Aufrufe
vor 6 Jahren

Verfahrenstechnik 5/2017

Verfahrenstechnik 5/2017

TOP-THEMA I

TOP-THEMA I SCHÜTTGUTTECHNIK Alte Idee, neues Rezept Effiziente Produktion von Textilfasern aus Milch Wenn Anke Domaske an „Das Beste aus der Milch“ denkt, kommt ihr nicht die Extraportion Calcium in den Sinn. Sie denkt an Stofffasern, Hundeknochen, Biopolymere und Kosmetik, alles aus eigener Produktion. Diese haben eines gemeinsam: Ihr Rohstoff ist Kuhmilch. Autor: Frank Budde, Sales Manager, Brabender Technologie GmbH & Co. KG, Vertriebsbüro Norddeutschland Vor fünf Jahren gründete die junge Entrepreneurin Anke Domaske Qmilk und gewann mit ihrer Idee, aus nicht trinkbarer Milch Fasern herzustellen, den Start-up- Preis der Stadt Hannover. Seitdem ist sehr viel passiert: Aus Versuchen in der heimischen Küche ist ein produzierendes Unternehmen mit einer Reihe interessanter Produkte geworden. Aus Milch isoliert Qmilk das Casein. Die Produkte sind alle zu 100 % aus natürlichen Rohstoffen hergestellt. „Das war am Anfang auch das große Problem“, erzählt Anke Domaske. Die Mikrobiologin wollte auf den Einsatz von Chemikalien verzichten, um eine möglichst natürliche Faser zu erhalten. „Alles begann damit, dass mein Stiefvater an Krebs erkrankte und auf die meisten Stoffe allergisch reagierte. Er konnte einfach keine Kleidung mehr kaufen, weil die chemische Belastung der Stoffe zu hoch war. Daraufhin habe ich mich auf die Suche nach alternativen Fasern gemacht und bin auf Stoffe aus Casein gestoßen.“ Deren Herstellung nach der ursprünglichen Rezeptur war alles andere als natürlich. Die Fasern wurden beispielsweise mit Formaldehyd behandelt – ein Unding für die Biologin. Nachdem die Suche nach universitärer Unterstützung für das Projekt nicht von Erfolg gekrönt war, kaufte sich Anke Domaske ihre erste Versuchsausstattung kurzerhand im Supermarkt und führte die ersten Versuche in der eigenen Küche durch. „An Fahrt gewann unser Projekt dann, als wir den Förderpreis der Stadt Hannover erhielten. Damit haben wir Qmilk gegründet und uns auf der Powtech 2011 nach geeigneten Partnern umgesehen.“ Zusammenspiel perfektionieren Hier entstand auch der Erstkontakt zu Brabender Technologie. Brabender hat Qmilk von Anfang an begleitet und war von den ersten Versuchen bis zur Produktionsausstattung mit dabei. Für Versuche im Faserinstitut Bremen stellte Brabender Technologie den kleinen Dosierer Mini- Twin und später den Doppelschneckendosierer DDSR20 leihweise zur Verfügung. Schnell stellte sich heraus, wie kompliziert eine Faserproduktion ist. Heute weiß Anke Domaske: „Die Herstellung von Granulat wäre für den Anfang einfacher gewesen. Aber zu Beginn wusste ich noch viel zu wenig über Verfahrenstechnik und wie aufwändig die Garnproduktion ist.“ Heute ist ihr bewusst, wie wichtig die Harmonie zwischen Rezept und Dosierer ist, denn gerade Naturprodukte sind nicht immer einfach im Handling. „Ohne die Unterstützung von starken Partnern wie Brabender Technologie wäre die Entwicklung des Herstellungsprozesses gar nicht möglich gewesen, denn uns fehlten ja damals jegliche Investoren. Wir waren auf die Expertise von Unternehmen angewiesen“, blickt sie zurück. Die Dosierung ist für sie heute der Stellhebel für Qualität: „Ich denke, dieser Punkt wird häufig unterschätzt.“ Qualität jedoch ist ein großes Anliegen des Unternehmens. Die Qmilk-Faser hat hohes Potenzial, da sie hervorragende Eigenschaften mit einer kostengünstigen Produktion verbindet. Sie ist von Natur aus antibakteriell, kühlend, kompostierbar, angenehm seidig und sehr strapazierbar. Dem gegenüber steht eine Produktion, die wenig Energie braucht (Verarbeitungstemperatur 80 °C), schnell ist (5 min) und nur 2 l Wasser pro Kilo Faser verbraucht. Der Grundrohstoff Milch ist praktisch im Überfluss vorhanden: Qmilk verarbeitet ausschließlich „Milchabfälle“, also Milch, die aus unterschiedlichen Gründen nicht zum Verzehr geeignet ist. Davon fallen in Deutschland jedes Jahr 2 Mio. t an. „In Tetrapacks gerechnet, ist das die Strecke von der Erde zum Mond“, rechnet Anke Domaske vor. Qmilk hat ein Sammelsystem entwickelt und zum Ziel, im Jahr 2017 rund 6000 t zu verarbeiten. Rohstoffknappheit ist da nicht zu befürchten. 24 VERFAHRENSTECHNIK 5/2017

