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Verfahrenstechnik 1-2/2016

Verfahrenstechnik 1-2/2016

50 JAHRE

50 JAHRE VERFAHRENSTECHNIK I SERIE Blick zurück nach vorn Seit fünf Jahrzehnten ist VERFAHRENSTECHNIK Auge und Ohr der Branche 5J AHRE Mischen und trennen, messen und regeln, fördern und lagern, verdampfen und abscheiden, trocknen und lösen, wärmen und kühlen – die Bandbreite der verfahrenstechnischen Aktionsmöglichkeiten ist nahezu unbegrenzt. Doch welches Verfahren ist für einen bestimmten Prozess am besten geeignet? Seit 50 Jahren beantwortet VERFAHRENSTECHNIK diese Frage. Gold – das Edelmetall fasziniert seit Jahrtausenden die Menschheit. In unzähligen Experimenten haben Alchemisten vergangener Zeiten versucht, beispielsweise Blei zu Gold werden zu lassen und so die chronische Geldnot ihrer Fürsten – und meist auch die eigene – zu lindern. Heute ist die Goldsynthese technisch im Teilchenbeschleuniger oder Kernreaktor kein Problem mehr – jedoch aus Kostengründen viel zu aufwändig. Nichtsdestotrotz zeigt das Beispiel, dass sich mit dem richtigen Verfahren und einer passenden Ausrüstung auch schwierige Reak tionen durchführen lassen. Daher stellt VERFAHRENSTECHNIK seit 50 Jahren in no - va tive Produkte und neue Prozesse vor, die den Anlagenbetreibern helfen, ihr spezielles Problem der Stoffumwandlung zu lösen. Universelles Werkzeug Die Verfahrenstechnik ist die Summe einer Vielzahl von Grundoperationen, die meist zusammenhängen und einander bedingen. So lassen sich die technischen Grundlagen der Reaktionsführung mit den Gesetzen der Stoff- und Wärmeübergangsprozesse verknüpfen und mathematisch erfassen. Dabei spielt es keine Rolle, ob ein bestimmtes Verfahren in der Chemie-, der Pharma- oder beispielsweise der Lebensmittelindustrie eingesetzt wird: Die Einheitlichkeit der Grundgesetze macht die Verfahrenstechnik zum universellen Tool für die unterschiedlichen Branchen. Diesen Gedanken trägt VERFAHRENSTECHNIK seit nunmehr 50 Jahren Rechnung und berichtet exemplarisch über innovative Produkte und Prozesse. Schwerpunkte sind dabei naturgemäß Prozesse der Chemie-, Pharma- und Food-Branche, doch auch Energie- und Umwelttechnik sowie Themen aus der Petro- und Polymerindustrie werden regelmäßig aufgegriffen und mit Interesse gelesen. Die Verfahrenstechnik umfasst dabei alle physikalischen Operationen, die mit der Vorbereitung und der technischen Durch- 10 VERFAHRENSTECHNIK 1-2/2016

