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Verfahrenstechnik 10/2020

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Verfahrenstechnik 10/2020

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MESSEN, REGELN, AUTOMATISIEREN Zukunftssichere Sanierung Arzneimittelhersteller modernisiert die Automatisierung seiner Energiezentrale Beim Arzneimittelhersteller Dr. Willmar Schwabe GmbH & Co. KG in Karlsruhe standen in den vergangenen Jahren Sanierungsmaßnahmen in der hauseigenen Energiezentrale an: Ein Prozessleitsystem sollte die vorhandene SPS mit Scada-System ersetzen, und die Kälteanlagen mussten über- arbeitet werden. Diese wurden zusammen mit Nebenaggregaten und deren Rohrleitungen komplett ausgetauscht, und die Automati- sierungstechnik wurde neu einge- bunden. Ein umfangreiches Projekt, das die Unterstützung externer Experten benötigte. Autor: Bernd Rastatter, Prokurist und Vertriebsleiter, Rösberg Engineering GmbH, Karlsruhe Ohne Dampf, Druckluft, Wärme oder Kälte geht in vielen Produktionsanlagen gar nichts. Aber wie die Anlage selbst, sind auch die Anforderungen an entsprechende Energiezentralen permanent im Wandel. In die Jahre gekommene Anlagenteile müssen erneuert werden, wo es zu Kapazitätsengpässen kommt, sind Erweiterungen notwendig. Steuerungstechnik oder Prozessleitsysteme veralten und müssen an den Stand der Technik angepasst werden. Solche Probleme hatte auch die Firma Dr. Willmar Schwabe GmbH & Co. KG, die in der Forschung, Entwicklung und Herstellung von pflanzlichen Arzneimitteln tätig ist, sogenannten Phytopharmaka. Das 1866 als „Fabrikationsstätte für die Zubereitung von Arzneimitteln“ in Leipzig gegründete Unternehmen hat heute seinen Hauptsitz in Karlsruhe und ist die „Mutter“ der weltweit agierenden Schwabe-Gruppe. Am Standort Karlsruhe-Durlach findet sich neben der Firma Schwabe auch die Schwabe Extracta, die Wirkstoffe aus Pflanzen gewinnt. Beide Unternehmen werden vor Ort von einer eigenen Energiezentrale mit Dampf, Wärme, Kälte, Druckluft usw. versorgt. Stand der Technik Um die Energiezentrale auf den Stand der Technik zu bringen und zukunftssicher zu gestalten, war ein neues Prozessleitsystem (PLS) gefragt. Denn die eingesetzte Gebäudeleittechnik zur Steuerung der bisherigen Kälteerzeugung war bereits so lange im Einsatz, dass viele der prozessnahen Komponenten mittlerweile abgekündigt waren, was die Instandhaltung zunehmend teurer und aufwändiger gestaltete. Ein neues Konzept stand im Raum. Schließlich übernahm der Automatisierungsexperte Rösberg Planung, Engineering und Lieferung einer Siemens PCS7 Automatisierungseinheit samt Lizenzen und notwendiger Peripherie sowie den erforderlichen Netzwerkkomponenten zur Integration weiterer Nebenanlagen wie z. B. Dampfversorgung, Wärmeversorgung und Kälteerzeugung. Das Detail-Engineering bestand dann im Wesentlichen aus Projektmanagement und Erstellung des Pflichtenhefts sowie dem durchgängigen Hard- und Softwareengineering von ca. 1 000 Messstellen, bei denen drei Viertel der Signale über TCP/IP- Kopplung verarbeitet wurden, sowie ca. 55 Bildern zur Visualisierung der Anlagen. Umbau- und Montageunterlagen wurden ebenso bereitgestellt wie eine umfassende Dokumentation. Ebenfalls wichtig waren die Abstimmungen mit dem Betriebspersonal der Energiezentrale, die Unterstützung bei der Montage- Koordination sowie die Prüfdokumentation. Zudem wurden diverse Systemtests (MAT/ FAT/SIT/SAT) durchgeführt, Loop-Checks vorbereitet und bei der Durchführung 40 VERFAHRENSTECHNIK 10/2020 www.verfahrenstechnik.de

