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Verfahrenstechnik 5/2015

Verfahrenstechnik 5/2015

Transparente und sichere

Transparente und sichere Prozesse Software unterstützt Arbeitssicherheit in der Chemieindustrie Natalja Stseglova Nach Angaben des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI) fällt es dem Chemiestandort Deutschland immer schwieriger, im globalen Wettbewerb leistungsfähig zu bleiben. Wie kann die Branche ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit langfristig sichern? Ein mittelständische Chemieunternehmen hat sich mit einer webbasierten Software, die betriebsinterne Prozesse sowie den Schutz von Mensch und Umwelt sicher steuert, fit für die Zukunft gemacht. Autorin: Natalja Stseglova, EcoIntense GmbH, Berlin Im Chemiepark Marl im nördlichen Ruhrgebiet beschäftigt die ISP Marl GmbH rund 250 Mitarbeiter. Als Tochterfirma des amerikanischen Chemieunternehmens Ashland Inc., USA, unterhält die Gesellschaft die größte Produktionsstätte der ISP (International Specialty Products Inc.) außerhalb der Vereinigten Staaten. Auf dem 40 000 qm großen Betriebsgelände betreibt das moderne Chemiewerk zwei Produktionsstraßen für die Herstellung von Spezial-, Filter- und Industriechemikalien. In der Acetylenanlage wird der Rohstoff Acetylen, der früher für die Produktion von Kautschuk und PVC eingesetzt wurde, erzeugt und anschließend über Rohrleitungen zur Butandiolanlage transportiert. Dort werden chemische Stoffe wie Formaldehyd, Butandiol und Tetrahydrofuran hergestellt, die ihre Anwendung in den Produkten der weiterverarbeitenden chemischen Industrie finden. Im Umgang mit so unterschiedlichen Chemikalien haben Arbeitsschutz, Anlagensicherheit und Umweltschutz oberste Priorität. Daher schloss sich die ISP Marl der Responsible-Care-Initiative des VCI an, die für die ständige Verbesserung von Sicherheit sowie Gesundheits- und Umweltschutz steht. Zudem ist das Umweltmanagementsystem des Unternehmens nach der internationalen Norm ISO 14001 und nach der EMAS-Verordnung (Öko-Audit-Verordnung) zertifiziert. Im Rahmen des Qualitätsmanagements nach ISO 9001 sucht das Unternehmen ständig nach Lösungen, die seine Prozesse in den Bereichen Qualität, Umweltschutz und Sicherheit langfristig weiter verbessern. Software as a Service Bei den Zertifizierungen der Qualitäts- und Umweltmanagementsysteme war die ISP Marl zwar erfolgreich, doch dem Unternehmen selbst fehlte eine klare Struktur in der eigenen Dokumentation. Das hausinterne System auf Access-Basis war zu kompliziert, unübersichtlich und konnte den wachsenden Ansprüchen von Auditoren nicht mehr länger gerecht werden. Aus diesem Grunde führte das Unternehmen 2012 eine spezielle Online-Software ein, mit der alle Kennzahlen aus Arbeitssicherheit und Umweltmanagement zentral erfasst, ausgewertet und gespeichert werden. „Mit EcoWebDesk bekamen wir ein zentrales und stabiles Tool, in dem alle Daten klar und einfach strukturiert sind und bei dem alle Dokumente sys- 38 VERFAHRENSTECHNIK 5/2015

