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Verfahrenstechnik 12/2021

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Verfahrenstechnik 12/2021

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MESSEN, REGELN, AUTOMATISIEREN Wasser online überwachen Tipps und Tricks zur perfekten pH-Messung In Wasser- und Abwasseranlagen kann die Kreislaufführung des Wassers durch digitale Analysesensoren überwacht werden. Ein wichtiger Parameter ist dabei der pH-Wert, der meist mit Einstabmessketten online überwacht wird. Warum die Verwendung von pH-Elektroden mit Glasmembran hier Vorteile hat und was bei deren Anwendung zu beachten ist, wird im nachfolgenden Beitrag erklärt. Die Herstellung und der technische Aufbau einer klassischen elektrochemischen pH-Elektrode mit Glasmembran mutet vielleicht veraltet oder gar alchimistisch an. Dennoch ist diese Art von pH- Sensor noch immer derjenige mit den wenigsten Einschränkungen in der Nutzung über die komplette pH-Skala von pH 0 bis pH 14. Deshalb wird die glasbasierte pH- Elektrode weiterhin vom entsprechenden DIN-Arbeitskreis als Standard und Referenzmethode empfohlen [1]. In diesem Normenausschuss werden die Normen nach DIN ISO 19260 bis 19268 bearbeitet, die sich alle mit der pH-Messung befassen. Für den richtigen Einsatz dieser Einstabmessketten sind einige Punkte zu beachten. n Für die Messung muss sich sowohl die Glasmembran als auch das Diaphragma in der Messlösung befinden. Die Montage muss mit einem Mindestwinkel von 10° zur Horizontalen erfolgen. n Bei der Verdrahtung muss das Eindringen von Feuchtigkeit in die Stecker vermieden werden. n Der Referenzelektrolyt salzt über das Diaphragma aus – auch aus diesem Grund sind Einstabmessketten als Verbrauchsartikel anzusehen. Je nach Verschmutzungsgrad sind unterschiedliche Diaphragmen auszuwählen. Autor: Matthias Kremer, Branchenmanager Wasser/Abwasser/Analysenmesstechnik, Jumo GmbH & Co. KG, Fulda n Um den Referenzelektrolyt möglichst lange gesättigt zu halten, verfügen viele Elektroden über Salzringe. Ist der Elektrolyt nicht mehr gesättigt, geht weiteres Salz dieser Salzvorlage in Lösung. Bei Temperaturschwankungen können sich Kristalle im Referenzsystem bilden. Dies hat in der Regel keinen Einfluss auf die Funktionalität der Sensorik. n Besonders empfindlich ist die Glasmembran der pH-Einstabmesskette. Diese ist vor Verkratzen oder sogar Bruch zu schützen. Aufgrund des standardisierten Aufbaus der Elektroden stehen viele verschiedene Armaturen für die Anpassung beim Kunden zur Verfügung. n Für die Temperaturkompensation durch den Messumformer wird von diesem immer die Temperatur der Messlösung benötigt: Bei großen Temperaturschwankungen und Messungen fernab von pH 7 wird die Temperatur mit einem Widerstandsthermometer gemessen, in anderen Fällen reicht die Vorgabe eines Festwertes. n Der Nullpunkt von Einstabmessketten ist der pH-Wert, bei dem der Sensor 0 mV ausgibt. Der Parameter sollte sich in einem Bereich von pH 6 bis 8 befinden. Die Ausgangsspannung der Messketten fällt idealerweise mit –59 mV/pH bei 25 °C, dies entspricht einer Steilheit von 100 Prozent. Die Steilheit sollte mindestens 90 Prozent betragen. Die Parameter werden nach jeder Kalibrierung angezeigt. n Nullpunkt und Steilheit der Einstabmessketten variieren über die Lebenszeit. Die Messketten werden zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme – und regelmäßig über die Lebenszeit – abgeglichen. n Die Lagerzeit von Einstabmessketten ist begrenzt und erfolgt in einer mit Kaliumchloridlösung gefüllten Nasshaltekappe. n Die Elektroden müssen mit Wasser, Glas- oder Laborreiniger gereinigt werden. Die Reinigung des Diaphragmas verbessert das Ansprechverhalten der Messkette. Zur Reinigung kann eine Pepsin-/Salzsäurelösung Verwendung finden, diese vermindert sowohl Eiweiß- als auch Kalkbeläge. Nach der Reinigung muss die Elektrode abgespült und die Funktionen mit Pufferlösungen geprüft werden. Bei feststellbaren Abweichungen sind die Messkreise zu kalibrieren. 01 In den pH-Elektroden mit Glasmembran steckt sehr viel Know-how der Glasapparatebauer von Jumo drin 30 VERFAHRENSTECHNIK 12/2021 www.verfahrenstechnik.de

MESSEN, REGELN, AUTOMATISIEREN Alternative Technologien Glaselektroden sind sehr vielseitig einsetzbar. Spezielle Glassorten erweitern den Anwendungsbereich bis in den stark alkalischen Bereich oder auf flusssäurehaltige Lösungen. Dennoch sind dieser Messtechnik Grenzen gesetzt. Bei zu niedrigen pH-Werten greift Flusssäure auch das beste Glas an, und auch eine robuste Glaselektrode erreicht nicht die Beständigkeit eines Metalls. Die Antimonelektrode kann diese Bereiche extremer Anwendungsbedingungen abdecken. Es handelt sich bei dieser Elektrode um einen Stab aus Antimonmetall. Die Potenzialbildung erfolgt an der Metalloberfläche. Beim Antimon hängt das Gleichgewicht jedoch von der Hydroxidionenaktivität ab, woraus sich über das Ionenprodukt des Wassers die Wasserstoffionenaktivität berechnen lässt. Antimonelektroden sind mechanisch und chemisch sehr robust. Sie eignen sich für Messungen in Flusssäure oder für die Kontrolle des pH-Wertes bei einer Kalkmilchfällung. Der Zusammenhang zwischen elektrischem Potenzial und pH- Wert ist nicht so linear wie bei einer Glaselektrode. Auch das Halbmetall Wismut kann in Analogie zum Antimon für pH- Messungen im Bereich zwischen pH 6 und 10 eingesetzt werden. Die Messumformer für Antimon- oder Wismutelektroden müssen auf den von den Glaselektroden- Messketten abweichenden Kettennullpunkt justierbar sein. ISFET steht für ionenselektiver Feldeffekttransistor. Da eine Miniaturisierung von Transistoren kein Problem darstellt, sind ISFET-Elektroden eine interessante Alternative im Bereich biologischer und medizinischer Anwendungen. Diese Sensoren unterscheiden sich weniger durch das Membranmaterial von den anderen Sensortypen als durch ihre Konstruktion. Diese Sensoren haben sehr kleine Abmessungen und kurze Ansprechzeiten. In Abhängigkeit vom Membranmaterial weisen ISFET-Elektroden eingeschränkte Messbereiche, eine schlechtere Linearität, in einigen Fällen Lichtempfindlichkeit, geringere Standzeiten und Beständigkeiten auf. ISFET-Elektroden kommen bisher vorwiegend bei Betriebsmessungen mit Handgeräten und für Labormessungen in der Biologie und Medizin zum Einsatz. Ein weiterer Nachteil der ISFET-pH-Elektroden ist, dass jede Elektrode nur mit einem spezifischen Anzeige-/Regelgerät funktioniert. Deswegen sind die ISFET-pH-Elektroden in der Regel mit gewöhnlichen pH- Metern nicht kompatibel. Diese Elektroden bieten eine reduzierte Flexibilität bei den entsprechenden Prozessen und sind durch Glaselektroden nicht