Aufrufe
vor 4 Jahren

Verfahrenstechnik 6/2019

Verfahrenstechnik 6/2019

TOP-THEMA I HYGIENIC

TOP-THEMA I HYGIENIC DESIGN Optimal zu reinigen? Quantitative Beurteilung des L/D-Verhältnisses bei Mehrwege-Ventilblöcken Mit einer Methodik zur quantitativen Beurteilung des L/D-Verhältnisses lässt sich ein aussagekräftiger Vergleichswert für die Reinigungsfähigkeit von Mehrwege-Ventilblöcken ermitteln. Damit hilft das L/D-Verhältnis, die optimale Reinigbarkeit bei Mehrwege-Ventilblöcken messbar und damit für Anlagenbauer verlässlich planbar zu machen – und das nicht nur bei sterilen Prozessen. Auch heute noch werden im Rohrleitungsbau einfache Durchgangsventilkörper mit Rohrfittingen zusammengeschweißt. Diese haben durch die relativ großen Toträume einen erheblichen Nachteil – speziell was die Reinigbarkeit betrifft. Deshalb wurde 1993 bei Gemü der erste einfache Mehrwege-Ventilkörper, das Autor: Matthias Wolpert, Produktmanager Mehrwegeblockventile, Gemü Gebr. Müller Apparatebau GmbH & Co. KG, Ingelfingen T-Ventil, selbstentleerend und ganz ohne Schweißnähte entwickelt. Mittler weile stellen Mehrwege-Ventilblöcke die fortschrittlichste Lösung dar, um den komplexen Anforderungen in der Prozessindustrie gerecht zu werden. Dabei zählt die Reinheit in Prozessen und die bestmögliche Reinigbarkeit von Ventilen zu den herausforderndsten Themen. Die Anlagenbetreiber nehmen im Normalfall Bezug auf die FDA/ GMP-Richt linien oder den ASME/ BPE-Standard. Alle Regelwerke definieren für Ventilkonfigurationen exakte geometrische Bezugspunkte. Damit wird der maximal zulässige, nicht durchströmte Rohrabschnitt in einer Ventilkonfiguration zwischen Ventil 1 und 2 beschrieben. Dieser wird entweder als 3D-Regel (3 × ØID) oder 6D-Regel (6 × ØID) bezeichnet. Der Längenabstand von der Unterkante (3D-Regel) bzw. der Mittelachse (6D-Regel) des Innendurchmessers des Hauptventils bis zur Mitte des Dichtstegs des angeschweißten zweiten Ventilkörpers darf max. das 3- bzw. das 6-fache des Innendurchmessers des angeschweißten Ventilkörpers betragen. Reduzierte Toträume Wenn viele dieser Einzelventile in einer Rohrleitung verschweißt sind, entstehen in der Regel auch relativ große Toträume. Nicht so bei einem Mehrwege-Ventilblock (M-Block). Im Gegensatz zu aufwändigen Schweißkonfigurationen wird dieser für die Pharma-Anwendung komplett aus einem Edelstahl-Vollmaterialblock gefertigt. Dadurch bietet er ein kompaktes multifunktionales und entleerungsoptimiertes Design, deutlich reduzierte Toträume, ein verringertes Hold-up-Volumen sowie einen verbesserten Know-how-Schutz für Anlagenbetreiber. Zusätzlich wird auch die Produktsicherheit erhöht, da im Ventilblock auf Schweißnähte komplett verzichtet werden kann. Neben allen gängigen Anschlussnormen können sogar spezielle Prozessanschlüsse wie Tri-Clamps oder hygienegerechte Dichtkonturen direkt in den M-Block-Ventilkörper eingearbeitet werden. Seit der Markteinführung des M-Blocks wurden mehr als 1 200 unterschiedliche Bauformen mit über 25 000 kundenspezifischen Lösungen in unterschiedlichsten Edelstahllegierungen realisiert. Auch M- Block-Lösungen aus Kunststoff sind im Standard möglich. Optimale Reinigbarkeit Eine Anforderung, die sich dem Anlagenbauer stellt, ist die quantitative Beurteilung des L/D-Verhältnisses bei Mehrwege-Ventilkörpern. Die gängigen Formeln aus den beschriebenen 3D-/6D-Regeln können aufgrund abweichender Geo metrien und Der Mehrwege-Ventilblock bietet ein kompaktes multifunktionales und entleerungsoptimiertes Design, deutlich reduzierte Toträume, ein verringertes Hold-up-Volumen sowie einen verbesserten Knowhow-Schutz für Anlagenbetreiber. Querschnitte (nicht kreisrunde, sondern „D“-förmige Kavitäten) bei Mehrwege- Ventilblöcken nicht bzw. nur bedingt zur Berechnung des Totraums angewendet werden. Dennoch ist auch hier das L/D-Verhältnis entscheidend, denn es bietet einen Richtwert zur Be urteilung der Reinigungsfähigkeit von Mehrwege-Ventilblöcken. Das L/D-Verhältnis wird dadurch zur Formel und zum Maßstab für optimale Reinigbarkeit bei Mehrwege-Ventilblöcken. Damit das auch in der Praxis einen aussagekräftigen Vergleichswert ergibt, hilft eine spezielle Methodik. Wie nachfolgendes Beispiel zeigt, haben die Gemü-Experten ein Rechenmodell entwickelt, um das L/D-Verhältnis bei Mehrwege-Ventilblöcken leicht und in nur wenigen Schritten zu ermitteln: n Der theoretische Durchmesser D: Die Fläche einer D-förmigen Ventiltasche α 0° 6° 12° ≥ 45° Membrangröße Matthias Wolpert Durchmesser in mm 8 11,3 11,5 11,6 9,7 10 15,7 15,9 16,1 14,2 25 29,6 30,1 30,4 29,1 40 39,3 39,9 40,2 38,6 50 49,8 50,7 51,3 50,0 80 73,4 75,1 76,3 74,8 100 98,9 101 102,5 100,5 Die gängigsten Neigungswinkel α in Verbindung mit den entsprechenden Membrangrößen: Mithilfe dieser Werte kann der theoretische Durchmesser schnell und einfach ermittelt werden 20 VERFAHRENSTECHNIK 6/2019

