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Verfahrenstechnik 3/2015

Verfahrenstechnik 3/2015

Gebläse trifft

Gebläse trifft Verdichter Empfindliche Lebensmittel pneumatisch fördern Norbert Barlmeyer Von der Einlagerung des Rohkaffees bis zur Packmaschine: ölfreie Förderluft mit Über- und Unterdruck in einer Kaffee-Großrösterei. 01 Das Förderluft-Aggregat der neuen Baureihe Delta Hybrid Autor: Norbert Barlmeyer, Presse-Arbeit für die Drucklufttechnik, Bielefeld In vielen Ländern der Erde ist Kaffee das Lieblingsgetränk Nummer eins. Viele Geschmacksrichtungen werben um die Gunst des Kunden. Maßgeblich beeinflusst werden sie durch die Röstmethoden, die Röstzeiten und die Temperaturen – eine geradezu „klassische“ Aufgabe für die Probat-Werke im niederrheinischen Emmerich. Denn seit der Gründung im Jahr 1868 konzentriert sich das weltweit aufgestellte Unternehmen mit mehr als 600 Mitarbeitern auf Röstmaschinen und -anlagen für die Kaffee- und Nahrungsmittelindustrie. Bis heute hat der Weltmarktführer mehr als 110 000 Röstmaschinen – vom manuellen Kugelröster bis hin zum vollautomatischen 5-t/h- Röster – weltweit verkauft und dabei den jeweiligen Anforderungen des Kunden entsprochen. Für den Transport sowohl des Rohkaffees als auch des gerösteten Kaffees bevorzugt Probat die pneumatische Förderung. Diese Förderluft muss absolut ölfrei sein, weil sie mit dem Produkt, in diesem Fall dem Kaffee, direkt in Berührung kommt. Probat unterscheidet zwischen dem Transport mit Überdruck und mit Unterdruck. Zur Erzeugung der erforderlichen Förderluft als Über- oder Unterdruck setzt Probat seit 1996 Drehkolbengebläse der Baureihe Delta Blower von Aerzen ein. Inzwischen werden auch die neu entwickelten Drehkolbenverdichter der Baureihe Delta Hybrid eingesetzt. Besonders anschaulich erlebbar wird der Ablauf der Kaffeeverarbeitung in dem im September 2012 eröffneten neuen Probat- Forschungs- und Technologiezentrum. Hier kann der Kunde vor der Kaufentscheidung sein spezielles Röstverfahren für seinen mitgebrachten Kaffee unter Praxis-Bedingungen im industriellen Maßstab ermitteln. Dafür liefert Probat Zentrifugalröster, Trommelröster und als neueste Entwicklung den Tangentialröster Jupiter Hybrid. Mit ihm lassen sich in einer einzigen Röstmaschine vielfältigste Röstprofile von der Kurz- bis zur Langzeitröstung erstellen. „Bei uns kann der Kunde gezielt Anlagen für ein bestimmtes Röst- oder Mahlsystem oder für 8 VERFAHRENSTECHNIK 3/2015

