Aufrufe
vor 5 Jahren

Verfahrenstechnik 10/2018

Verfahrenstechnik 10/2018

TOP-THEMA I TITEL

TOP-THEMA I TITEL Staubbelastung minimiert Sauger beseitigt Kunststoffe und Additive sicher und zuverlässig In der Anwendungstechnik der Vestolit GmbH in Marl werden PVC-Pulver unter Zugabe von Additiven zu Compounds vermischt und direkt auf verschiedenen Verarbeitungsmaschinen getestet. Der dabei anfallende Pulverstaub wird mit einem Staub-Ex-Sauger entfernt. Erfordernisse der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes in Bezug auf die Staubbelastung werden so zuverlässig eingehalten. 42 Millionen Tonnen PVC wurden 2016 weltweit verbraucht, und der Bedarf wächst weiter. Damit liegt PVC nach PE und PP auf Platz 3, was das Produktionsvolumen von Kunststoffen angeht. Aufgrund seiner Eigenschaftskombination ist der Werkstoff in einer Vielzahl von Produkten einsetzbar. In Deutschland sind rund 70 % aller PVC- Anwendungen für den Bausektor bestimmt. Dazu gehören Fensterprofile, Rohre, Fußbodenbeläge und Dachbahnen. PVC-Fenster sind witterungsbeständig, langlebig, pflegeleicht, wirtschaftlich und am Ende ihres Lebenszyklus rezyklierbar. PVC-Produkte entstehen aus einem weißen, geruchlosen Pulver, das bei der Weiterverarbeitung zu Halbzeugen oder Fertigartikeln mit Additiven vermischt wird. Diese Zu sätze erleichtern die Verarbeitung und bestimmen gleichzeitig die Eigenschaften der Fertigprodukte. Ihre Auswahl ist abhängig vom Verarbeitungsverfahren und den Anforderungen an die Endprodukte. Erst die Additive schaffen die Voraussetzungen für den Einsatz von Hart- und Weich- PVC bei der Herstellung von Produkten, die eine lange Lebensdauer aufweisen. Die Mischung macht‘s Für die Hersteller von PVC bedeutet das: Die Mischung macht‘s – und zwar die Mischung des pulverförmigen Polymers mit zum Beispiel Thermo- und UV-Stabilisatoren, Gleitmitteln und Pigmenten. Wer das beherrscht, kann maßgeschneiderte PVC- Sorten zur Marktreife entwickeln, und genau das gehört zu den Aufgaben der Anwendungstechnik von Vestolit im Chemiepark Marl. Autor: Gerald Scheffels M.A., Fachjournalist, Wuppertal 26 VERFAHRENSTECHNIK 10/2018

