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Verfahrenstechnik 03/2020

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Verfahrenstechnik 03/2020

Raffinierte Lösung

Raffinierte Lösung 80-GHz-Radarsensoren überwachen die Anlieferung von Pflanzenöl Bei einem niederländischen Hersteller von Pflanzenölen und -fetten überwachen 80-GHz- Radarsensoren kontinuierlich die Mengen der angelieferten Basis-Öle. Die Raffinerie hat damit eine Lösung etabliert, die trotz starker Gasbildung des transportierten Mediums zuverlässig misst. Sie sichert die sehr hohe Verfügbarkeit, die eine unterbrechungsfreie Produktion rund um das sensible Medium ermöglicht. Autor: Doug Anderson, Marketing Manager, Vega Controls Ltd., Burgess Hill, Großbritannien Der Transport der Ölsaaten zu den Ölmühlen bei Europas größtem Hersteller von Pflanzenölen und -fetten, Sime Darby, erfolgt größtenteils mit Binnenschiffen, daher liegen die meisten Ölmühlen an Häfen und großen Wasserstraßen. Die enormen Ausmaße des Rotterdamer Hafens lassen sich am besten mit Zahlen ein wenig verständlicher machen: Gut 460 Mio. t an Waren werden dort jährlich umgeschlagen. Eine Menge, für die jedes Jahr etwa 30 000 Hochseeschiffe und rund 110 000 Binnenschiffe einlaufen. Kein Wunder also, dass rund um diesen mit Abstand größten Hafen Europas viele Unternehmen ihr Engagement ausbauen. So lebt und wächst auch das Industriegebiet Zwijndrecht von der Nähe zum Hafen, in dem der führende europäische Anbieter von natürlichen Pflanzenölen seinen Sitz hat: Die niederländische Sime Darby Unimills. Binnentankschiffe können ihm hier die Ausgangsstoffe für seine Produktion anliefern. In den Zwijndrechter Öl- und Fettraffinerien verarbeitet das Unternehmen diese nach den unterschiedlichsten Methoden zu über 250 individuellen Produkten weiter. So beliefert es die Lebensmittelindustrie mit bedarfsgerecht maßgeschneiderten Öl- und Fettzutaten. Leistungsfähige Prozesse Sime Darby betreibt in Malaysia fast 600 000 ha Plantagen mit Ölpalmen und verarbeitet seine Ernte vollständig in eigenen Mühlen. Das hat den Vorteil, die Ware von der Anpflanzung bis zum nach Kundenwunsch konfektionierten Endprodukt nachverfolgen und zertifizieren zu können. Um im Markt seine führende Rolle zu behaupten, sind Effizienz und Flexibilität wesentliche Erfolgsfaktoren. Leistungsfähige Prozesse sind hierfür die Grundvoraussetzung: Von der Lagerung, über die sorgfältige Raffination, Hydrierung bis hin zur Umesterung – einem Verfahren, in dem die physikalischen Eigenschaften des Fetts den kundenspezifisch gewünschten Funktionalitäten angepasst und entsprechend modifiziert werden. Das Rückgrat seiner hochmodernen Produktion bildet bei Sime Darby die exakte Überwachung der angelieferten Grundstoff-Mengen. Die genaue Reichweite der Bestände ist die Basis der sicheren Supply- Chain. Weil der Rohstoff sensibel und von limitierter Haltbarkeit ist, sollte er möglichst frisch verarbeitet werden. Schon während der Lagerung und des Transports können sich freie Fettsäuren bilden, die die Verwendungsfähigkeit möglicherweise beeinträchtigen. Kontinuierliche Überwachung Wurden die Liefermengen, die die Schiffe verließen, bis vor wenigen Jahren noch per Stichprobe ermittelt, so entschied sich das Unternehmen inzwischen für die kontinu- 34 VERFAHRENSTECHNIK 3/2020

