hohem Automatisierungsgrad und wenig manuellen Eingriffen erzielt werden. „Anlagen könnten um mehr als ein Drittel besser ausgelastet und die Produktionskosten um zehn bis 20 % gesenkt werden. Zusätzlich profitiert die Industrie von höherer Energieeffizienz, weniger CO 2 - Emissionen und geringeren Investitionsund Betriebskosten“, sagt Schöfberger. Noch steht die Digitalisierung im Pharmabereich am Beginn, sie ist aber unabdingbar, um steigende Kundenerwartungen zu erfüllen und die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Fotos: Siemens/Pepo Schuster www.siemens.de Martin Joksch von Siemens Corporate Technology forscht an innovativen Methoden, um Bioprozesse im Pharmabereich und der Lebensmittelindustrie zu optimieren Ihr weltweiter Partner für Füllstand- und Durchflussinstrumentierung magnetrol.com • +49 2204 9536 0 • vertrieb@magnetrol.de