TITEL I TOP-THEMA 02 Mit diesem Staub-Ex-Sauger wird die Umgebung freigehalten von Polymer- und Additivpulvern 01 Für „Kleinarbeiten“ an den Anlagen wird eine (ebenfalls staub-ex-gerechte) Düse genutzt Die Vestolit GmbH betreibt dort Europas größte, voll integrierte PVC-Produktionsanlage mit einer Jahreskapazität von 400 000 Tonnen. Das seit 2014 zur Mexichem-Gruppe gehörende Unternehmen, das am Standort 720 Mitarbeiter beschäftigt, ist ein führender Anbieter von PVC- Spezialprodukten und kann zudem auf eine lange Tradition in der Produktion von Vinyl zurückblicken. Das beweist auch die großzügige, lichtdurchflutete Sheddach-Halle, in der die Anwendungstechnik untergebracht ist. Hier erproben die Techniker neue Compounds und Inhaltsstoffe. Das bedeutet konkret: Sie stellen dort die Produkte her, die ihre Kunden im industriellen Maßstab produzieren. Da Vestolit PVC und PVC-Compounds an führende Fensterprofil-Hersteller liefert, stehen den Mitarbeitern in der Anwendungstechnik u.a. auch zwei Extrusionsanlagen zur Verfügung, die ausschließlich zur Entwicklung und Prüfung entsprechender Compounds genutzt werden. Staub-Ex-Sauger statt Besen Weil diese Anlagen in einem Technikumsbetrieb häufig umgerüstet werden, bleibt es nicht aus, dass PVC-Compounds und andere Produktionsrückstände in die Umgebung gelangen können. Bei ihrer Beseitigung gibt es einen klaren Grundsatz: Gefegt wird nicht! Die Gründe erläutert Andreas Lübbering, verantwortlich für die Versuche mit PVC-Pasten im Technikum: „Qualität beginnt mit dem richtigen Auge für Sauberkeit. Deshalb saugen wir alle Rückstände sofort vom Boden oder von den Anlagen auf.“ Dass dabei Sauger mit Zulassung für Staub-Ex-Bereiche verwendet werden, hat gute Gründe: „Einige Additive, mit denen wir arbeiten, können sich elektrisch aufladen. Außerdem sind die chemischen Eigenschaften der bei uns verwendeten Zugabestoffe sehr unterschiedlich. Wir gehen deshalb auf Nummer sicher.“ Dafür hat man gute Gründe, die schon in der Gefährdungsbeurteilung mit Blick auf Rutschgefahren und einatembare Stäube berücksichtigt wurden: Die Gesundheit jedes einzelnen Mitarbeiters steht an vorderster Stelle. In den Produktionsbereichen von Vestolit in Marl kommen diverse Ruwac-Sauger zum Einsatz, einige von ihnen seit mehr als zwanzig Jahren. Die Anwendungstechnik hat vor Kurzem ein neues Gerät angeschafft: einen Sauger der DS-Serie mit 2,5 kW-Antrieb für Staub-Ex-Zone 22. Da der Sauger unterschiedlichste Substanzen aufnimmt, haben die Verantwortlichen bei der Auswahl der Filterklasse und damit der Rückhalterate bzw. des Durchlassgrades der Filter hohe Maßstäbe angesetzt. Mit einem Taschenfilter der Staubklasse M, der einen Reststaubgehalt von 0,1 mg/ m 3 erreicht, ist Vestolit auf der sicheren Seite, was den Gesundheitsschutz der Mitarbeiter betrifft. Das gilt auch deshalb, weil die Filter der Ruwac-Sauger grundsätzlich großzügig dimensioniert sind. Und die Staub-Ex-Ausführung schafft die Voraussetzung dafür, dass das Aufsaugen von explosiblen Stäu- ben nicht zu einer Explosion bzw. einem Brand im Sauger führt. Auch das Zubehör des Saugers im Technikum von Vestolit ist geeignet für Einsätze in explosionsgefährdeten Bereichen. Z.B. ist der elastische Kunststoff, aus dem die Gummidüse zum Absaugen von Ecken und Ritzen gefertigt wird, mit Grafit und Ruß „additiviert“ und damit elektrisch leitfähig. Hier kommt also dasselbe Grundprinzip zum Einsatz wie bei der maßgeschneiderten Anpassung der PVC- Polymere an den jeweiligen Anwendungsfall. Die Kunst des Compoundierens Bevor neue Compounds in den Verarbeitungsmaschinen getestet werden, müssen sie zunächst einmal erzeugt werden. Das geschieht in der Compoundieranlage der Anwendungstechnik. Idealerweise erzeugt sie eine homogene Materialpräparation, bei der sich die Zugabestoffe an jedes Polymerkorn anlegen. Um das zu gewährleisten, wird in zwei Stufen gemischt. Andreas Lübbering: „Zuerst wird das Roh-PVC in einem Heißmischer mit Additiven versetzt und bis 120 °C aufgeheizt. Danach wird die Mischung zur Abkühlung in den angeschlossenen Kühlmischer geleitet.“ Hier lässt sich nicht vollständig verhindern, dass die meist pulverförmigen Materialien in die Umgebung gelangen. Deshalb kommt der neue Staub-Ex-Sauger auch an dieser Anlage zum Einsatz. Fotos: Fotolia (#201348239), Ruwac www.ruwac.de VERFAHRENSTECHNIK 10/2018 27