MESSEN, REGELN, AUTOMATISIEREN 01 Zum Lieferumfang gehörten die zuvor spezifizierten Feld komponenten und die notwendigen Systemschaltschränke 02 Die neuen Kompressor-Kältemaschinen auf dem Dach der Energiezentrale unterstützt. Auch bei der Kalt-Inbetriebnahme halfen die Automatisierungsexperten. Und selbstverständlich gehörten auch Schulungen für das Betriebs- und Instandhaltungspersonal mit dazu. Modernisierung der Kälteanlage Marc Ehrentraut, Project Manager Process Automation bei der Rösberg Engineering GmbH, war hauptverantwortlich für die Modernisierung der Kälteanlage. Er erläutert: „Während wir das Prozessleitsystem einführten, sollten wir auch die Kälteerzeugung überarbeiten. Da gab es natürlich auch Berührungspunkte zwischen beiden Projekten, denn auch die neu aufgesetzte Kälteanlage musste ja in das neue PLS integriert werden. Wir haben daher als klare Schnittstelle zwischen den beiden Projekten zwei CPUs definiert, um Zuständigkeiten gut aufteilen zu können.“ Die vor ca. 25 Jahren installierte Kälteanlage war mittlerweile veraltet und immer näher an ihre Kapazitätsgrenze gekommen, deshalb war hier eine Modernisierung notwendig. Auch dieser Umbau war ein komplexes Projekt. Allein die für die Kälteanlage zu installierende Automatisierungstechnik verteilte sich über mehrere Stockwerke der Energiezentrale. Die besondere Herausforderung bei solchen Projekten besteht aus meiner Sicht darin, zu klären, welche Komponenten der Altanlage weiterverwendet werden, welche neuen ergänzt werden müssen und wie alt und neu zusammenspielen. Marc Ehrentraut, Rösberg Engineering GmbH Zusammen mit einem Fachplaner für Kältetechnik entschied Schwabe, die zwei vorhandenen Absorber-Kältemaschinen, die bislang im Gebäude montiert waren, durch vier Kompressor-Kältemaschinen auf dem Dach zu ersetzen. Die neue Infrastruktur sollte zudem so ausgelegt werden, dass sich bei Bedarf mit wenig Aufwand zwei weitere Kompressor-Kältemaschinen ergänzen lassen. Es galt, die vorhandenen elektromechanischen und automatisierungstechnischen Einrichtungen zu sanieren und zu großen Teilen zu ersetzen. Auch hier waren Experten gefragt, die sich um das umfangreiche Basic- und Detail-Engineering für die automatisierungstechnische Anbindung der neuen Anlagen und den Rückbau der Altanlage kümmern. Für die Bestandsaufnahme und für das spätere Basic- und Detail-Engineering nutzten die Automatisierungsexperten ihr hauseigenes PLT- CAE-System Prodok NG. Das System unterstützt einen integrierten Planungsprozess nach einheitlichen Regeln. Nach der Bestandsaufnahme konnte das Engineering der Prozessleittechnik starten. Alt trifft neu Für die Umrüstung der Kälteversorgung planten die Automatisierungsexperten nicht nur die nötige Gerätetechnik wie Sensoren, Aktoren und Ansteuerungskomponenten der Antriebstechnik, sondern auch deren Mess-, Steuer- und Regelungsfunktionen im PLS für den Arzneimittelhersteller. Im Detail waren hierzu in der Kälteversorgung ca. 250 PLT-Stellen umzuplanen und ca. 190 PLT-Stellen in 28 Teilanlagenbereichen mit ca. 455 Signalen neu einzuplanen. Für die neu anzulegenden PLT-Stellen musste zudem zuerst ein Kennzeichnungskonzept entwickelt werden, das sich in die vorhandene Equipment-Kennzeichnung integrieren lässt. Des Weiteren war es die Aufgabe der Automatisierungsexperten, die Kälteanlage in die neue Leitebene der Energiezentrale einzubinden und die entsprechenden Schnittstellen bereitzustellen. Zum Lieferumfang gehörten außerdem noch die zuvor spezifizierten Feldkomponenten und die notwendigen Systemschaltschränke der Automatisierungstechnik. Die Erstellung einer adäquaten und ausführlichen Dokumentation zu allen Punkten des Engineerings insbesondere der Erstellung von Montage- und Demontageunterlagen rundeten den Gesamtlieferumfang ab. Ehrentraut erläutert: „Die besondere Herausforderung bei solchen Projekten besteht darin, zu klären, welche Komponenten der Altanlage weiterverwendet werden können, welche neuen ergänzt werden müssen und wie alt und neu zusammenspielt. Spannend war dann auch, welche Komponenten scheinbar nur für die Kälteanlagen notwendig, bei näherer Betrachtung aber auch mit anderen Teilen der Energiezentrale verknüpft waren. Hier gilt es sehr genau hinzuschauen, damit keine Fehler entstehen.“ Mittlerweile ist die Modernisierung abgeschlossen. Schwabe ist mit der Umsetzung der Projekte sehr zufrieden und freut sich, einen Automatisierungsexperten in nächster Nähe gefunden zu haben. Fotos: Rösberg, Dr. Willmar Schwabe www.roesberg.com www.verfahrenstechnik.de VERFAHRENSTECHNIK 10/2020 41