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Verfahrenstechnik 1/2020

Verfahrenstechnik 1/2020

KOMPONENTEN UND SYSTEME

KOMPONENTEN UND SYSTEME Eine zweite Haut Drehkolbengebläse für die Be- und Entladung von Containern Durch ein neues Verfahren können Standard-Container als Transport- und Lagermittel für Schüttgut verwendet werden. Dabei werden Zeit- bzw. Kostenersparnisse bei der Be- und Entladung dieser Container erreicht. Mobile Gebläse sorgen für einen effizienten Betrieb. Gerade auf kurzen bis mittellangen Strecken sind Silo-Lkws ein bewährtes Mittel, um Stäube, Pulver und Granulate auf die Straße – und damit in die Logistikkette – zu bringen. Gehen die Produkte auf große Fahrt, liegt das Silo nicht mehr auf seinem Auflieger hinter einer Zugmaschine, sondern wird in den Rahmen eines Seecontainers an Bord eines Frachters integriert. Solche firmeneigenen Container-Silo- Lösungen haben Autor: Thorsten Sienk, freier Fachredakteur, Bodenwerder aber den Nachteil, dass sie nach dem Entladen – leer – wieder zurück ins Werk müssen. Die Frachtkosten fallen entsprechend hoch aus. Siloadmaxx aus dem rheinlandpfälzischen Hilgert hat ein richtungsweisendes Verfahren entwickelt, um Siloware staubdicht in ISO- Containern zu verladen. Das Be- und Entladen der Container erfolgt pneumatisch und Si lo admaxx setzt dazu Gebläsetechnik von Aerzen ein. „Der Standardseecontainer ist das günstigste Transportmedium auf der Welt. Container werden von den Reedern in der Regel gemietet und nach dem Entladen im Empfängerhafen einfach wieder abgegeben“, erklärt Christian Hanses, Geschäftsführer der Firma Siloadmaxx. „Ein Druckbehälter dagegen gehört immer irgendjemandem.“ Während also die Transport-Umverpackung – der Standardcontainer – einfach im Zielhafen bleibt, „muss der voll nach China gelieferte Druckbehälter leer wieder zurück zum Versender“. Dieser Effizienzverlust in der Logistikkette – ver- bunden mit entsprechend hohen Kosten – hat zur Idee geführt, die Silotechnik neu zu durchdenken und auf überaus effektive Weise in den See container zu integrieren. Siloadmaxx heißt das neue Verfahren des Wir schützen mit unserem Verfahren die Ware vor dem Container und den Container vor der Ware. Christian Hanses, Geschäftsführer, Siloadmaxx gleichnamigen Unternehmens hinter dem Christian Hanses als findiger Kopf und Geschäftsführer steht. Perfekter Schutz Das Ziel bei der Entwicklung von Siloadmaxx bestand darin, das Ladevolumen von