HYGIENIC DESIGN I TOP-THEMA 02 01 03 04 05 lässt sich aus geometrischer Sicht auch als Kreisfläche darstellen (siehe rote Kennzeichnung in der Grafik) – und das, ohne das Flächenmaß dabei zu verändern. n Die Länge L und der Neigungswinkel der Ventiltasche α: Diese beiden Maße werden mithilfe der technischen Zeichnung des Ventilkörpers bestimmt. n Übersicht standardmäßiger Ausführungen: Die Tabelle bildet die gängigsten Neigungswinkel α in Verbindung mit den entsprechenden Membrangrößen ab. Mithilfe dieser Werte kann der theoretische Durchmesser schnell und einfach ermittelt werden. n Das optimale L/D-Verhältnis: Die ermittelten Werte L (aus der Zeichnung) und D (aus der Tabelle) werden nun ins Ver hältnis gesetzt: L/D = Richtwert für Reinigungsfähigkeit. Bei einem M-Block mit Membrangröße 25 ergeben sich aus der technischen Zeichnung z. B. folgende Werte: L = 50 mm, α = 6; aus der Tabelle: D = 30,1 mm; Ermittlung des Richtwerts L/D = 50/30,1 = 1,66. Das Ergebnis gibt Aufschluss darüber, ob die zu erfüllenden Vorgaben aus den Richtlinien und Normen mit dieser Ventilauslegung erreicht werden können. In diesem Beispiel wird ein L/D-Wert von 1,66 ermittelt und somit werden die Vorgaben aus der 3D- bzw. 2D-Regel erfüllt. Durch die Fertigung der Mehrwege-Ventilblöcke aus einem Vollmaterialblock ent fallen die oftmals aufwändigen Schweißkonstruktionen herkömmlicher Ventilkombinationen sowie die durch den entfallenden Zusammenschluss der Ventile benö tigten Fittings und Rohrkomponenten. So werden die systembedingten Nachteile herkömmlicher 01 3D-Regel bei geschweißten Ventilkonfigurationen 02 Bei einer Standard-Schweißkonfiguration werden Durchgangsventilkörper zusammengeschweißt 03 Der M-Block wird komplett aus einem Edelstahl-Vollmaterialblock gefertigt 04 Der theoretische Durchmesser D 05 Die Länge L und der Neigungswinkel α Ventilkonfigurationen wie Hold-up-Volumen und große Toträume vermieden. Fotos: Gemü www.gemu-group.com VERFAHRENSTECHNIK 6/2019 21