TITEL I TOP-THEMA beides erwerben. Wir liefern auf Wunsch aber auch die komplette Verarbeitungskette von der LKW-Entladung bis zur Mahlanlage“, erläutert Entwicklungsingenieur Thomas Elshoff. Deshalb bietet das neue Technikzentrum neben den Alternativen für den „reinen“ Röstvorgang auch einen sehr anschaulichen Überblick über die Vorstufe vor der Röstung, die Lagerung, die Gattierung (Verarbeitung) der Kaffeehäutchen, den Mahlvorgang und die Förderluft-Erzeugung für den pneumatischen Transport – und das alles mit „echten“ Praxisanlagen unter „echten“ Praxisbedingungen. Pneumatische Transportschritte Für die pneumatische Förderung des Kaffees zwischen den einzelnen Verfahrensschritten wird Förderluft sowohl als Über- wie auch als Unterdruck benötigt. Im Probat Technologiezentrum wird sie durch zwei Aerzen Drehkolbengebläse Delta Blower Generation 5 (Typ GM 25 S) und einen Aerzen Delta Hybrid (Typ D 12 S) erzeugt. Von der Entleerung des LKW bzw. einer Big-Bag-Station bis zur Mahlanlage sind im Allgemeinen folgende Förderphasen erforderlich: 1. Stufe: Einlagerung des Rohkaffees in die Silos mit Überdruck Zur LKW-Entleerung verwendet man herkömmliche stationäre Schraubenverdichter oder fahrbare Verdichtersysteme. Der Rohkaffee wird dabei mit einem Überdruck zwischen 1000–2000 mbar aus dem Silofahrzeug in das Fördersilo transportiert. Die Einlagerung über eine Big-Bag-Station oder eine Sackaufgabe erfolgt mit einem Drehkolbengebläse. 2. Stufe: Transport zur Röstmaschine mit Überdruck Nachdem die in den Silos gelagerten unterschiedlichen Rohkaffeesorten rezeptbezogen zusammengeführt und verwogen wurden, fördert ein Aerzen Drehkolbengebläse des Typs „Delta Blower GM 25 S Generation 5“ den Rohkaffee mit Überdruck pneumatisch über eine Rohrleitung zur Röstmaschine. 3. Stufe: Transport zu den Röstkaffee-Silos und zur Absackstation mit Unterdruck Die jetzt besonders empfindlichen gerösteten Bohnen werden z. B. im neuen Technikum mit einem Delta Hybrid Drehkolbenverdichter zu den Silos und damit zur Absackstation gesaugt. Den erforderlichen Unterdruck erzeugt ein Aerzen Drehkolbenverdichter der Baureihe Delta Hybrid D 12 S. 4. Stufe: Transport zur Mahlanlage mit Überdruck Wenn die Bohnen nach dem Rösten nicht zwischengelagert und abgesackt, sondern gemahlen werden sollen, werden sie mit Überdruck in die Mahlanlage gefördert. Den für diesen Transport erforderlichen Überdruck liefert ebenfalls das bereits in Stufe 3 erwähnte Aerzener Delta-Hybrid- Aggregat D 12 S. Der neue Delta Hybrid wurde speziell für Probat für die Anwendung im neuen Forschungs- und Technologiezentrum für die gleichzeitige Erzeugung von Über- und Unterdruck eingesetzt. Somit kann die Delta-Hybrid-Anlage auf der Saugseite einen Unterdruck von 300 mbar und gleichzeitig auf der Druckseite einen Überdruck von 600 mbar erzeugen. Der große Vorteil dabei ist, dass dadurch eine komplette herkömmliche Gebläse-Einheit nach dem Konzept „aus zwei mach eins“ ersetzt werden konnte. 5. Stufe: Transport des gemahlenen Kaffees zu den Mahlkaffee-Silos und zu den Packmaschinen mit Unterdruck Wenn der gemahlene Kaffee zusätzlich zu Mahlkaffee-Silos und zu Packmaschinen transportiert werden soll, erzeugen zwei weitere Drehkolbengebläse der Baureihe Delta Blower getrennt für jeden Schritt den erforderlichen Unterdruck von maximal –500 mbar für den pneumatischen Transport. Alternativ können hier jedoch auch Drehkolbenverdichter der Baureihe Delta Hybrid eingesetzt werden. Entscheidend für die Auswahl sind die geforderte Druckdifferenz in Abhängigkeit von der Leitungslänge und die spezifischen Energievorteile der Delta-Hybrid-Aggregate. „Diese verfahrenstechnische Auslegung gehört natürlich zum Know-how der Anlagenplanung“, erklärt Anlageningenieur Michael Engels. Vollautomatische Integration Alle Aerzen Anlagen sind vollautomatisch in den Ablauf der Röstanlage integriert und werden über eine übergeordnete intelligente SPS-Steuerung programmabhängig geschaltet. Die jeweiligen Gebläse-Aggregate fahren mit einem konstanten Volumenstrom, wobei sich der Druck in Abhängigkeit von Förderleistung und Rohrlänge individuell ergibt. Durch eine von Aerzen zusammen mit Probat entwickelte Bypass-Lösung kann jedoch für die an Probat gelieferten Überdruckanlagen ein Teil des Volumenstroms über einen optionalen Bypass von der Druck- zur Saugseite zurückgeführt werden. Diese Lösung erlaubt für einen besonders schonenden Transport eine Reduzierung der Fördergeschwindigkeit um bis zu 10 %. „Seit Beginn unserer Zusammenarbeit 1996 hatten wir bisher keine Ausfälle bei Aerzen Aggregaten zu verzeichnen. Da wir dieses Ergebnis auch in der Zukunft erwarten, installieren wir in unseren Röstanlagen für die Aerzen Aggregate Redundanz-Anlagen nur in sehr seltenen Ausnahmefällen auf besonderen Wunsch des Kunden. Bisher war das 02 Konstruktionsingenieur Michael Engels und Entwicklungsingenieur Thomas Elshoff seit Beginn der Zusammenarbeit mit Aerzen vor mehr als 15 Jahren erst einmal der Fall“, lobt Michael Engels, Anlageningenieur von Probat. „Mit der Anlage und den eingesetzten Drehkolbengebläsen bzw. mit dem Drehkolbenverdichter können wir im Technikum verschiedenste Versuche mit unterschiedlichen Materialien durchführen, um deren Verhalten beim pneumatischen Transport zu testen. Gleichzeitig können wir Neu- und Weiterentwicklungen ausgiebig erproben und auf spezielle Kundenanforderungen anpassen“, ergänzt Thomas Elshoff. Seit 1996 setzt Probat in seinen Röstanlagen Aerzen Drehkolbengebläse der Baureihe Delta Blower ein. „Die Delta-Blower-Aggregate liefern Höchstdrücke bis 1000 mbar, die uns bei größeren Rohrleitungslängen und Fördermengen sehr willkommen sind, und Unterdrücke bis –500 mbar. In der Musteranlage in unserem neuen Forschungs- und Technologiezentrum setzen wir jetzt erstmalig zusätzlich auch einen Aerzen Drehkolbenverdichter aus der neuen, besonders energieeffizienten Baureihe Delta Hybrid ein, mit dem wir erstmalig gleichzeitig Unterdruck und Überdruck erzeugen können: Unterdruck, um den gerösteten Kaffee schonend nur zur Absackstation zu transportieren; und Überdruck, wenn der geröstete Kaffee direkt zur Mahlstation transportiert werden soll“, erläutert Michael Engels. Kombinierte Vorteile Seit 1868, dem Gründungsjahr der Probat- Werke in Emmerich, fertigt die vier Jahre zuvor gegründete Aerzener Maschinenfabrik Drehkolbengebläse. Heute arbeiten 1800 Mitarbeiter in 40 Tochterunternehmen weltweit. Mit der neuen ölfrei verdichtenden Drehkolbenverdichtern der Baureihe VERFAHRENSTECHNIK 3/2015 9