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Verfahrenstechnik 1/2020

Verfahrenstechnik 1/2020

VERFAHREN UND ANLAGEN

VERFAHREN UND ANLAGEN Technologien kombinieren Optimierte Prozesslösung für die Kunststoffindustrie Eine Vielzahl von Kunststoffen wird in einem Polymerisationsverfahren mit organischen Lösungsmitteln hergestellt. Nach der Polymerisation liegt das Produkt als Suspension im Lösungsmittel vor. Um ein Endprodukt mit einer möglichst geringen Konzentration an flüchtigen organischen Stoffen zu erhalten, ist eine energieeffiziente Abtrennung über Filtration und Vakuumtrocknung sinnvoll. Die Polymerisation verschiedener Kunststoffprodukte wird häufig in organischen Lösungsmitteln durchgeführt, z. B. Polyamid und Polycarbonat. Diese Lösungsmittel haben jedoch negative Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt, weshalb ihre Konzentration im Endprodukt so gering wie möglich sein soll. Eine ökonomisch und ökologisch ideale Variante stellt die nahezu vollständige Abtrennung und Wiederverwendung des Lösungsmittels im inneren Produktionsprozess dar. Das Lösungsmittel wird hierzu in zwei Schritten vom Polymer separiert – mit einer mechanischen Fest- Flüssig-Trennung (z. B. Filtration) gefolgt von einem thermischen Trocknungsverfahren (z. B. Vakuumtrocknung). In einer Suspension mit geringer Feststoffkonzentration sind die Wechselwirkungen zwischen den Feststoffpartikeln vernachlässigbar. Hier ist die mechanische Fest-Flüssig-Trennung i. d. R. energieeffizienter als ein thermischer Trocknungsprozess, bei dem eine große Menge an Lösungsmittel durch Verdampfung abgetrennt werden muss. Nimmt die Feststoffkonzentration zu und wird die Suspension allmählich zu einer Packung der Partikel, gewinnt die Wechselwirkung zwischen benachbarten Partikeln an Relevanz. Im System dominiert nun die Kapillarkraft und verhindert eine energieeffiziente mechanische Fest-flüssig-Trennung. In diesem Fall ist die thermische Trocknung die effizientere Trennmethode. Diese basiert auf dem thermodynamischen Gleichgewicht der Lösungsmittelmoleküle zwischen der flüssigen (oder adsorbierten) und der Gasphase. Der Energieeinsatz für das Aufheizen des Produkts und den Verdampfungsvorgang ist bei dieser Methode geringer. Mithilfe der Vakuumtrocknungstechnik ist es zudem möglich, den Siedepunkt des Lösungsmittels zugunsten eines energieeffizienteren Prozesses zu senken. Optimaler Betriebsbereich Beide Technologien haben ihren optimalen Betriebsbereich für eine typische Aufgabe in der Kunststoffindustrie. Will man aus einer Suspension mit einem Feststoffgehalt von 20 bis 40 % ein Produkt mit weniger als 1 % Restfeuchte erhalten, müssen beide Technologien kombiniert werden. Mit der Integration der Kompetenzen im Bereich Filtration und Trocknung wird hier eine Lösung mit Kundenmehrwert geboten. Eine kürzlich bearbeitete Aufgabenstellung enthielt bspw. die Anforderung, ein Polymerprodukt mit 60 % Methanol zu einem Endprodukt mit weniger als 0,1 % Methanol zu verarbeiten. Der Filtrationsschritt wird mit einem BHS Druckdrehfilter durchgeführt. Der Druckdrehfilter ist ein kontinuierlicher Druckfilter, mit dem Filterkuchen in der Dicke von 6 bis 150 mm gebildet werden kann. Die langsam drehende Trommel (≤ 2 U/min) ist in Zellen mit jeweils eigenem Filtermedium (synthetisches Gewebe/ein- oder mehrschichtiges Metall) und Auslass für Filtrat oder Gas unterteilt. Die Auslässe sind im Inneren der Trommel an einen Steuerkopf angeschlossen, der die gesonderte Entleerung der einzelnen Substrate regelt. Auf diese Weise wird die Mutterlauge von den Filtraten aus den nachfolgenden Schritten getrennt gehalten. Dies ermöglicht eine bessere Prozesskontrolle sowie die Wiederverwendung und Rückgewinnung von Lösungsmitteln und Gasen. Bei dem Verfahren tritt die Produktsuspension unter konstantem Druck in jede Zelle ein, um einen Filterkuchen zu bilden. Durch die Unterteilung im Inneren des Gehäuses wird der Kuchen in vollständig getrennten Zonen verarbeitet. Jede Zone kann in Abhängigkeit von der Kompressibilität des Kuchens in jeder Stufe der Filtra tion, des Waschens, des Entwässerns und des Austragens unter unterschiedlichen Drücken arbeiten. Der Trocknungsschritt wird mit einem vertikalen Vakuumtrockner von Ava durchgeführt. Im Trockner wird mittels einer Vakuumpumpe Unterdruck erzeugt, wodurch eine geringere Verdampfungstemperatur erreicht wird. Ein Wärmetauscher nach dem Brüdenfilter sorgt für die Rückgewinnung des Lösemittels. Die Vakuumtrocknung wird chargenweise durchgeführt. Nach dem Befüllen des Produkts in den Trockner wird dieser gasdicht verschlossen. Die Mischwendel (eine ein- oder zweigängige Wendel, die über Stege mit der Welle verbunden ist) fördert das Produkt an der beheizten Autoren: Dr.-Ing. Hongben Zhou, Sales Manager, Thomas Boerboom, Marketing Communications, Ava GmbH & Co. KG, Herrsching 10 VERFAHRENSTECHNIK 1-2/2020