KOMPONENTEN UND SYSTEME 01 01 Beim Beladen wird die mobile Einheit an den Container gehängt und fluidisiert die Fracht wieder, mit gezielten Druckluftströmen am Boden des Containers 02 Die anschlussfertigen Drehkolbengebläse lassen sich dank Frequenzumrichter präzise regeln Schleuseraum Lock area Stütze Support Anschluss Materialleitung Connection hose Filteranlage Filter system Füllrohr Filling Pipe Schutztür Safety gate Laderaum Loading area Maschinenraum Machine room ISO-Container Dichtrahmen Sealing frame Bedienstand Control station 02 20-, 30- und 40-Fuß-Containern bis zum Dach ausnutzen zu können – und dies ohne aufwändig zu befüllende Big-Bags, Spezialboxen oder Säcke auf Palette. Hierbei kam das Unternehmen auf die Idee, im Inneren des Standardcontainers einen sogenannten Liner-Bag zu verwenden. „Ich vergleiche den reißfesten PE-Sack gerne mit einer zweiten Haut. Diese schmiegt sich während des Beladens an die Containerwand an und schützt so die Fracht vor Verunreinigungen und Feuchtigkeit“, erklärt Hanses. In diesen gegenüber der Containerwand hermetisch abgedichteten Raum bläst dann eine teleskopierbare Ladelanze die Ware ein. „Dafür brauchen wir knapp eine halbe Stunde bei einem 20-Fuß-Container und eine Stunde für die 40er- und High-Cube- Container“, berichtet der Geschäftsführer. Die Gebläseaggregate von Aerzen Typ Delta Blower liefern dafür einen Volumenstrom von bis zu 1 000 m 3 /h und transportieren das über eine Zellenradschleuse dosierte Material mit einer Geschwindigkeit von max. 35 m/s in den Container. Unter Druck Für Hanses ist Luft „ein riesiges Thema, weil wir unter Druck beladen“. „Wir bringen Schüttgüter in einen hauchdünnen Sack. Das Material würde den Sack aber wie beim Sandstrahlen zerstören, wenn dieser nicht eng an der Wand anliegt. Wir beginnen deshalb auch in der Mitte des Containers den Materialstrom aufzubauen, damit die Wände nicht beschädigt werden.“ Die Positionierung der teleskopierbaren Fülleinheit wird dabei vollautomatisch gesteuert. Die Automation reicht so weit, dass sich die von Silomaxx entwickelten Einheiten in das zentrale Warenwirtschaftssystem vor Ort einbinden lassen und deren SPS eigenständig die Zellenradschleusen der angeschlossenen Siloanlagen steuert. Das Verfahren arbeitet so effektiv, dass sich das Ladevolumen bis ganz knapp unter das Dach quasi vollständig ausnutzen lässt. Aufgrund der unterschiedlichen Materialien mit variierenden Dichten, chemischen Eigenschaften und spezifischen Gewichten ist beim Beladen der Standardcontainer eine Gebläsetechnik gefragt, die sich ebenfalls über die SPS der Beladeeinheit in puncto Volumen und Druck präzise anpassen lässt. Siloadmaxx setzt dafür dezentral aufstellbare Gebläseaggregate von Aerzen ein, u. a. den Typ BVO 100 von der Aerzen Rental (GM 25 S). Die anschlussfertigen Drehkolbengebläse liefern Volumenströme zwischen 624 und 1 452 m 3 /h, bei Differenzdrücken zwischen 50 und 1 000 mbar. Die mobilen Einheiten lassen sich dank Frequenzumrichter präzise regeln – ein wichtiges Kriterium, um unterschiedliche Materialien sicher und schnell in den Container zu bringen. Typische Produkte sind Zement, Ruß, Quarzsand oder Kunststoffzwischenprodukte wie Polyvinylbutyral (PVB) – ein Stoff, der zum Beispiel als Schmelzklebstoff in Form von Zwischenfolien bei Verbundsicherheitsglas zum Einsatz kommt. Das Material muss dafür angesichts der strengen Qualitätsanforderungen der Automobilindustrie absolut frei von Verunreinigungen sein. Wirksamer Ex-Schutz Abseits der reinen pneumatischen Kennzahlen hat sich Siloadmaxx auch deshalb für die Gebläsetechnik von Aerzen entschieden, weil Gebläseaggregate der Reihe Delta Blower konstruktionsbedingt über integrierte Funkenfänger verfügen. Dieses Detail bekommt eine hohe sicherheitstechnische Bedeutung, weil Stäube aus Kunststoff oder reinem Kohlenstoff, wie bei Ruß, immer ein hohes Explosionspotenzial an den Tag legen und folglich eine Atex-Einstufung mit sich ziehen. „Die Liner-Bags sind deshalb mit elektrischen Ableitungen versehen, die elektrostatische Aufladungen durch die Reibung der Staubpartikel verhindern. Das hilft uns aber wenig, wenn die Gebläse bei einer Störung Funken durch die Leitung schicken“, erklärt der Geschäftsführer. Das Risiko der Funkenbildung besteht theoretisch dann, wenn sich die Drehkolben beim Delta Blower oder die Rotoren eines Schraubenverdichters (Delta Screw) berühren, z. B. bei einem Lagerbruch. Durch den besonderen konstruktiven Aufbau der Aerzener Schalldämpfer als Resonatoren (absorptionsmittelfrei) werden diese Funken zuverlässig gestoppt und verlöschen. „Die Funkenfänger sind bei Aerzen vom Tüv zertifiziert. Das hat uns ein weiteres Mal überzeugt.“ Und was kommt nach dem Beladen? Für das Entladen beim Kunden setzt Siloadmaxx ebenfalls auf Druckluft – und Gebläse von Aerzen. Hier hat die Luft die Aufgabe, das stark verdichtete Transportgut wieder fließfähig zu machen. Sein Unternehmen hat dafür das Container- Quick-Flow-System (CQF) entwickelt. Die mobile Einheit wird an den Container gehängt und fluidisiert die Fracht wieder, mit gezielten Druckluftströmen am Boden des Containers. Fotos: Aerzener Maschinenfabrik www.aerzen.com VERFAHRENSTECHNIK 1-2/2020 27