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Verfahrenstechnik 7-8/2016

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Verfahrenstechnik 7u8/2016

MESSEN, REGELN,

MESSEN, REGELN, AUTOMATISIEREN Ohne Stillstand Schaltschranklösung erlaubt Wartung bei laufendem Betrieb und unter Atex-Bedingungen Heiko Kurtz Im Auftrag eines internationalen Textilchemie-Konzerns wurde eine maßgeschneiderte Schaltschrankplattform für die pneumatische Automatisierung der prozesstechnischen Anlagen konzipiert. Am Huntsman-Standort in Langweid am Lech arbeiten etwa 230 Mitarbeiter, die auf 25 Produktionslinien über 300 verschiedene Ausrüstungschemikalien für Bekleidung, Heimtextilien, technische Textilien und den digitalen Textildruck herstellen. Eine Produktionsstätte dieser Größenordnung erfordert natürlich umfassende und regelmäßige Wartung. Vor allem die Sicherheitstechnik steht dabei in der chemischen Industrie im Mittelpunkt, wo viel mit entzündlichen und explosionsgefährlichen Stoffen gearbeitet wird. Autor: Heiko Kurtz, Field Segment Manager Atex-Solutions, Christian Bürkert GmbH & Co. KG, Ingelfingen Vor gut einem Jahr wurde am Standort eine Anlage, auf der 30 verschiedene Produkte hergestellt werden, modernisiert und mit einem neuen emaillierten Kessel ausgestattet. Dabei wurde auch veraltete Steuerungstechnik ausgetauscht und ein neues Prozessleitsystem eingeführt. Mit der Aufgabe ,eine dezentrale Lösung zur Ansteuerung der Prozessventile zu konzipieren und die alten Schützsteuerungen abzulösen, wurden die Fluidik-Experten von Bürkert beauftragt. Geringer Installationsaufwand Für die pneumatische Modernisierung der Kesselanlage kam eine komplett vormontierte, anschlussfertige und Atex-zertifizierte Schaltschrank-Systemlösung für die Feldautomation zum Einsatz. Die Zulassung zur Errichtung in Ex-Zone 1 und die direkte Anbindung an den neuen Leitrechner über Profibus waren wesentliche Voraussetzungen für die Vergabe des Auftrages. Der eingesetzte Schaltschranktyp 8616 hat eine eigene Systemzulassung für den Einsatz in explosionsgefährdeten Umgebungen der Zone 1. Die Systemzulassung PTB 13 Atex 1010 X für den Schaltschrank entspricht der Schutzart Ex e (Gehäuse mit Schutzart erhöhte Sicherheit). Sämtliche notwendige Zertifizierungen und Baumusterprüfbescheinigungen liefert Bürkert gleich mit. Der Kesselraum der Produktions anlage liegt in der Zone 1, der Rest der Batch- Anlage in der Zone 2. Im Schaltschrank wurde das Remote- I/O-System ET200iSP von Siemens eingesetzt. Es ist für den Einsatz in Zone 1 zugelassen und hat eine wichtige Besonderheit: Innerhalb einer Schaltschrankinstallation ist die Inte gration von fehlersicheren und eigensicheren Signalen möglich, die Baugruppen können also auf einer Station gemischt werden, was eine deutliche Ersparnis an Platz und vor allem Installationsaufwand bedeutet. Der Verkabelungsaufwand ist denkbar gering, da nur die Stromversorgung und Profibuskabel angeschlossen werden müssen. Die Kompaktlösung schickt die Signale von der Magnetventilansteuerung über die Ventilinseln in Zone 1 mittels Profibusansteuerung direkt ins Leitsystem. Weitere steuerungstechnische Funktionen können über eigensichere digitale und analoge I/Os mithilfe der ET200iSP kompakt und dezentral innerhalb eines einzigen Schrankes im Ex-Bereich abgewickelt werden. Durch die extrem hohe pneumatische Kanaldichte im Schrank entsteht viel elektrische Verlustleistung auf geringem Raum, die zu einer hohen Eigenerwärmung im Schaltschrank führt. Dieses Problem lösen die Systemexperten von Bürkert durch geschickte Auswahl und Anordnung aller Komponenten. Im Schaltschrank für Huntsman hat Bürkert auf der oberen Zeile alle „normalen“ pneumatischen Signale zusammengefasst. Zusätzlich finden sich ET200iSP Karten für digitale und analoge Ein- und Ausgangssignale. Unterschiedliche Ventilfunktionen, zum Beispiel 3/2-Wege und 5/2-Wege, sind auf einer Station gemischt. Alle Signale sind eigensicher und ein Druckschalter überwacht die Zuluft. Auf der unteren Zeile wurden sechs pneumatische Segmente gebildet, die alle über jeweils ein Sicherheitsventil vom Typ 6518 pneumatisch versorgt im Notfall sicher abgeschaltet werden können. Der Typ 6518 erfüllt die Anforderung für SIL 2. Die Blöcke können somit über ein externes 24-V-Signal abgeschaltet werden. Gleichzeitig wird die Luftversorgung des Ventilblocks Typ 8640 mit den Sicherheitsventilen und den nachgeschalteten Segmenten auf der Ventilinsel Ty 8650 per Druckschalter überwacht.

