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Verfahrenstechnik 9/2018

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MESSEN, REGELN,

MESSEN, REGELN, AUTOMATISIEREN Nichts für Weichlinge Radiometrische Massenstrommessung sorgt für genaue Beschickung im Kalkwerk Förderbänder arbeiten schnell und transportieren große Mengen Gestein. Wenn die Steine den Brecher in unterschiedlichsten Fraktionen verlassen, geht es richtig zur Sache. Die dort eingesetzten Komponenten dürfen nicht empfindlich sein. Für eine genaue Massenstrommessung entschied sich der Betreiber eines Kalkwerks daher für eine radiometrische Messung. Autorin: Natalie Waldecker, Produktmanagerin Radiometrie, Vega Grieshaber KG, Schiltach Die Lhoist-Gruppe ist ein weltweit führendes Unternehmen für gebrannte und ungebrannte Kalkprodukte. Dabei ist Rheinkalk die deutsche Unternehmung der Lhoist-Gruppe. Deren Werk Flandersbach in Wülfrath gilt als das größte Kalkwerk Europas. Hier werden jährlich rund 7,5 Mio. t Kalkstein gefördert. Die Produktion von ungebrannten Kalksteinerzeugnissen beträgt in Wülfrath ca. 4 Mio. t. Dabei wird der Kalkstein entweder als Split für den Straßenbau verwendet oder er wird gemahlen und weiterverarbeitet. Besonderes Markenzeichen des Werkes Flandersbach ist die sehr hohe Qualität des gebrannten Kalks. Pro Jahr verlassen ca. 2 Mio. t dieses Materials das Werk, wo sie teilweise auch noch weiter veredelt werden. Bekannt ist Kalk vor allem als Zuschlagstoff in der Stahlindustrie. Aber auch in der Trinkwasseraufbereitung, in Kläranlagen, in Bau- und Landwirtschaft oder bei der Rauchgasreinigung sind Kalk und Kalksteinprodukte ein unverzichtbarer Rohstoff. Dabei sind die Qualitätsansprüche an das Endprodukt in den vergangenen Jahren immer weiter gewachsen. So muss die von den Kunden vorgegebene Korngröße genau eingehalten werden. Gleichzeitig werden die Lieferzeiten immer kürzer. Dies hat zur Folge, dass auch die Mengen immer genauer erfasst werden müssen. Gezielte Beschickung Zunächst wird das Rohmaterial in den Steinbrüchen als Kalkstein gewonnen. Die Kalksteine werden mit Schwerkraftwagen zu einer Aufbereitungsanlage gebracht. Dort werden sie vorgebrochen, gewaschen, nach Größe vorsortiert und auf verschiedene Lager verteilt. Von dort aus wird das Gestein weiter veredelt oder dem Brennbetrieb zugeführt. Im Brennbetrieb wird mithilfe von Dreh- und Schachtöfen aus dem Rohsteinprodukt ein Kalkprodukt erzeugt. Am Ende des Produktionsprozesses entstehen gebrannte Produkte für die verschiedensten Anwendungsfälle. Zahlreiche Förderbänder mit unterschiedlichen Längen von wenigen Metern bis zu einem Kilometer sorgen dafür, dass die Kalksteine in den unterschiedlichsten Bearbeitungszuständen an den richtigen Ort zur weiteren Bearbeitung gelangen. Die Umgebungsbedingungen sind ausgesprochen rau. Mit großen Geschwindigkeiten bis ca. 4 m/s transportieren die Bänder 26 VERFAHRENSTECHNIK 9/2018

