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Verfahrenstechnik 5/2016

Verfahrenstechnik 5/2016

KOMPONENTEN UND SYSTEME

KOMPONENTEN UND SYSTEME Von frischer Milch zum Pulver Lebensmittelhersteller setzt auf wartungsarme Frequenzumrichter Die Transformatoren sind in 690 V ausgeführt, um die Größe zu verringern Guy Rebischung Cremo, ein Schweizer Hersteller von Molkerei-Erzeugnissen, setzt in seiner Produktion auf Frequenzumrichter, die für einen zuverlässigen Betrieb der Anlagen sorgen. Spätestens seit die Großeinkäufe der Chinesen Babynahrung aus Milchpulver zu einem knappen Gut im Supermarkt gemacht haben, bekommt die Milchpulverproduktion noch mehr Aufmerksamkeit. Qualitativ hochwertiges Milchpulver ist jedoch nicht nur bei den Chinesen beliebt. Neben der Herstellung von Säuglingsmilchnahrung benötigt man es vor allem bei der Produktion von Kaffeeweißer und Süßwaren. Zu den bekanntesten milchpulverhaltigen Produkten gehört Vollmilch-Schokolade. Schoko ladenhersteller verwenden nur noch sehr selten frische Milch, da der Was­ Autor: Guy Rebischung, Verkaufsingenieur, Danfoss AG, Frenkendorf, Schweiz seranteil zu hoch ist und sie den Wassergehalt vor der Verwendung reduzieren müssten. Das Gleiche gilt aber auch im Outdoor- Bereich, wo es auf geringes Gewicht ankommt, oder in Notfallsituationen, wenn das Pulver leicht in Katastrophengebiete gelangen muss, um dort als Nahrungsmittel zu dienen. Der Schweizer Hersteller von verschiedenen Molkereiprodukten, Cremo, setzt in seiner Produktion auf Danfoss Produkte. Die Entscheidung für die Umrichter fiel unter anderem aufgrund der guten integrierten Filter. Danfoss Frequenzumrichter sind serienmäßig für EMV-gerechten Betrieb ausgerüstet. Cremo produziert heute an fünf Standorten Frischprodukte wie Milch, Rahm, Joghurts, Milchgetränke sowie Käse, Butter, Kaffeesahne, Milchpulver und Proteinkonzentrat für Einzelhandel, Gastronomie und Industrie. In der Fabrik in Fribourg werden jährlich 200 Mio. Liter Milch angeliefert und verarbeitet. Zuverlässige Anlagen sind extrem wichtig in der Milchverarbeitung. Längere Anlagenausfälle sind fatal, da Kühe kein Wochenende oder Pausen kennen. Die Bauern müssen die Kühe jeden Tag melken. Danach ist eine schnelle Verarbeitung unabdingbar, damit die Milch nicht verdirbt. Konzentrationsprozess Vollmilch hat einen Wasseranteil von etwa 87 %. Um daraus Milchpulver herzustellen, führt der erste Schritt über Konzentration, wobei dieser Prozess alles überflüssige Wasser aus der Milch entfernt. Der älteste und bekannteste Weg dies zu tun, ist das Erhitzen der Milch bis zum Siedepunkt in einer offenen Pfanne. Dabei ist die Milch jedoch hohen Temperaturen ausgesetzt, was unter anderem die Proteine in der Milch schädigt. Um dies zu verhindern, erfolgt die Verdampfung bei Cremo mit Unterdruck. Durch den Unterdruck verdampft das Wasser in der Milch bereits bei 58 °C und die Proteine bleiben erhalten. Ein weiterer Vorteil der niedrigen Temperatur sind die geringeren Energiekosten, da die Anlage deutlich weniger Energie benötigt, um das Produkt auf 58 °C zu erhitzen, statt der üblichen 100 °C. Das Milchkonzentrat enthält jetzt nur noch etwa 48 % Wasser. Der nächste Produktionsschritt führt den nicht benötigten Dampf ab, der dann bei Überdruck kondensiert. Ein Danfoss VLT Automation Drive FC 302 mit einer Leistung von 1 MW steuert den Ventilator, der den benötigten Überdruck erzeugt. Drucksensoren in der Anlage ermitteln die zur Steuerung der Anlage benötigten Daten. 26 VERFAHRENSTECHNIK 5/2016