ersetzbar. Schließlich wird auch bei der pH-Messung mit ISFETs eine Bezugselektrode benötigt. Diese kann als herkömmliches Bezugssystem ausgeführt sein, was den Größenvorteil der ISFETs wieder zunichtemacht. Einfachere Messeinrichtungen Bei der Colorimetrie besteht die Messeinrichtung aus der Sonne als Lichtquelle, einem pH-Indikator und dem menschlichen Auge. Es genügt, die Wasserprobe in ein Glasgefäß zu füllen und eine Indikatorlösung dazu zugeben. Die Indikatorlösung besteht aus einer chemischen Substanz, die je nach pH-Wert eine unterschiedliche Farbe aufweist. Durch Vergleich der Färbung mit einer Farbskala ist der pH-Wert einfach zu bestimmen. Es ist eine beliebte Messmethode für Einzelmessungen, die keine hohen Genauigkeitsansprüche erfüllt. Der Messwert hängt u. a. vom Tageslicht und dem Farbempfinden des Anwenders ab. Die Messbereiche überdecken häufig nur einen engen pH-Bereich. Die pH-Messung mit einem Teststäbchen verläuft analog dem colorimetrischen Verfahren. Der pH-Indikator ist lediglich auf einen Kunststoffstreifen als Träger aufgetragen. Zur Messung genügt es, den Streifen in die zu prüfende Lösung zu tauchen und den pH-Wert durch Vergleich mit einer Farbskala zu bestimmen. Durch die Kombination mehrerer Indikatoren haben Teststäbchen zum Teil recht große Messbereiche. Neben den von der Colorimetrie bekannten Problemen kann es beim Teststäbchen durch das Ausbluten des Indikators zu zusätzlichen Messabweichungen kommen. Die Unsicherheiten der colorimetrischen Methoden oder der Teststäbchen ist größer als bei den elektrochemischen Methoden. Bei Indikatorstäbchen sind im Handel Produkte erhältlich mit einer pH-Auflösung von 0,5 oder schlechter. Fotometrie und Fluoresezenz 02 Über das modulare Mehrkanalmessgerät Jumo Aquis touch lassen sich Messwerte wie der pH-Wert anzeigen und weiterverarbeiten Die fotometrische pH-Messung arbeitet nach dem gleichen Prinzip wie die Colorimetrie. Die Messung der Farbintensität erfolgt hier mit einem Fotometer, das eine Lampe als Lichtquelle und ein Siliziumphotoelement als Lichtempfänger enthält. Die fotometrische pH-Messung liefert reproduzierbarere Werte wie die Colorimetrie. Durch die größere Empfindlichkeit des Lichtempfängers ist die Auflösung der Messwerte außerdem besser. Im Bereich Bio- und Pharmatechnik werden optische pH-Sensoren eingesetzt, die man auch Sensor-Spot nennt. Dabei wird ein pH-sensitiver fluoriszierender Indikatorfarbstoff in eine Polymermatrix Zuverlässige Sensoren und Messtechnik werden besonders beim ZLD (Zero Liquid Discharge) gebraucht. Dabei wird industriell genutztes Wasser in der Fabrik im Kreislauf geführt. Diese Kreislaufführung des Wassers kann hervorragend durch digitale Analyse- Sensoren überwacht werden. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Kontrolle des pH-Werts. Matthias Kremer eingebettet und mit Lichtquellen angeregt. Intensitätsänderungen werden zeitlich detektiert und damit auf pH-Bereiche rückgeschlossen. Die Einmalsensoren werden anschließend im Bio-Produktionsprozess vernichtet. Die Messung ist nur unter bestimmen Vorbedingungen und genauer Kenntnis des zu analysierenden Ausgangsstoffes möglich. Fotos: Jumo Quelle: [1] Arbeitsausschuss für pH-Messtechnik im Normenausschuss für Materialprüfung NMP921 der DIN www.jumo.de www.verfahrenstechnik.de VERFAHRENSTECHNIK 12/2021 31