MESSEN, REGELN, AUTOMATISIEREN 01 Unterschiedliche Sensoren ermöglichen die optimale Anpassung an die jeweilige radiometrische Messaufgabe 02 Das Messsystem lässt sich einfach nachträglich montieren, ist berührungslos und damit verschleiß- und wartungsfrei Steine mit einem Durchmesser von 0–250 mm. Die Förderleistung beträgt bis zu 4 000 t/h. Feuchtigkeit, Staub und Schmutz sind an der Tagesordnung. Dennoch benötigt man für eine gezielte Beschickung der Folgeanlagen die genaue Messung dieses Massenstroms. Es sind daher an den Transportbändern mechanische Bandwaagen angebracht, um die durchlaufenden Mengen zu erfassen. Diese sind allerdings anfällig gegenüber Schmutz und zeichneten sich durch hohen Wartungsbedarf aus. Sie müssen alle paar Wochen überprüft und gereinigt werden, was mit erheblichen Instandhaltungs kosten verbunden ist. Zudem haben Bandwaagen einen hohen Platzbedarf. Sie benötigen sowohl Vorlauf- wie auch Nachlaufstrecken und müssen eben aufgestellt werden. Es gibt daher Bänder, an denen mechanische Bandwaagen trotz intensiver Wartung nicht optimal funktionieren bzw. überhaupt nicht installiert werden können. Hart im Nehmen Das Schiltacher Unternehmen Vega ist schon seit über 20 Jahren Partner von Lhoist und hat zahlreiche Sensoren am Standort Flandersbach installiert. Im Mai 2014 empfahl Vega zunächst eine Probemessung mit dem radiometrischen Messprinzip Weightrac 31. Diese Sensoren haben sich vor allem in Einsatzbereichen, die stark verschmutzt, feucht und staubig sind, bewährt. Zudem sind die Sensoren mechanisch unempfindlich und wartungsarm. Über das radiometrische Messprinzip lassen sich Füllstände, Dichte, Massenströme und Grenzwerte an den unter- schiedlichsten Orten erfassen, etwa in Förderbändern oder in Förderschnecken, in Bunkern, Silos, Becken oder Rohrleitungen. Der Weightrac 31 zur Massenstrombestimmung arbeitet aber auch als Positionsbzw. Wegabschaltung und als Überschüttungsüberwachung. Neben der Massenstrombestimmung am Förderband ist die Dichte-Bestimmung eine der Hauptanwendungen in dieser Branche. Das System besteht aus einem Szintillations-Detektor und einer radioaktiven Quelle, die sicher umschlossen in einem Strahlenschutzbehälter verbaut ist. Dabei sendet ein minimal radioaktives Isotop gebündelte Gammastrahlen aus, die das Schüttgut durchdringen. Der Empfänger, der unterhalb des Bandes angebracht ist, empfängt diese Strahlung. Da Gammastrahlen beim Durchdringen von Materie abgeschwächt werden, kann der Empfänger aus der Intensität der ankommenden Strahlung zusammen mit der Geschwindigkeit des Förderbandes den Massenstrom berechnen. Die Geschwindigkeit kann als Festwert im System hinterlegt oder durch ein Laufrad gemessen werden. Zuverlässige Messung Dank seiner Rahmenkonstruktion bietet der Weightrac 31 eine einfache und nachträgliche Montagemöglichkeit am Förderband. Da es sich um eine berührungslose Messung handelt, gibt es keine Probleme mit dem Verschleiß. Die radiometrische Messung, die extrem wenig Raum im Vergleich zur traditionellen, mechanischen Bandwaage erfordert, macht eine zuverlässige Messung auch bei schwankender Bandspannung und Vibration möglich. Dadurch lassen sich die Feststoffe exakt bilanzieren. Die Anschaffungskosten einer Weightrac-Messung sind vergleichbar mit Die Instandhaltungskosten einer radiometrischen Messung gehen nach der Inbetriebnahme auf ein Minimum zurück. Natalie Waldecker denen einer Bandwaage. Allerdings gehen die Instandhaltungskosten einer radiometrischen Messung nach der Inbetriebnahme auf ein Minimum zurück. Um auf Nummer sicher zu gehen, testete Rheinkalk das neue Messprinzip einige Wochen auf Herz und Nieren. Die Ergebnisse waren überzeugend, sodass man das Gerät gleich an Ort und Stelle ließ. Mehr noch, inzwischen wurden sechs weitere radiometrische Messungen von Vega installiert. Fotos: Fotolia (#99873642, Sergey Chernov), Vega www.vega.com VERFAHRENSTECHNIK 9/2018 27