MESSEN, REGELN, AUTOMATISIEREN 02 Das modulare elektropneumatische Automatisierungssystem Airline Ex Typ 8650 ist für den Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen (Zone 1/ 21) geeignet 01 Auf der oberen Schaltschrankzeile sind alle pneumatischen Standardsignale zusammengefasst; auf der unteren Zeile wurden sechs pneumatische Segmente gebildet, die über ein separates Sicherheitsventil pneumatisch versorgt werden 03 In den alten Schränken war aufgrund der Baugröße der Ventile nur eine begrenzte Zahl an pneumatischen Signalen möglich Pneumatischer Hot-Swap Alle Signalein- und -ausgänge der ET200iSP und alle Ventile im Schaltschrank sind eigensicher und erlauben dadurch die Durchführung von Arbeiten und Wartungsmaßnahmen bei laufendem Betrieb und unter Atex-Bedingungen. Diese hohe Verfügbarkeit wird durch die in den Ventilgrundblock integrierte pneumatische P-Absperrung ergänzt. Das bedeutet: Zusätzlich zum elektrischen Hot-Swap kann auch ein pneumatischer Hot-Swap durchgeführt werden. Auf den beiden ET200iSP-Zeilen im Schrank werden sämtliche eigensichere und fehlersichere Signale aus den Pro duktions prozessen überwacht, verarbeitet und an das übergeordnete Prozessleitsystem gemeldet. Mit dem Remote-I/O-System besteht dann eine durchgängige Lösung bis auf die Feldebene. Prozesssignale aus dem Feld, wie die Überwachung der Steuerluftversorgung in den Schränken, werden über die ET200iSP abgefragt, ebenso die Stellungsrückmeldungen der Prozessventile sowie Schalter und Meldeleuchten für den Handbetrieb von Prozessventilen. Die Ventilinsel im Schaltschrank steuert Prozessantriebe, Kugelhähne, Klappen, Dreiwege- und Membranventile. Flexibilität im Schaltschrank Für die Steuerung der pneumatischen Funktionen setzt Bürkert den ebenfalls Atex- zer tifizierten Ventilblock Typ 8640 ein. Der Typ 8640 ist durch den konsequent modu la ren Aufbau seiner pneumatischen und elektrischen Schnittstellen zur Lösung komplexer Steuerungsaufgaben geeignet. Durch Anreihung der Pneumatikmodule mit unter schiedlicher Anzahl von Ventilen sind Ventil funktionen von 2 bis 64 auf einer Ventilinsel realisierbar. Die Gehäuse- und Verbindungsmodule werden aus hochwertigen Materialien gefertigt und sind durch die integrierte Rasttechnik einfach zu verbinden und zu lösen. Der Ventilblock 8640 mit 32 mm breiten Ventilen vom Typ 6518 dient als Sicherheitsventilblock mit gemeinsamer P-Versorgung und Drucküberwachung zur Abschaltung der pneumatischen Segmente auf der unteren Zeile der Ventilinsel Typ 8650 Airline Ex integriert in das Remote I/O-System. Die Ventile vom Typ 6518 sind hierbei gemäß Kundenwunsch in der Zündschutzart Ex m ausgeführt und werden über ein externes Steuersignal angesteuert. Durch eine feste Verrohrung der Zuluft im Schaltschrank bis zu den Pilotventilen können Leckagen dauerhaft vermieden werden und Sicherheitsrisiken wie platzende Schläuche werden minimiert. Als zusätzliche Rückfallebene realisierte Bürkert auf Kundenwunsch eine sicherheitstechnische Umschaltung. Dazu wurden pneumatische Schrittketten integriert, die wie in den alten Schaltschränken rein pneumatisch betrieben werden. Sie bestehen aus Und-Gliedern, Oder-Gliedern, pneumatischen Folgeventilen und Druckvergleichsventilen. Sollten Druckluft und Strom einmal ausfallen, wird automatisch auf einen Druckspeicher umgeschaltet und die sicherheitsrelevanten Antriebe in der Anlage können per Handnotschalter bedient werden. Fotos: Bürkert, Fotolia www.buerkert.de VERFAHRENSTECHNIK 7-8/2016 35