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Verfahrenstechnik 11/2019

Verfahrenstechnik 11/2019

TOP-THEMA I FOOD &

TOP-THEMA I FOOD & BEVERAGE Alles sauber! Professionelle Reinigung und Desinfektion in der Lebensmittelindustrie Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten hygienisch einwandfreie Lebensmittel, und die Lebensmittelindustrie legt großen Wert auf die Qualität ihrer Produkte. Die Reinigung von Anlagen gehört dabei zu einer der wichtigsten Aufgaben, denn die Bildung von Biofilmen und Belägen muss unbedingt vermieden werden. bindlichen Normen vor, die Lebensmittel- Betriebe überblicken müssen. Rohwaren-, Lebensmittel-, Personal- und Brauchwasserunbedenklichkeit sind hier nur einige der Schlagworte. Außerdem schützt eine wiederkehrende Reinigung vor Korrosion durch Produktreste und gewährleistet einen wirtschaftlichen Betrieb, bspw. indem wärmedämmende Belege bei Wärmeaustauschern regelmäßig entfernt werden. Um die richtigen Präventions- und Reinigungsmaßnahmen ergreifen zu können, ist es essenziell zu verstehen, wo genau in den Verarbeitungsprozessen die Keimherde liegen. Denn haben sich Bakterien und Erreger erst einmal im Betriebsumfeld etabliert oder sich mit anderen Biofilmen zusammengeschlossen, die sich auf den Arbeitsoberflächen von Anlagen oder Geräten abgesetzt haben, ist der Kampf gegen Verunreinigungen schon verloren. Bauliche Gegebenheiten Häufigkeit und Intensität der Reinigungsund Desinfektionsmaßnahmen hängen von Die Reinigung, Desinfektion und Sterilisation von Produktionseinrichtungen und Verteilersystemen sind anspruchsvolle und qualitätsbestimmende Arbeitsschritte. Der Gesetzgeber fordert im Umgang mit Lebensmitteln höchste Sorgfalt zum Schutz der Verbraucher vor Gesundheitsgefahren sowie zur Wahrung von Qualitätsstandards. Das deutsche Recht, aber auch europäische Richtlinien, geben eine Vielzahl von verzwei Faktoren ab: Vom Grad der Verschmutzung und der Empfindlichkeit der verarbeiteten Lebensmittel gegenüber mikrobiologischen und chemischen Veränderungen. Dazu müssen Reinigungsmittel alle Flächen gut erreichen können, um Schmutz und Mikroorganismen zu beseitigen. Indem bspw. die Fließrichtung von Reinigungsflüssigkeiten immer wieder verändert wird und auch Blindleitungen gespült werden, verhindern professionelle Reinigungsunternehmen, dass sich Mikroorganismen in Toträumen oder im Strömungsschatten absetzen. Damit haben die baulichen Gegebenheiten der Produktionsanlagen erheblichen Einfluss auf die Hygienemaßnahmen: Je glatter die Oberflächen, die mit Lebensmittel in Berührung kommen, desto schlechter können Mikroorganismen und Schmutz haften bleiben. Eine Schwach­ Autoren: Peter Hollmann, Gebäudereinigermeister und Betriebsleiter, Candy Borgwald, staatlich geprüfte Desinfektorin, beide Niederberger Berlin GmbH & Co. KG, Berlin 28 VERFAHRENSTECHNIK 11/2019