MESSEN, REGELN, AUTOMATISIEREN tematisch verwaltet werden“, so Maik Große-Beck, Sicherheitsfachkraft und Umweltbetriebsprüfer bei der ISP Marl. Die webbasierte Software EcoWebDesk ist ein Managementsystem für sämtliche Themen von Health, Safety and Environment (HSE). Dank des modularen Aufbaus ist eine individuelle Zusammenstellung von benötigten Fachmodulen jederzeit möglich. So hatte die ISP Marl zu Beginn den Fokus auf die Software-Module Arbeitssicherheit, Auditmanagement und Gefahrstoffmanagement gelegt. Als „Software as a Service“ (SaaS) ist das System somit besonders flexibel und passt sich an jede Unternehmensform gezielt an. Lediglich ein handelsüblicher Internet-Browser ist für den Start der Software notwendig, damit der Anwender ortsunabhängig und zu jeder Zeit arbeiten kann. Zudem werden bei der SaaS-Variante keine hohen Anfangsinvestitionen getätigt und die zusätzlichen Kosten für Administration und Systemspezialisten entfallen ganz. Datenmanagement mit Struktur Im Tanklager der Butandiolanlage werden die Chemikalien bis zum Abtransport gespeichert Das Software-Grundsystem bildet die Basis für den betrieblichen Arbeits- und Umweltschutz sowie alle weiteren Fachmodule. Bei der ISP Marl sind dort alle Standorte, Betriebsmittel, Organisationseinheiten, Personen und Stellen detailliert abgebildet. Zwischen den einzelnen Informationen sind sinnvolle Querverbindungen hergestellt, die stets transparent und aktuell bleiben. Somit werden Redundanzen und Mehrfachbearbeitungen, die oft die Arbeit vieler Fachkräfte unnötig erschweren, aus dem Weg geräumt. Anhand einer persönlichen Übersicht kann sich jeder Benutzer die anstehenden Maßnahmen, in die er selbst involviert ist, samt Termin und Umsetzungsfortschritt anzeigen lassen. Durch das automatische Erinnerungsmanagement werden Anwender auf ihre Termine und Aufgaben per E-Mail hingewiesen, sodass keine Frist versäumt wird. Über die integrierte Dokumentenverwaltung wird sichergestellt, dass jeder Mitarbeiter immer auf die aktuellste Version von Unterlagen zugreift. Dank der automatischen Archivierung und Versionierung bleiben jedoch Änderungen langfristig nachvollziehbar. Alle Zugriffe werden dabei über eine moderne Berechtigungsverwaltung gesteuert, damit für die beteiligten Personen genau die Daten und Bereiche zugänglich sind, die sie benötigen. Auf diese Weise sind Umweltbeauftragte, Sicherheitsfachkräfte, Geschäftsleitung und sogar externe Mitarbeiter aufgabengerecht eingebunden. Wie ernst der Softwarehersteller EcoIntense GmbH mit Datenschutz und Sicherheit dabei umgeht, bestätigte der Bundes verband IT-Mittelstand e. V. (BIT- Mi) mit den Zertifizierungen „Software hosted in Germany“ und „Software made in Germany“. Von der Dekra Certification GmbH wurde zudem die Normkonformität von Eco WebDesk zu OHSAS 18001, ISO 14001 und 50001 bestätigt. Audits und Gefahren im Griff Alle Audits für Qualitäts- und Umweltzertifizierung koordiniert die ISP Marl im Modul Auditmanagement. Die Programme und Ziele werden in der Software übersichtlich abgebildet, die Auditteilnehmer sind per Mausklick registriert und rechtzeitig per E- Mail informiert. Umfangreiche Auswertungsmöglichkeiten erlauben es, die Korrekturmaßnahmen direkt abzuleiten und Auditberichte inklusive aller Fragen, Bewertungen und Bilder schnell zu erzeugen. Für Arbeitsbereiche, Betriebsmittel und Tätigkeiten erstellt das Chemieunternehmen jetzt einheitliche Gefährdungsbeurteilungen und Betriebsanweisungen samt Angaben zu Schutzmaßnahmen, Erste Hilfe, Gefahren und Entsorgung. Diese Dokumente sind im Fachmodul Arbeitssicherheit immer aktuell und dank dem standardisierten Vorgehen einfach zu pflegen. Das spart Zeit und Geld. Seit der Einführung von EcoWeb- Desk konnten zudem Synergien zwischen den beiden Standortanlagen erzielt werden, vor allem Gefährdungsbeurteilungen zu Gefahrstoffen werden jetzt zwischen den beiden Produktionsstätten viel besser koordiniert. So muss nicht jede Maßnahme für jeden Standort neu erfunden werden. Fotos: ISP Marl GmbH www.ecointense.de