SERIE I 50 JAHRE VERFAHRENSTECHNIK führung einer chemischen Reaktion sowie mit der Aufarbeitung der Reaktionsprodukte verbunden sind. Im Gegensatz zur prinzipiellen Durchführbarkeit einer Reaktion im Labormaßstab spielen für den Prozessingenieur Operationen wie Lösen, Wärmen, Kühlen oder Kristallisieren und die damit verbundenen Kosten die zentrale Rolle. Dabei hängen die Schwierigkeiten der Aufgabe vor allem mit der Geometrie der Anlagen zusammen. Denn die Prozesse finden in der Regel an „aktiven“ Flächen statt, also z. B. an Phasengrenzen oder Heizflächen. Nur wenn es den Prozessingen ieuren gelingt, das Verhältnis des Raumes zur Fläche optimal zu gestalten, lassen sich Umsetzungen mit hoher Ausbeute fahren. Hierbei helfen die Praxis berichte von VERFAHRENSTECHNIK seit 50 Jahren. Wie alles begann Dieser Optimierungsgedanke ist oberstes Gebot der VERFAHRENSTECHNIK seit der ersten Ausgabe, die unter der Chefredaktion von Dipl.-Ing. Horst Rittner erschien. Top- Themen dieser Ausgabe waren beispielsweise „Stationäre und instationäre Konzen tra tions verteilungen in Reaktoren mit abschnittsweise unterschiedlichen Eigenschaften“ und „Grundlagen stofflicher Tren nungen in elektrischen Feldern“. Auch wenn die Überschriften der ersten Jahre aus heutiger Sicht etwas „angestaubt“ klingen, vor 50 Jahren waren diese Themen hoch aktuell. Und der Charakter der Zeitschrift war damals ein anderer: Wissenschaftliche For ­ schungsergebnisse bildeten das Gerüst der VERFAHRENSTECHNIK. Ob Neukonstruk ­ tion einer vollautomatischen 1000-kg-Zen t­ rifuge oder Probleme bei der Trennung feinkörniger Güter durch Sieben und Sichten – in ausführlichen Darstellungen wurden die Vorzüge einzelner Prozesse und Produkte vorgestellt. Messergebnisse wurden sorgfältig dokumentiert. Im Laufe der Zeit haben sich die grafische Aufmachung und die Präsentation der Inhalte verändert, jedoch nicht die Themen. Denn bereits Ende der 60er-Jahre waren Aspekte wichtig, die auch heutzutage als „modern“ gelten: Optimale Wirtschaftlichkeit, Umweltfreundlichkeit und hohe Flexibilität sind keine Erfindungen der Neuzeit, sondern waren schon vor etlichen Jahrzehnten gute Verkaufsargumente. In den Fachaufsätzen beschäftigten sich die Autoren deshalb mit ähnlichen Themen wie heute. Hochdruckarmaturen, Korrosionsschutz, Wärmeübertragung oder Pumpen sind zentrale Themen der Prozessindustrie. Und auch wenn die frühen Lösungen aus heutiger Sicht etwas antiquiert anmuten – damals waren sie State of the Art und in puncto Wirtschaftlichkeit absolut im Trend. Am deutlichsten wird der Unterschied zwischen gestern und heute beim Produktdesign: Während Geräte aus den 60er- und 70er-Jahren ein eher sparriges Aussehen haben und die Funktionalität eindeutig im Vordergrund steht, sollen die neuen Gerätegenerationen nicht nur durch die inneren Werte überzeugen, sondern auch bedienerfreundlich sein und ein „schickes“ Äußeres besitzen. Das Produkt verkauft sich nicht mehr ausschließlich über den größten Messbereich oder die höchste Festigkeit. Die Bedienelemente müssen heute ergonomisch sein, das Gerät soll sich gut in die vorhandene Infrastruktur einfügen. Dabei erfreuen z. B. glänzende Stahloberflächen nicht nur das Auge, sondern sorgen auch für eine verbesserte Reinigungsfähigkeit. Ansprüche wandeln sich Beim Blättern in den Ausgaben der Anfangszeit fällt aber vor allem eines auf: Der Anspruch der Leser an die Berichterstattung hat sich in den letzten 50 Jahren gewandelt. Aufsätze aus der Anfangszeit der VERFAH­ RENSTECHNIK gleichen wahren Bleiwüsten – allenfalls unterbrochen durch Schwarz- Weiß-Diagramme oder Reaktionsgleichungen und physikalische Formeln. Dies war natürlich unter anderem der Drucktechnik geschuldet – bedeutete Vierfarbdruck doch ungleich höhere Kosten – zeigt aber auch, dass (farbige) Abbildungen vor 50 Jahren nicht den Stellenwert hatten, den sie heute besitzen. Inzwischen stoßen Beiträge ohne ansprechende Visualisierung kaum mehr auf Inte resse. Denn Grafiken, farbig gestaltete Diagramme und Fotos haben oftmals mehr Aussagekraft als ausformulierte Sätze. Eine zentrale Rolle spielen dabei Aufmacher und Überschrift, die die Aufmerksamkeit der L eser erregen und sie ins Thema einführen sollen. Ebenfalls gewandelt hat sich die Bedeutung von Normen und Vorschriften in den vergangenen Jahrzehnten. Auch wenn das Deutsche Institut für Normung schon 1917 gegründet wurde – in den frühen Aufsätzen und Produktnews weist kaum ein Hersteller darauf hin, dass ein bestimmtes Gerät einer vorgegebenen Norm entspricht. Heute sind Produktankündigungen ohne Bezug auf DIN EN, ISO, IEC, GMP, SIL oder EHEDG kaum mehr vorstellbar. Denn die Einhaltung bestimmter Normen garantiert den Kunden, dass das Produkt nicht nur ihren Erwartungen entspricht, sondern auch perfekt zur bereits vorhandenen Ausstattung passt. Untrennbar scheinen in diesem Zusammenhang Abkürzungen mit Normen verbunden zu sein. Auch wenn es aus heutiger Sicht kaum mehr vorstellbar ist, aber es gab eine Zeit, in der Worte, Institutionen und Vorschriften meist ausgeschrieben wurden. Da war nicht von HMI (Human Machine Interface) die Rede, sondern von einem Bedienfeld. Und CIP (Cleaning in Place) hieß damals einfach Reinigung. Die neuen Produkte wurden damals wie heute nicht nur in Artikeln und Anzeigen vorgestellt, sondern natürlich auch auf Messen. Ein gutes Jahr Die größte Leistungsschau der Prozesstechnologie öffnete im Juni 1967 zum 15. Mal ihre Tore. Auf rund 84 000 m 2 Fläche zeigten damals ca. 2000 Aussteller ihre Produktneuheiten – angefangen bei Lochsiebböden aus Gummi über Kreiselbrecher bis hin zu Separatoren und dichtungslosen Plastikpumpen. Und ebenso wie VERFAH­ RENSTECHNIK hat auch die Achema seither weiter an Gewicht gewonnen: Im Achema-Jahr 2015 haben sich Ausstellerzahl und belegte Fläche im Vergleich zu 1967 nahezu verdoppelt. Herausgeber Otto K. Krausskopf wollte VERFAHRENSTECHNIK allen Ingenieuren und Chemikern der Prozesstechnologie zur Mitarbeit zur Verfügung stellen – und dieser Gedanke hat noch immer Gültigkeit. Nur durch die fundierten Aufsätze von Praktikern für Praktiker hat die Zeitschrift ihre Bedeutung für die Prozess industrie erlangt. Otto K. Krausskopf im Jahr 1967: „Je intensiver von dieser Einladung Gebrauch gemacht und am Aufbau dieser Zeitschrift mitgewirkt wird, umso wirkungsvoller wird sie ihre große Aufgabe im In- und Ausland unzweifelhaft erfüllen.“ An seinen Worten hat sich bis heute nichts geändert. (kf) Foto: Fotolia www.verfahrenstechnik.de VERFAHRENSTECHNIK 1-2/2016 11