KOMPONENTEN UND SYSTEME Nach der Konzentration gelangt das Milchkonzentrat in den Trocknungsturm. Die Sprühtrocknung entfernt auch die letzten Wasseranteile aus der Milch. Pumpen transportieren dazu das Milchkonzentrat an die Spitze des mehrere Stockwerke hohen Trocknungsturmes. Bei der Sprühtrocknung verwandelt ein Zerstäuber das Konzentrat in sehr feine Tröpfchen, die von oben in den Turm gelangen. Ein Ventilator bläst saubere, sehr trockene heiße Luft durch den Turm. Die Tröpfchen treffen auf die heiße Luft, die das noch enthaltene Wasser größtenteils verdampft. Die feinen Tröpfchen haben eine sehr große Oberfläche und das Wasser verdunstet sehr schnell und produktschonend. Nach dem Trocknungsturm lagert das Pulver dann bis zur Abfüllung in großen Tanks oder wird direkt abgepackt. Ein 250 kW VLT Automation Drive FC 302 steuert den Ventilator, der den Luftdurchfluss im Trocknungsturm konstant hält, während der zweite 250-kW-Umrichter über einen weiteren Ventilator für einen Überdruck sorgt. Aufgrund der Netzversorgung mit 690 V sind die beiden 250 kW Frequenzumrichter mit einem du/dt-Filter ausgestattet. Der Filter sorgt für einen langsameren Spannungsanstieg an den Motorklemmen. Je höher die Induktivität, desto höher sind die Spannungsspitzen. Sie können einen Überschlag hervorrufen, der die Wicklungsiso lation des Motors zerstört. Der du/dt-Filter reduziert die Spannungsspitzen und verlängert so die Lebensdauer des Motors. 690-V-Stromversorgung Die Stromversorgung des 1-MW-Umrichters und der beiden 250-kW-Umrichter erfolgt über zwei 1,6 MVA 690-V-Transformatoren. Cremo wählte die Ausführung in 690 V, um die Größe des Transformators zu verringern, wodurch er sich besser in die Anlage integrieren ließ. Der Transformator befindet sich in einem Raum direkt neben dem Frequenzumrichter. So konnte der Betreiber die Kabellänge auf nur etwa fünf Meter reduzieren. Weitere 400-V-Transformatoren versorgen die restlichen in der Anlage verwendeten Frequenzumrichter. Die von Cremo verwendeten 400-V- Transformatoren sind in Dyn11 ausgeführt, die beiden 690-V-Transformatoren in Yyn0. Auf diese Weise lässt sich der „Quasi- 12-Puls-Effekt“ nahezu kostenneutral nutzen, um die Netzqualität zu verbessern. Mit der integrierten Funkentstörung hält der VLT Automation Drive die Grenzwerte nach Kategorie C1 und C2 gemäß EN 61800- 3 ein. Er ist somit sehr verträglich gegenüber an deren Betriebsmitteln. Die in der Praxis noch wichtigere Umgebungsnorm EN 55011, Klasse B (Wohnbereich) und Klasse A (Industriebereich) hält der Frequenzumrichter ebenfalls ein. Auf der Netzanschlussseite reduzieren integrierte Zwischenkreisdrosseln die Netzrückwirkungen. Die Drossel erhöht die Lebensdauer der Zwischenkreiskondensatoren und ermöglicht die Verwendung von Kabeln mit geringerem Querschnitt. Durch den vollwertigen Zwischenkreis ist der Umrichter zudem in der Lage, den Antrieb auch bei kurzen Netzspannungseinbrüchen ohne Beeinflussung zu betreiben. Neben den Frequenzumrichtern sind auch Softstarter der MCD 3000 und MCD 500 Se rien in der Anlage im Einsatz. Sie steuern unter anderem die Milchpumpen und die Pumpen für den Warmwassertransport. Sie sorgen für einen sanften Übergang vom Stillstand bis zur Höchstgeschwindigkeit und verhindern auf diese Weise Wasserschläge. Die adaptive Beschleunigungsregelung des Danfoss MCD 500 ermittelt die optimalen Motordaten während des Starts oder Stopps des angeschlossenen Motors. Der Softstarter passt die Rampen dynamisch an die jeweilige Last an und optimiert so die Kennlinien. Fotos: Shutterstock, Danfoss www.danfoss.de