VERFAHREN UND ANLAGEN Entwässerungsschritt Filterzelle Verdampfungsfilter mit Kondensator und Vakuumpumpe Waschschritt Mischwerk Heizmantel Mischkammer Filterkuchenaustrag Filtrationsschritt 01 02 01 Mit dem Druckdrehfilter können Filterkuchen in der Dicke von 6 bis 150 mm gebildet werden 02 Im vertikalen Vakuumtrockner wird mittels einer Vakuumpumpe Unterdruck erzeugt Seitenwand entlang nach oben, ohne dass eine hohe mechanische Spannung entsteht. Danach sinkt es in der Prozesskammer wieder nach unten. Durch das nahezu totraumfreie Design des Trockners bleibt das gesamte Produkt durchgehend in Bewegung. Dies führt zu einem gleichmäßigen Temperatur- und Produktfeuchtigkeitsprofil im gesamten Produktraum. Die niedrige Betriebstemperatur und die geringe mechanische Beanspruchung erlauben auch die Trocknung von mechanisch und thermisch sensiblen Produkten. Spezifischer Energieverbrauch Beim Druckdrehfilter wird die Energie hauptsächlich durch Druckluft zur Erzeugung der Druckdifferenz im Filter und vom Hauptmotor verbraucht. Bei dem vertikalen Vakuumtrockner sind die Hauptverbraucher die Heizeinheit, der Hauptmotor und die Vakuumpumpe. Bei einem relativ hohen Feuchtigkeitsgehalt ist der Energieverbrauch des Filters erheblich geringer als der des Vakuumtrockners. Der Energieverbrauch steigt jedoch exponentiell an, wenn sich die verbleibende Feuchtigkeit ihrer technischen Grenze nähert. Im Gegensatz dazu zeigt der Vakuumtrocknungsprozess einen nahezu linearen spezifischen Energieverbrauch für das Feuchtigkeitsverhalten in einem weiten Bereich des Feuchtigkeitsgehalts. Der Energieverbrauch steigt erst dann exponentiell an, wenn die Restfeuchte gegen Null geht. Wenn die Vakuumtrocknungslinie (rote Linie) parallel verschoben wird, bis sie tangential zur blauen Filtrationskurve ist, wird ein energetisches Optimum des gesamten Prozesses erreicht. Die integrierte Erarbeitung einer Lösung ermöglichte in diesem Fall einen maßgeschneiderten und optimierten Prozess für den Kunden. Weite Einsatzbereiche Zwei weitere Projekte verdeutlichen, welchen Stellenwert die Kombination der beiden Technologien hat: In einem Gemeinschaftsprojekt zur Herstellung von Phospholipiden wird eine Kombination aus Durchlauffilter und Durchlauftrockner installiert, um Phospholipide und weitere Nebenprodukte aus Eigelb zu extrahieren. Dieser neue Prozess ersetzt den ursprünglichen Batch-Extraktionsprozess, der aus einer Reihe von Behältern und einem Verdünnungswaschprozess besteht. Die Arbeitskosten werden erheblich reduziert, und die Extraktionseffizienz ist höher. Bei einem weiteren Kooperationsprojekt mit der Firma Xtract GmbH wurden Möglichkeiten erarbeitet, Granulate aus klebrigen Filterkuchen mit sehr geringem Energieeinsatz herzustellen. Das Granulat kann so mit deutlich geringerem Aufwand im Vergleich zur direkten Trocknung der Filterkuchen vakuumgetrocknet werden. Fotos: BHS, Ava Literatur: „Sinnvoll verwertet – Bandfilter und Kontitrockner optimieren Pharma-Prozesse“; VERFAHRENSTECHNIK 12/2019 www.ava-huep.com 03 Energieverbrauch in kWh/t 500 450 400 350 300 250 200 150 100 50 Energieverbrauch für die Filtration (blau), die Vakuumtrocknung (rot) und die Kombination beider Methoden (grün) Feuchte in % Filtration Vakuumtrocknung 0 0 10 20 30 40 50 60 70 VERFAHRENSTECHNIK 1-2/2020 11