FOOD & BEVERAGE I TOP-THEMA Zerplatzende Schaumbläschen sorgen für einen kontinuierlichen Nachschub an Reinigungsflüssigkeit stelle sind spröde Dichtungen, weshalb diese regelmäßig kontrolliert und gegebenenfalls erneuert werden müssen. Die bei Produk tionsanlagen verwendeten Materialien haben damit Einfluss auf die Reinigungsfähigkeit – Schmutz haftet auf Metallen und Glas deutlich weniger stark als auf Kunststoffen, die wiederum eine verminderte Fähigkeit der Wasserbenetzbarkeit haben und damit auch Reinigungsflüssigkeiten schlechter aufnehmen können. Solche Oberflächen wirksam zu entfetten, ist beinahe unmöglich. Fachliche Qualifikation Das bei der Reinigung verwendete Wasser muss den Bestimmungen des Bundesseuchengesetzes sowie der Trinkwasserverordnung Rechnung tragen, während bei der Wahl der Reinigungsmittel das Chemikaliengesetz sowie das Wasch- und Reinigungsmittelgesetz zu beachten ist. Schließlich kann auch der Einsatz falscher Reinigungsmittel Lebensmittel belasten und gravierende gesundheitliche Folgen haben. Analog dazu gibt es gesetzliche Vorgaben für Desinfektionsmittel. Spezialisierte Reinigungsdienstleister sind in der Beachtung dieser Vorschriften und der Gewährleistung hoher Hygiene- Kriterien erfahren; ihre Mitarbeiter im Regelfall für den Hygiene-Einsatz in der Lebensmittelproduktion geschult. Die Niederberger Gruppe bspw. hat sich auf die Reinigung von Lebensmittelbetrieben spezialisiert und hier entsprechende Kompetenzen gebündelt. Zuerst Reinigung … Grundsätzlich gilt es, zwischen Reinigung und Desinfektion zu unterscheiden. Erstere ist Voraussetzung für Letztere. In der Praxis sieht das dann so aus: Zuerst wird grob vorgereinigt, anschließend erfolgt die Reinigung nur unter Einsatz von Wassertemperatur und -druck – übrigens der entscheidende Schritt der Reinigung – dann werden Arbeitsbereiche geschäumt, gespült und abschließend eine Endkontrolle vorgenommen. Anlagen, Böden und Wände werden dabei mit Reinigungsmitteln von unten nach oben komplett eingeschäumt. In der Tat ist es für den Reinigungserfolg maßgeblich, dass die Oberflächen inklusive Poren und Spalten lückenlos benetzt werden. Ist die erforderliche Einwirkzeit des Reinigungsmittels abgelaufen, wird in umgekehrter Richtung – sprich: von oben nach unten – damit begonnen, die Flächen zu reinigen. Denn wird die Reinigungsrichtung während des Prozesses ein oder mehrere Male variiert, besteht die Gefahr einer Rekontamination. Bei der Reinigung kommen die unterschiedlichsten Reinigungstechniken und -mittel zur Anwendung, darunter die Trockeneis-Strahlreinigung mit gefrorenem Kohlendioxid, die Hochdruckreinigung mit der mechanischen Kraft des Wasserstrahls und die bereits geschilderte Schaumreinigung. Letztere kommt vor allem an Transportbändern, Frostern und im Zerlegebereich zum Einsatz. Durch die zerplatzenden Schaumbläschen, die je nach eingesetztem Mittel eine fein-lockere, fest-kompakte oder fließend-dichte Struktur bilden, wird für einen kontinuierlichen Nachschub an Reinigungsflüssigkeit gesorgt. Die Hochdruckreinigung hingegen setzt schon vor der Schaumreinigung an. Mit dem Einsatz von Wasser, das mit einem Druck von 20 bis 25 bar auf Anlagen und Böden gepresst wird, werden grobe Rückstände entfernt und die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Schaum-Einsatz geschaffen. Eine wichtige Reinigungstechnik, die insbesondere in Schlachthöfen unverzichtbar ist, ist die wasserfreie Trocken eis- Reinigung. Dabei kommen CO 2 -Pellets zum Einsatz. Diese werden mit hoher Geschwindigkeit auf die zu reinigenden Flächen geschossen. Ergänzend hinzu kommt die Umlaufreinigung von Anlagen nach dem Cleaning in Place (CIP) Verfahren. Dabei ist keine Demontage erforderlich, da die CIP-tauglichen Geräte schon von Hause aus so konstruiert sind, dass eine Reinigung der produktberührten Flächen je nach Aufgabenstellungen in Zyklen bestehend aus Kaltwasser, Heißwasser, Dampf, Lauge, Säure oder anderen Hilfsmitteln leicht erfolgen kann. Die Innenflächen der Anlagen werden hierzu über die vorgesehenen Zugänge entweder entsprechend durchflutet oder besprüht. … dann Desinfektion Nach Abschluss der Reinigung erfolgt die nicht minderwichtige Desinfektion von Anlagen und Bereichen. Nur durch diese „Die Reinigung kann zum Beispiel mit Schaum, Hochdruck oder Trockeneisstrahl erfolgen.“ wird das Höchstmaß an Hygiene, die in der Lebensmittelverarbeitung notwendig sowie vorgeschrieben ist, erreicht. Ziel ist es, die Zahl an Keimen und Erregern auf ein Niveau zu reduzieren, auf dem sie Produkte nicht mehr gefährden können. Hierzu werden die Anlagen mit Desinfektionslösungen eingesprüht, die nach Ablauf der Einwirkzeit mit klarem Wasser abgespült werden. Zu beachten ist insbesondere die Wahl des richtigen Desinfektionsmittels sowie dessen Einwirkzeit. Niedrige Temperaturen, die i. d. R. bei der Verarbeitung tie rischer Produkte vorherrschen, können die Einwirkzeit verlängern oder sogar die Wirkung eines Desinfektionsmittels verschlechtern. Da auch Wasserpfützen negative Auswirkungen auf die Einwirkzeit haben, muss sichergestellt sein, dass sich solche nach der Reinigung möglichst nicht gebildet haben. Nach erfolgter Desinfektion sind die Anlagen und Böden noch einmal mit Wasser abzuspülen. Auch hier ist es wichtig, dass keine Reste der Desinfektionsmittel zurückbleiben. Fotos: Niederberger www.niederberger-gruppe.de VERFAHRENSTECHNIK 11/2019 29