TITEL I MESSEN, REGELN, AUTOMATISIEREN ierliche Überwachung der Füllstände seiner Lagerbehälter mit 80-GHz-Radar-Füllstandmessung. Gerrit van den Burg, Projektleiter für Instrumentierung bei Sime Darby Unimills (SDU), fasst die Gründe dafür zusammen: „Unsere Beziehung zu den Transportunternehmen war immer sehr gut, aber die manuelle Probe- Entnahme hat uns viel Zeit und Geld gekostet.“ Mit dem kontinuierlichen Überblick über die aktuellen Bestände auf der Basis der zuverlässigen Messergebnisse von 80-GHz-Radarsensoren ist Sime Darby Unimills nun in Echtzeit auf dem Laufenden. Die genaue Messung der Durchflussmenge vom Schiff in die Lagertanks liefert die Daten, auf deren Basis die Anlieferung der sensiblen Rohstoffe nun punktgenau geplant werden kann. Was in der Theorie einfach klingt, kann in der Praxis durchaus seine Tücken haben. Im Falle des angelieferten Öls entstehen beim Abpumpen Luftblasen, die das Messergebnis der Flüssigkeit beim Durchfluss vom Schiff in die Lagertanks verfälschen. „Nicht nur Flüssigkeit wird aus dem Schiff gepumpt“, erläutert van den Burg das Problem. „Die enthaltenen Luftblasen müssen beseitigt werden, bevor die Flüssigkeit das Messgerät passiert. Ansonsten kann kein genaues Messergebnis erzielt werden.“ Bei Sime Darby Unimills wird deshalb die Flüssigkeit zunächst durch einen stehenden, zylindrischen Behälter geleitet. Hier wird sie entgast und so sichergestellt, dass nur das reine Medium gemessen wird. Radar ist verlässlich Der Entgasungsprozess wiederum funktioniert nur, wenn eine vorgegebene Min.-/ Max.-Befüllung des Behälters eingehalten wird. Ist der Füllstand zu hoch, kann die Funktion des Entgasers beeinträchtigt werden. Ist er zu niedrig, verlangsamt sich der Entladevorgang vom Schiff unnötig. Der Füllstand muss also durch permanente Überwachung gesteuert werden. Die Flüssigkeitsdichte ist aufgrund der mitgeführten Luft nicht konstant, was viele Technologien ausschließt, die eine gleichbleibende Dichte oder elektrische Eigenschaften erfordern, wie z. B. Druck-, Schwimmer-, kapazitive oder Verdrängerbasierte Techniken. Auch der Tankinnendruck kann sich schnell ändern, weshalb etwa Ultraschallsensoren nicht in Frage kommen. Somit stellt Radar die verlässlichste Methode für diese Art Behälter dar. Ein weiterer Vorteil: Aufgrund der geringen Behälter größe, die eine häufige Nachbefüllung erfordert, sollte die Messung möglichst echtzeitnah erfolgen. Auch das kann Radar leisten. Eine zuverlässige berührungslose Füllstandmessung mit Radar hängt von vielen Faktoren ab. Beim Entgasungsbehälter sind gleich mehrere Herausforderungen zu meistern. Er ist schmal und hoch; sein Zulauf befindet sich auf halber Höhe und erzeugt dort Strömung und Verwirbelungen. Eine herkömmliche Radarmessung mit 26 GHz würde solche „Störungen“ der Oberflächenbeschaffenheit mit ihrem breiteren Abstrahlwinkel registrieren und womöglich fehlerhafte Messergebnisse abliefern. Ganz anders die Leistung eines Radarsensors mit 80 GHz mit dementsprechend schmalerem Abstrahlwinkel. Dieser lässt sich so ausrichten, dass er an den turbulentesten Stellen einfach vorbeimessen kann. Lösung mit Fokussierung Der Abstrahlwinkel eines Radarsensors wird durch seine Antennengröße und seine Frequenz bestimmt. Da im Falle des Entgasungsvorgangs der Behälter eine größere Antennenoberfläche nicht zuließ, wurde die Möglichkeit, ein Füllstandmessgerät mit der hohen Frequenz von 80 GHz einsetzen zu können, zum entscheidenden Faktor. Durch seine Fokussierung kann der eingesetzte Vegapuls 64 bis zum Behälterboden messen. Die sehr kleine 1½"-Ausführung erreicht einen Abstrahlwinkel von nur 7°. Mit diesem guten Wert bleibt vom Zulauf nur ein minimales Störecho übrig. Das bestätigen die Echodiagnosen, die die Betreiber regelmäßig durchführen. Auch durch den großen Dynamikbereich des Sensors erreichen die Messwerte eine sehr gute Zuverlässigkeit von 35 dB. „Das ist eine Signalstärke, mit der wir sehr gut arbeiten können, um 01 Auf dem Öl-Entgaser ließ sich der Flansch des 80-GHz-Radarsensors mit einem 1½" BSP-Gewinde ganz einfach installieren den Füllstand korrekt zu bestimmen und zu verfolgen“, lautet die Erfahrung von Sime- Darby-Ingenieur van den Burg. Hochfrequenzradar eignet sich besser für Flüssigkeiten mit einer kleinen Dielektrizitätszahl als ein Niederfrequenzradar. „Es sind die verschiedenen Eigenschaften dieses speziellen Radarmessgerätes, die zusammen eine sehr gute Lösung darstellen“, fasst van den Burg zusammen. „Eine hohe Frequenz, ein sehr kleiner Abstrahlwinkel und ein großer Dynamikbereich. Das bedeutet, dass sich auch in einem kleinen, schmalen Tank ein Medium mit geringer Dielektrizitätszahl und turbulenter Oberfläche zuverlässig messen lässt.“ Sein Fazit: „Mit 80-GHz-Radar wissen sie bei Vega wirklich, was sie tun. Das Gebiet der ultrahochfrequenten Radarmessung ist noch relativ neu, aber Vega gehört zu den Anbietern, die Erfahrung mit dieser Technik haben.“ Fotos: Vega www.vega.com 02 Füllstand/Abstand gegen Signalstärke: die hohe Signalamplitude zeigt an, dass der Radarsensor mit 80 GHz trotz der turbulenten Oberfläche durch den Zufluss und den geringen Reflexionsgrad des Öls mühelos über die komplette Tankhöhe misst VERFAHRENSTECHNIK 3/2020 35