Natürliche Zutaten Der Herstellungsprozess beginnt damit, dass der Milch Essig zugesetzt wird. Dadurch flockt das Casein aus und Molke entsteht. Die Quarkflocken werden getrocknet und zu Caseinpulver zerrieben. Diesem Pulver werden Wasser und weitere natürliche Komponenten zugegeben, sodass ein Teig entsteht. Nachdem dieser gut durchgeknetet wurde, wird die Masse extrudiert und die Fasern werden auf Spulen aufgewickelt. „Unser Produkt ist essbar, kompostierbar und zu 100 % natürlich. In unserer Produktion gibt es praktisch keine Abfälle, weil wir Reste und Abfälle shreddern, schmelzen und wieder in die Produktion einbringen“, betont die Biologin. In der Produktion kommen verschiedene Geräte von Brabender Technologie zum Einsatz, darunter zwei Vordosierer mit Sackschütten, ein Flex Wall 40, ein Doppelschneckendosierer und ein Flüssigkeitsdosierer mit Vorlagebehälter, die beide mit Rührwerk und elektrischer Heizung ausgestattet wurden, um die gleichmäßige Verarbeitungstemperatur von 80 °C zu gewährleisten. Neben Fasern sind Biopolymere das zweite Standbein von Qmilk. Sie vereinen Eigenschaften von Thermoplasten und Duroplasten und können vielseitig eingesetzt werden. Inzwischen arbeiten zwei Produk- Fasern aus Casein sind antibakteriell, kühlend, kompostierbar, seidig und sehr strapazierbar tionsstraßen am Standort Hannover. 2016 hat sich Qmilk stark auf Fasern für Filze und Non-wovens konzentriert, da die Qmilk-Fasern für Industrietextilien interessante Eigenschaften aufweisen: Sie sind schwer entflammbar und chemisch beständig. Teebeutel, Teppiche, Tapeten, Papier, Lautsprechermembranen sind nur einige Beispiele. Aus den Biopolymeren kann antibakterielles Spielzeug für Kinder, Endprodukte der Medizintechnik, Automobilteile und vieles mehr entstehen – die Anwendungsmöglichkeiten sind vielseitig. Versuche mit einer Blasfolienanlage sind erfolgreich gelaufen, auch hier sieht Anke Domaske vielversprechende Märkte für die Zukunft. Die von Natur aus vielseitigen Qmilk-Produkte können durch Weiterverarbeitung und Ausrüstung mit vielen unterschiedlichen Eigenschaften ausgestattet und damit entsprechend universal eingesetzt werden. Halle 4, Stand E08-4 www.brabender-technologie.com Performance 3 Stand A 08-4 . Bereit für eine neue Prozessluft-effizienz? schüttgüter pneumatisch transportieren, von staubkorn- bis tennisballgröße, schnell, schonend und mit geringstmöglichem energieaufwand – eine Aufgabe für Könner, Performer und echte spezialisten. Ölfrei verdichtende Drehkolbengebläse, Drehkolbenverdichter und schraubenverdichter von Aerzen lösen ihr transportproblem. erwarten sie mehr – Prozessluft jetzt in neuer effizienz. www.aerzen.com